Bundestagswahl: So wählen Veganer

Bundestagswahl: So wählen Veganer

Würden Veganer die Politik bestimmen, lebten wir in einer ganz anderen Welt. Dies zeigen die Ergebnisse einer vegan.eu Umfrage, an der sich 1190 vegan lebende Menschen im Alter von 16 (neun Personen unter 18) bis 87 (Durchschnittsalter: 39,55) beteiligten. Unter ihnen waren 747 Frauen (62,77 %), 432 Männer (36,30 %) und 11 Intersexuelle (0,92 %).

Das Überwiegen des weiblichen Geschlechts entspricht die Sachlage, dass es mehr Veganerinnen als Veganer gibt.

 

Hier die Umfrageergebnisse:

  • V-Partei³: 31,26 %
  • die Linke: 23,53 %
  • Grüne: 16,47 %
  • Tierschutzpartei: 10,76 %
  • die Partei: 3,03 %
  • AfD: 2,86 %
  • Nichtwähler: 2,61 %
  • SPD: 1,85 %
  • CDU/CSU: 1,26 %
  • FDP: 1,18 %
  • Piraten: 0,76 %
  • Sonstige: 4,54 %

Beim Feld „Sonstiges“ haben wir die textbasierten Antworten ausgewertet. Demnach sind die oberen Ergebnisse zu ergänzen durch 13 Stimmen für die ÖDP (1,09 %), 9 Stimmen für die nach Einschätzung des Verfassers rechtspopulistische DM (0,80 %, hier zum Wikipedia-Artikel), 8 Stimmen für Grundeinkommen (0,67 %), 6 Stimmen für kommunistische Listen (0,50 %: fünf für MLPD, eine für DKP), 4 Stimmen für die Humanisten (0,34 %) sowie jeweils nur eine Stimme für die Parteien menschliche Welt, die Violetten, PBC, KLR, sowie für die rechtsextremistische NPD. Eine Person gab die nicht-existierende Partei Indymedia an und eine Person berichtete, dass sie nicht wisse, wen sie wähle. Einige Personen gaben außerdem an, dass sie sich nicht zwischen Parteien, wie Linke, Grüne oder Tierschutzpartei entscheiden könnten bzw. Ihre Stimmen splitten würden.

 

Vergleich Allgemeinbevölkerung und Veganer

Im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung ist vor allem Folgendes auffällig:

  • starke Überrepräsentanz der V-Partei³, aber auch der Tierschutzpartei
  • starke Überrepräsentanz von Linke und Grünen
  • starke Unterrepräsentanz von CDU/CSU, SPD und FDP
  • starke Unterrepräsentanz der AfD

Vegan lebende Menschen unterscheiden sich nach den Ergebnisse der Umfrage in ihrem politischen Wahlverhalten also erheblich von der Allgemeinbevölkerung.

 

Veganer und Rechtspopulismus

Gerade in Anbetracht des aktuellen Aufstiegs der AfD stellt sich die Frage, wie Veganer zu rechtspopulistischen, rechtsradikalen oder rechtsextremistischen Parteien stehen? Die Umfrage erlaubt eine klare Antwort:

Auch unter Berücksichtigung der Sonstigen lässt sich sagen, dass rechtspopulistische, rechtsradikale und rechtsextremistische Parteien bei Veganern in ihrer überwältigenden Mehrheit offensichtlich keine Chance haben. Ginge es nach vegan lebenden Menschen, kämen weder die AfD noch andere rechtspopulistische oder rechtsradikale Parteien in das Parlament.

 

V-Partei³ 

Die V-Partei³ hat unter vegan lebenden Menschen eine sehr hohe Anhängerschaft und führt vor allen Parteien. Deshalb werden wir auf vegan.eu demnächst einen Artikel über diese Partei schreiben.

Bereits jetzt sei aber darauf hingewiesen, dass die V-Partei³ sich in ihrem Grundsatzprogramm u. A. bekennt zu einer Landwirtschaft ohne Tierproduktion, dem Verbot von Leder, Pelz, Zoohandlungen, Zoos und Tieren in Zirkussen, dem Ausstieg aus der Jagd, einem bedingungslosen Grundeinkommen für jeden, die volle und uneingeschränkte Gleichstellung von Lesben, Schwulen, Bisexuellen, Transsexuellen, Queersexuellen und Intersexuellen (LSBTQI) und Heterosexuellen, den Ausstieg aus Atomkraft und die Förderung regenerativer Energien, den Ausschluss aller Studiengebühren, sozial ermäßigtem bis kostenfreiem öffentlichen Nahverkehr, Anerkennung der Grenzen des Wachstums, Ablehnung von internationalen Freihandelseinkommen, wie TIPP, wenn diese ArbeitnehmerInnenrechte aufweichen, die Klimaschädigung verschlimmern oder weitere Nachteile beim Umwelt- und Verbraucherschutz und letztlich eine Aushöhlung der Demokratie bedeuten, Beendigung aller Waffenexporte, den Ausstieg aus der NATO und einer Ablehnung von Obergrenzen für Flüchtlinge.

Das Programm der V-Partei³ stellt insofern einen mindestens in weiten Teilen emanzipatorischen Gegenentwurf zur Inhumanität der AfD dar, die nach Überzeugung des Verfassers rechtsradikal, rassistisch und fremdenfeindlich ist und sich zudem als Gegnerin der veganen Lebensweise, Befürworterin einer weiteren Ausdehnung der Jagd und (gemeinsam mit Vertretern der CDU/CSU) als Schweinefleischfetischistin positioniert. Vor dem Hintergrund des hohen Stimmanteils der V-Partei³ unter Veganern ist diese Feststellung wichtig.

Aufgrund berichteter Einzelfälle, insbesondere in den sozialen Netzwerken, werden wir im kommenden Artikel auch darauf eingehen, inwiefern es der V-Partei³ tatsächlich konsequent gelingt, dem emanzipatorischem Anliegen ihrer veganen Wählerschaft gerecht zu werden und sich von jeder Unterwanderung oder Nähe zu rechten Kreisen zu schützen. Dass die Partei allerdings von ihren Grundpositionen in keiner Weise als eine rechtsoffene Partei eingeschätzt werden kann, steht nach hiesiger Kenntnis und Einschätzung außer Frage.

 

Linkspartei

Wird von der V-Partei³ abgesehen, unterstützen die meisten Veganer die Linke, was zu deren progressiv-emanzipatorischem Programm und der Universalität des Veganismus passt, dessen Streben nach einer soweit als möglich mitmenschlichen, solidarischen und leidarmen Welt eben nicht an Grenzen endet.

Dass trotzdem die V-Partei³ gegenüber der Linken führt, beruht sicherlich auf der Sachlage, dass die Linke bisher leider die Rechte der Tiere auf ein eigenständiges und nicht durch menschliche Ausbeutung bestimmtes Leben übersehen und auch die ökologisch-soziale Bedeutung des Veganismus bisher nicht erkannt hat.

 

BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Es wundert nicht, dass auch die Grünen bei veganen Wählern erheblichen Zuspruch finden. Immerhin haben sich die Grünen bisher stärker als alle anderen etablierten Parteien für vegetarische und vegane Lebensweisen, aber auch Tierschutzthemen engagiert. Ebenso deutlich ist aber aus den zurückliegenden Jahrzehnten grüner Politik geworden, dass Tierrechte, Vegetarismus und Veganismus für die Grünen doch nur Randthemen sind, sie nicht für einen Ausstieg aus der Tierausbeutung einstehen und alle von ihnen durchgesetzten Maßnahmen lediglich kosmetisch Tierleid verdeckten, es aber nicht beseitigen konnten.

Die Grünen stehen letztlich für die Ideologie der artgerechten Tierhaltung, die die Aufrechterhaltung der Nutztierhaltung fördert. Selbst von einem einzigen fleischfreien Tag in der Woche in öffentlichen Kantinen haben die Grünen längst Abstand genommen. Hinzu kommt, dass die Grünen innerhalb ihrer Reihen eine inhumane Politik dulden, wie Abschiebungen in den mögliche Tod nach Afghanistan, die Aushölung des Asylrechts durch den Baden-Würtembergischen Ministerpräsidenten Kretschmann sowie die Parolen des rechtspopulistischen grünen Oberbürgermeister Palmers in Tübingen gegen Geflüchtete und übrigens auch gegen Tierschützer, die sich gegen sein Eintreten für grausame Affenversuche wehrten (siehe auch unseren Artikel: Boris Palmer - wie Tierverachtung und Menschenverachtung Hand in Hand gehen).

Dass die V-Partei³ so stark gegenüber den Grünen führt, aber auch die Linke bei Veganern stärker ist als die Grünen, dürfte mit diesen Sachverhalten zusammenhängen.

 

Tierschutzpartei

Erheblich schwächer als die V-Partei³, die Linke und auch die Grünen, aber nach wie vor viel stärker als in der Allgemeinbevölkerung, schneidet die Tierschutzpartei ab. Die Tierschutzpartei ist die erste Partei in der Bundesrepublik Deutschland gewesen, die das Leid der Tiere in den Fokus ihrer politischen Aktivität gestellt hat. Insofern ist es gut nachvollziehbar, dass diese Partei unter vegan lebeden Menschen mehr Zuspruch findet als unter nicht vegan lebenden Menschen. Dass die neue V-Partei³ allerdings die Tierschutzpartei so stark abgehängt hat, dürfte auch damit zusammenhängen, dass die Tierschutzpartei nach wie vor nah am klassischen Tierschutz ist, der faktisch mehr der Gewissensberuhigung als der Beseitigung von Tierleid dient. Maßnahmen für eine angeblich artgerechte Tierhaltung, zu der sich die Tierschutzpartei in ihrem Grundsatzprogramm für eine Übergangsphase bekennt, können sogar den Fleischkonsum und damit Tierleid fördern, weil sie den Konsumenten die Möglichkeit eines moralisch akzeptablen Fleischkonsums vorspielen. Die V-Partei³ tritt konsequenter und radikaler für den Ausstieg aus jeder Form der Tierausbeutung ein.

Ein weiteres Problem dürfte in Auseinandersetzungen innerhalb der Tierschutzpartei der letzten Jahre im Zusammenhang mit immer wieder berichteten Unterwanderungsversuchen von rechts zu finden sein. Dies ging sogar so weit dass der einzige EU-Abgeordnete der Tierschutzpartei Eck aus der Tierschutzpartei austrat.

Hinweise auf Rechtsradikalismus sind im Grundsatzprogramm nicht erkennbar. Auch die Tierschutzpartei bekennt sich zur vollen Gleichstellung von lesbischen, schwulen, bisexuellen, transsexuellen, transgender, intersexuellen und queeren Menschen. Zudem will die Tierschutzpartei neben politischen, rassistischen, sexistischen oder religiösen Gründen auch explizit Hunger als Asylgrund anerkennen.

 

CDU/CSU und SPD

Dass vegan lebende Menschen die Großparteien CDU/CSU und SPD nicht wählen, ist gut nachvollziehbar. Diese Parteien haben keinerlei Interesse an der Förderung der veganen Lebensweise. Zudem sind diese Parteien auch durch inhumane Maßnahmen gegen Menschen (Waffenexporte, Beteiligung an Kriegen, Politik gegen Flüchtlinge) immer wieder aufgefallen. Auch der bekannt gewordene Konsum von Foie gras (Stopfleber) durch den Kanzlerkandidaten Martin Schulz, von dem er sich bisher nicht distanziert hat, dürfte im Übrigen nicht zur Popularität der SPD bei Veganern beigetragen haben.

Es gibt letztlich kaum etwas, was Veganismus, CDU/CSU oder SPD miteinander verbindet.

 

FDP

Die FDP findet bei Veganern nach den Ergebnissen der Umfrage nahezu keine Unterstützung. Die FDP steht für eine Gesellschaft, die Lebensglück stark an Leistungsfähigeit koppelt, einen Marktradikalismus vertritt, keinerlei Interesse an Veganismus und Tierrechten zeigt und sich in der Politik gegenüber Geflüchteten (ähnlich wie CDU/CSU und SPD) zunehmend der AfD angepasst hat. Mit der veganen Idee und Lebensweise ist dies unvereinbar.

 

Resümee

Die große Mehrheit vegan lebender Menschen wählen nach den Ergebnissen dieser Umfrage V-Partei³, die Linke, Grüne oder die Tierschutzpartei. Die rechtsradikale AfD hat demgegenüber anders als in der fleischessenden Allgemeinbevölkerung bei vegan lebenden Menschen keine Chance. Sie landet abgeschlagen bei 2,86 % (was nach wie vor aus veganer Sichtweise zu viel ist).

Auch unter Einbezug aller Sonstigen ergibt sich ein nur geringes Wählerpotential für rechtspopulistische oder rechtsradikale Parteien bei Veganern. Dies korrespondiert gut mit wissenschaftlichen Befunden, gemäß derer rechte Ideologie Tierausbeutung fördert. Ebenfalls zeigen wissenschaftliche Studien, dass Veganer ebenso wie Menschen anderer Kulturen, Hautfarben, Religionen und sexuellen Orientierungen insbesondere von solchen Personen diskriminiert werden, die rechtspopulistische, autoritäre Positionen vertreten. Dieser auch wissenschaftlich gesicherte Gegensatz zwischen Veganismus und rechter Ideologie spiegelt sich plausibel in den Ergebnissen der Wahlumfrage wider.

Inhaltlich ergibt sich die Unvereinbarkeit von rechter Ideologie und Veganismus auch daraus, dass jede Form von Nationalismus  dem Veganismus fremd ist, da eine Befreiung von Menschen und Tieren von Ausbeutung und Leid nur weltweit erreicht werden kann und nur weltweit Sinn macht. Da es bisher keine vegane Gesellschaftform gab, ist dem Veganismus zudem ein konservativer oder gar reaktionärer Rückbezug auf kulturelle Traditionen nicht möglich, sondern er strebt die Überwindung der durch alle Kulturen überlieferten Menschen- und Tierausbeutung an.

Die insgesamt sehr wenigen Stimmen in der Umfrage für AfD, aber auch für die CDU/CSU zeigen, dass dies der überwältigenden Mehrheit vegan lebender Menschen bewusst ist.

Die äußerst wenigen Stimmen für die FDP entsprechen dem prosozialen Charakter des Veganismus, der sich einer unsozialen Marktliberalität entgegenstellt. Wer Tiere nicht nach ihrem Funktionsnutzen bewerten will, möchte dies auch bei Menschen nicht tun.

Die Umfrageergebnisse sind als in der Gesamtbewertung sehr gut vereinbar mit der Grundausrichtung des Veganismus, der den Schutz aller leidensfähigen Wesen und Mitgefühl in das Zentrum seines Denkansatzes und seiner Handlungspraxis stellt. Auch dies sollte gleichzeitig politischen Kräften, die sich für den Veganismus einsetzen wollen, noch einmal deutlich machen, dass ihr Tun zum Scheitern verurteilt ist, wenn sie versuchen sollten, sich mit konservativen oder gar rechtspopulistsichen Kräften zu verbinden, deren ideologische Grundausrichtung tatsächlich dem Veganismus unvereinbar gegenübersteht.

Übrigens läuft die Umfrage nach wie vor. Ein weiterer Artikel ist in Vorbereitung, der sich den ebenfalls erhobenen Ratings zur Sympathie für die einzelnen Parteien und den Zusammenhängen zwischen Parteienpräferenzen und den Motiven für die vegane Lebensweise widmen wird.

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