Vegan ist gesündere Alternative für Gewichtsregulation
Eine neue Überblickarbeit, die im Fachjournal Journal of Geriatric Cardiology veröffentlicht wurde, hat die Auswirkungen pflanzenbasierter (veganer und vegetarischer) Ernährungsweisen auf die Reduktion von Übergewicht untersucht und mit omnivoren Standard-Diäten verglichen. Die Studie gelangt dabei zu dem Ergebnis, dass vegane und vegetarische Ernährungsweisen eine Gewichtsreduktion unterstützen und dabei gesünder sind als omnivoren Diäten.
Im Einzelnen gelangen die Autoren zu folgenden Schlüssen:
- Übergewicht ist stark verbreitet. In den USA sind bereits mehr als 2/3 der Einwohner übergewichtig oder sogar krankhaft übergewichtig. Übergewicht ist dabei mit verschiedenen Erkrankungen, wie Diabetes II, metabolischem Syndrom Bluthochdruck und Herzerkrankungen assoziiert. Studien zeigen, dass sogar nur moderate Gewichtsreduktionen bereits zu einer deutlichen Senkung von Krankheitsrisiken führen können.
- Traditionelle Diäten zur Gewichtsreduktionen beruhen auf der bewussten Kalorien-Reduktion in der Ernährung, um das Körpergewicht zu reduzieren. Es gibt mittlerweile aber auch eine wachsende Forschungsliteratur zur pflanzenbasierten vegetarische und veganen Ernährungsprogrammen, in deren Zentrum nicht die Kalorienreduktion, sondern der Verzicht auf tierische Lebensmittel steht.
- Epidemiologische Studien zum Körpergewicht sind Beobachtungsstudien, bei denen das Ernährungsverhalten nicht experimentell verändert wird. Epidemiologische Studien haben die Auswirkungen von verschiedenen Ernährungsmustern, wie vegan, vegetarisch, pescetarisch (Fischkonsum erlaubt, kein anderes Fleisch), semi-vegetarisch (geringe Anteile von Fleisch) und omnivor (Mischkost mit Fleisch) miteinander verglichen. Es zeigte sich, dass die vegane Ernährung mit dem geringsten Körpergewicht einherging, wobei auf die vegane Ernährung die vegetarische Ernährung folgte. Die EPIC-Oxford- Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) hat zudem aufgezeigt, dass Veganer bei wachsendem Alter weniger an Gewicht zu nahmen. Eine weitere Studie fand, dass Fleischkonsum selbst dann mit Gewichtszunahme assoziiert war, wenn für die totale Kalorienaufnahme kontrolliert wurde. Eine großangelegte schwedische Mammographie-Studie kam zu dem Ergebnis, dass Omnivoren die größte Häufigkeit von Übergewicht aufwiesen. Auch eine Studie aus Taiwan beobachtete, dass Omnivoren signifikant häufiger unter krankhaftem Übergewicht litten als Vegetarier. Eine weitere Studie gelangte zu dem Ergebnis, dass das Risiko für Übergewicht mit jedem Jahr einer veganen Ernährung um 7 % abnahm.
- Interventionsstudien verändern das Ernährungsverhalten experimentell und beobachten im Anschluss die Auswirkungen des veränderten Ernährungsverhaltens. Eine neuerliche Meta-Analyse über 15 klinische Interventionsstudien mit pflanzenbasierter Ernährung ohne Kalorienreduktion zeigte, dass pflanzenbasierte Ernährungsweisen (vegetarisch, vegan) tatsächlich zu einer signifikanten Gewichtsabnahme führten, obwohl die Diäten keien Instruktion zur Kalorienreduktion enthielten. Eine weitere Meta-Analyse über 12 Interventionsstudien gelangte zu dem Ergebnis, dass vegetarische Diäten zu einer stärkeren Gewichtsreduktion führten als nicht vegetarische Diäten. Wurde bei vegetarischen Diäten die Kalorienmenge eingeschränkt, konnte der Gewichtsverlust ausgedehnt werden. Vegane Ernährung führte dabei zu einer stärkeren Gewichtsreduktion als vegetarische Ernährung. Auch neuere Einzelstudien, die noch nicht in den Meta-Analysen einbezogen waren, berichteten signifikante Gewichtsreduktion durch pflanzenbasierte Ernährung.
- Gemäß Studien kann eine pflanzenbasierte Ernährung eine Gewichtsreduktion nicht nur besonders effektiv unterstützen, sondern ist zudem nach vorliegenden Studien gesünder als omnivore Diäten mit Kalorienreduktion. So kam eine Studie zu dem Ergebnis, dass eine pflanzenbasierte Diät im Vergleich zur Diabetes-Standard-Diät, die von der amerikanischen Diabetes Vereinigung empfohlen wird, die Qualität der Ernährung stärker verbesserte. Auch eine weitere Studie gelangte zu dem Ergebnis, dass pflanzenbasierte Diäten die gesündesten Diäten waren.
- Eine große Anzahl an Studien hat untersucht, inwiefern sich Teilnehmer an die Diätempfehlungen hielten. Es zeigte sich, dass vegane und vegetarische Diäten eine mit omnivoren Diäten vergleichbare Einhaltung der Diätregeln erreichten. Eine Studie zeigte zudem, dass selbst diejenigen, die sich nicht komplett an eine vegane oder vegetarische Ernährung hielten, abnahmen – und zwar stärker als diejenigen, die sich nicht komplett an eine omnivore Diät zur Gewichtsreduktion halten.
- Es fehlen Studien zur Gewichtsreduktion bei älteren Probanden. Zudem weisen die Autoren auf ein Paradox hin, dass bei älteren Probanden Gewichtsreduktion sich zwar auf einige Erkrankungen günstig auswirken kann, aber nach vorliegenden Studien die Sterblichkeit eher zu erhöhen scheine. Womöglich wirkt sich Kalorienreduktion auf ältere Probanden ungünstig aus und womöglich könnte dies durch eine nicht-kalorienreduzierte pflanzenbasierte Diät verhindert werden. Allerdings fehlen hierzu derzeit Studien.
Gesamtbewertung
Übergewicht ist ein ernsthaftes Problem, was mit erheblichen gesundheitlichen Folgewirkungen und der Beeinträchtigung der Lebensqualität verbunden ist. Erfreulicherweise zeigt eine mittlerweile große Anzahl an Studien, dass der Wechsel zu einer pflanzenbasierten Ernährung und besonders der Wechsel zu einer veganen Ernährung Übergewicht signifikant reduzieren kann. Vegane Ernährung scheint dabei effektiver zu sein als kalorienreduzierte Mischkost mit Fleisch. Zudem sind pflanzenbasierte Ansätze zur Gewichtsreduktion offenbar gesünder als Standard-Diäten bei Beibehaltung einer omnivoren Kost.
Da sich diese Befunde sowohl in Beobachtungsstudien als auch in Interventionsstudien zeigen ist die Sicherheit der Befunde als hoch zu bewerten.
Vegane und vegetarische Ernährungsweisen zur Gewichtsreduktion werden ebenso oft befolgt wie omnivoren Diäten. Die durchaus immer mal wieder geäußerte Annahme, dass eine vegane Ernährung nicht vermittelbar und damit nicht realistisch sei, ist also unbegründet.
Es fehlen Studien für ältere Probanden, wobei hier nach Studien, die sich nicht auf vegane oder vegetarische Ernährung beziehen, das Paradox besteht, dass Gewichtsreduktion zwar Erkrankungshäufigkeit mindern, aber die Sterblichkeit erhöhen kann. Es wäre interessant, zu wissen, ob pflanzenbasierte Kost dieses Paradox auflösen kann, es fehlen hierzu aber noch die Daten.
Allerdings wäre es ein Irrtum, zu meinen, dass vegane Ernährung automatisch der Königsweg zur Gewichtsregulation wäre. Wer sich vegan, aber vorwiegend mit Softdrinks, zuckerreich und mit hoch verarbeiteter Kost ernährt, kann auch nach einer neuen Studie schnell Übergewicht entwickeln. Eine vegane Ernährung zur Gewichtsreduktion sollte daher vorwiegend auf Gemüse, Vollkorngetreide, Obst und Hülsenfrüchten beruhen und den Anteil mit Zucker angereicherter und hochverarbeiter Produkte möglichst begrenzen.