Tod der Ex-Dressurreiterin und Tierquälerin Christine Wels: Kein Anlass für Freude und Häme

Tod der Ex-Dressurreiterin und Tierquälerin Christine Wels: Kein Anlass für Freude und Häme

Der Tod der Ex-Dressurreiterin Christine Wels löst im Internet kaum Trauer, sondern vorwiegend Freude und Häme aus. Christine Wels wurde von dem Pferd Rolando, welches sie zu dieser Zeit trainierte, durch Tritte schwer verletzt. Drei Tage lag sie im Koma, bevor sie verstarb.

Christine Wels, einstmals weltweit erfolgreich als Reiterin, war eine notorische Tierquälerin. Für Höchstleistungen misshandelte sie die Pferde unter ihrer Obhut und nahm gar deren Tod in Kauf. Sie galt als die Trainer-Wahl für "schwere Fälle", offensichtlich weil sie gnadenlos war. Gerichtlich wurde sie vom Landgericht Kiel zu einer Freiheitsstrafe in Höhe von einem Jahr und neun Monaten verurteilt, die zur Bewährung ausgesetzt wurde. Außerdem erhielt sie ein dreijähriges Tierhaltungsverbot, durfte aber weiterhin mit Tieren handeln. Dem Tierhaltungsverbote konnte sie sich leicht durch temporären Umzug nach Dänemark entziehen. Im Anschluss setzte sie auch in Deutschland ihre Tätigkeit fort, zuletzt auf einem Reiterhof in Meckenheim bei Bonn, der keine Skrupel hatte, eine gerichtlich verurteilte Pferdequälerin als Trainerin zu beschäftigen.

Christine Wels zeigte übrigens bis zuletzt keinerlei Einsicht. Sie meinte, wer ihre Trainingsmethoden als Tierquälerei bewerte, habe keine Ahnung vom Spitzensport. Wegen Misshandlungsspuren an den durch sie trainierten Pferden, hatte eine Tierärztin vor kurzem gegen sie erneut Anzeige erstattet, die nunmehr mit dem Tod von Christine Wels zurück gezogen wurde. Zu prüfen wäre allerdings, ob die Anzeige nicht auch gegen den Reiterhof gestellt werden sollte, der Christine Wels die Plattform für ihre Tätigkeit bot,

Wir halten die hämischen Reaktionen im Internet auf den Tod von Christine Wels für falsch. Bemerkenswert finden wir auch die Uniformität der Reaktionen: Vom Veganer bis zum Fleischesser, bei Christine Wels scheinen sich alle einig! Die Tierquälerin Christine Wels wird so zum Sündenbock für alles, was im Umgang zwischen Mensch und Tier falsch läuft. Gleichzeitig gibt sie vielen Menschen wohl auch das Gefühl, auf der richtigen Seite zu stehen, wenn sie sich über sie empören und ihren Tod freudig und hämisch begrüßen. Die Grenzen zwischen vegan und omnivor verschwimmen und so werden plötzlich Fleischesser, die durch ihren Fleischkonsum an enormen Tierleid partizipieren, zu Tierrächern. Christine Wels ist die Personifizierung des Bösen, ihr Tod erlöst die gequälten Tiere, jetzt kann wieder zur Tagesordnung übergegangen und beruhigt Fleisch gegessen werden. Der nächste Tierquäler, über den sich alle empören können, kommt gewiss.

Die Schuld der Christine Wels scheint so die Empörten reinzuwaschen. Sie brauchen sich nicht ändern, sondern können getrost weiterhin Tiere essen. Es genügt, wenn sie sich über Christine Wels empören.

Trotz oder sogar wegen all ihrer Grausamkeit und Unbarmherzigkeit gibt der Tod von Christine Wels nach unserer Einschätzung keinen Anlass für Freude oder Häme, sondern für Trauer und Wut:

  • Deutlich wird das Versagen unserer Gesellschaft beim Schutz der Tiere. Der Stellenwert von Tieren ist so gering, dass eine gerichtlich verurteilte Tierquälerin bereits nach kurzer Zeit ihr Wirken fortsetzen darf. Notwendig wäre ein lebenslanges Verbot der Haltung und des Umgangs mit Tieren.

  • Der Reitsport geht derweil unbeeindruckt weiter. Dabei ist die Instrumentalisierung von Tieren für sportliche Spitzenleistungen, Medaillen und Geld die entscheidende Ursache für die Tierquälerei der Christine Wels. Ruhmestaumel und Bereicherungssucht setzten die Anreize zur Tierquälerei. "Sport" mit Tieren gehört verboten, diese Schlussfolgerung wird derzeit in den Internet-Kommentaren kaum thematisiert. In den Medien erheben sich aber bereits die Stimmen der Apologeten des Reitsports. So äußert der Dressur-Reiter und 55-facher Grand-Prix-Gewinner Wieger de Boer, Wels habe unseren wunderschönen Sport furchtbar in Verruf gebracht. Mit Pferden sei es genau wie mit Menschen: Sollen sie Leistung bringen, müsse man gut mit ihnen umgehen. Tatsächlich ist bestens bekannt, dass Leistungen auch durch Gewalt erzwungen werden können, wofür die Medaillen der Christine Wels das beste Beispiel sind. Ihre Versicherung, dass ihre Methoden im Reitsport üblich seien, dürfte bedeutsam näher an der Wahrheit liegen als die Lyrik von Wieder de Boer über den wunderschönen Reitsport. Genau deshalb wurde Christine Wels auch immer wieder engagiert. Weitere Informationen zum Reitsport finden sich im PETA-Bericht zum stillen Leiden der Pferde.

  • Christine Wels ist Täterin und Opfer zugleich. Narzisstisches Anerkennungsstreben und das Streben nach wirtschaftlicher Lebenssicherung trieben sie zu ihrer Grausamkeit. Christine Wels hätte nicht nur der Verurteilung bedurft, sondern der Hilfe. Wie andere Gewaltstraftäter auch, hätte sie in psychotherapeutische Behandlungsmaßnahmen integriert werden müssen. Indem dies verpasst wurde und sie ihre Tätigkeit fortsetzen konnte, wurde auch über sie das Todesurteil gesprochen.

  • Wir sollten längst die Reife erreicht haben, nicht nach der Todesstrafe zu rufen, sondern uns ernsthaft um die Rehabilitation von Straftätern und die Prävention erneuter Straffälligkeit zu bemühen. Dies gilt auch für Tierquälerei. Entscheidend sind nicht Strafverschärfungen, die gemäß der kriminologischen Forschung unwirksam sind, sondern entscheidende Faktoren sind die Veränderung der Stellung von Tieren im gesellschaftlichen Bewusstsein, die Beendigung tierschutzwidriger Praktiken, wie Reitsport, die verbesserte polizeiliche Aufklärung von Tierquälerei sowie die Bereitstellung effektiver Behandlungsmaßnahmen für die Täter. Wenn Tierschützer jetzt den Tod von Christine Wels hämisch begleiten, tun sie nichts, um diese Ziele zu erreichen, sondern stellen sich auf eine Stufe mit den Tierquälern in puncto Grausamkeit.

  • Verbesserungen des Tierschutzes werden immer nur bei weitem unzulänglich und letztlich kosmetisch bleiben können, solange nicht die Basis der größten Tierquälerei überhaupt in Frage gestellt wird, nämlich der Konsum von Tieren, ihren Körperteilen und Körperflüssigkeiten. Die fleischessende und tiernutzende Gesellschaft beruht auf Tierquälerei, von dieser Sachlage drohen Freude und Häme über den Tod von Christine Wels eher abzulenken. Nur eine vegane Gesellschaft wird dazu in der Lage sein, die schlechten Verhaltenspotentiale des Menschen zu hemmen und die guten Potentiale von Mitgefühl und Empathie zu stärken. Nur durch die vegane Lebensweise wird es möglich sein, die Schwelle zur Misshandlung und Tötung von Menschen und Tieren so hoch zu setzen, dass die menschenbedingte Gewalttätigkeit, einschließlich Tierquälerei, Krieg und Massenmord, abgebaut werden kann.

Wir regieren also mit Trauer auf den Tod von Christine Wels, weil ein Leben sinnlos vernichtet wurde, welches hätte geschützt werden können, wenn Christine Wels Hilfestellung statt der Erlaubnis zur Fortsetzung ihrer menschen- und tierverachtenden Tätigkeit erhalten hätte. Ebenso reagieren wir mit Trauer auf die Opfer der Handlungen von Christine Wels, die hilflos die durch sie verabreichten Misshandlungen erleiden mussten. Wir reagieren mit Wut, weil wir feststellen, dass die uns umgebene gesellschaftliche Struktur mit ihrer Ausrichtung auf Tiernutzung solche Grausamkeiten tagtäglich erzeugt und sich gleichzeitig von ihnen reinwaschen will, indem sie in den Empörungskanon über Christine Wels einstimmt.

Freude und Häme über den Tod von Christine Wels dienen weder den Tieren noch unserer Menschlichkeit und schon gar nicht der veganen Sache, sondern sind nach unserer Überzeugung ebenso Ausdruck von Hartherzigkeit und Rachsucht wie das tierquälerische Verhalten von Christine Wels. Funktional lenken Freude und Häme über den Tod von Christine Wels nur ab von den gesellschaftlichen Missständen, die es durch die vegane Lebensweise zu überwinden gilt.

So grotesk es für einige scheinen mag, wir sollten mit Trauer und Mitgefühl auf den Tod von Christine Wels reagieren, denn Mitgefühl ist die Basis der Motivation, vegan zu leben. Produktive Wut, die zum Einsatz für gesellschaftliche Veränderungen Anlass gibt, ist ebenfalls angebracht.

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