Was sagt der Wolfsabschuss über die Gesellschaft?

"Der Wolf dürfe nicht unreguliert wieder angesiedelt werden, forderte die AfD im Europawahlkampf. Die Partei warnte immer wieder vor einer "unkontrollierten Ausbreitung" des Wolfs, was Umweltbehörden allerdings ohnehin für unwahrscheinlich halten" (Bericht aus Süddeutscher Zeitung).
Die Warnungen der AfD vor den Wölfen haben den gleichen Wahrheitsgehalt wie ihre Warnungen vor Flüchtlingen oder ihre Warnungen vor Veganern: keinen.
Leider haben die Warnungen der AfD aber dennoch Folgen:
Auch um der AfD ein Wahlkampfthema zu nehmen, hat das Bundeskabinett soeben beschlossen, den Abschuss von Wölfen massiv zu erleichtern. Erlaubt ist künftig gar der Abschuss ganzer Rudel, wenn nur ein Mitglied ein Nutztier gerissen hat.
Der Umgang unserer Gesellschaft mit dem Wolf zeigt dreierlei
- den extremen Egozentrismus unserer menschlichen Gesellschaft, die alles für sich beansprucht und anderen Tieren jeden Raum und jedes Lebensrecht abspricht, wenn es nicht ihren eigenen Interessen dient. Menschen nehmen sich das Recht, alles zu bestimmen, zu regulieren und dabei alles zu töten und zu vernichten, was ihnen (scheinbar) entgegensteht
- den desaströsen Einfluss der Nutztierhaltungs- und Tierausbeutungs-Industrie, deren Profitstreben über alle anderen Werte gestellt wird. Für die Gewinne der Landwirte und der Schlachtanlagenbetreiber lassen wir leidensfähigen Tiere ohne Betäubung die Hoden abschneiden oder eben auch ganze Wolfsrudel abknallen
- den katastrophalen Teufelskreis, der entsteht, wenn AfD, Rechtspopulisten und Rechtsradikalen Raum gegeben wird. Sie haben es geschafft, die Gesellschaft bis an den Punkt vor sich herzutreiben, wo es den Einwohnern Europas bereits als normal erscheint, tausende Menschen ohne Hilfestellung ertrinken zu lassen, Überlebende in Sklaven-, Tötungs- und Vergewaltigungslager nach Libyen zurückschieben zu lassen oder Todesflieger nach Afghanistan in eines der gefährlichsten Länder der Welt zu senden
Mit dem nunmehr erleichterten Abschuss von Wölfen, bis hin zum massenhaften Abschuss ganzer Rudel, hat die AfD einen weiteren Erfolg erzielt.
Leidtragende sind die Wölfe, denen eine brutalisierte Gesellschaft eben sowenig Tränen nachweint wie den ertrunkenen Kindern im Mittelmeer.
Ob das Schließen der Grenzen oder das Gesetz zum Abschuss der Wölfe
- die Gesellschaft wendet sich gegen die Schwachen, angetrieben von menschen- und tierverachtenden Barbaren, die das christliche Abendland verteidigen wollen und damit offenbar die düstersten Zeiten des Mittelalters meinen
- Jeder Schritt zur weiteren Brutalisierung unserer Gesellschaft entfernt uns immer weiter von einer Gesellschaft, in deren Zentrum nicht Egoismus, vernichtende Konkurrenz und Hartherzigkeit, sondern Anteilnahme, Hilfestellung und Solidarität stehen
Leidtragender kann jeder werden
- jeder Einzelne von uns mag eines Tages in die Position der Schwäche gelangen. In einer Gesellschaft der Tiervernichtung und Menschenverachtung wird es dann keinen Platz mehr für uns geben
Das Gegenmodell zu diesem gesellschaftlichen und moralischen Abgrund lautet "vegan".
Die Essenz der veganen Lebensweise besteht nicht im Rezeptetausch (wobei dieser auch wichtig ist), sondern sie besteht in der Verbreitung einer Ethik des Mitgefühls und der Anteilnahme, die uns alle miteinander verbindet in dem Willen, zu leben, einander beizustehen und Leid zu vermeiden.
Vegan überschreitet die egozentrischen Grenzen des menschlichen Artegoismus, der sich schlussendlich als innermenschlicher Egoismus gegen jeden einzelnen von uns wendet. Vegan ist das Gegenmodell und dehnt die menschliche Fähigkeit zu Mitgefühl und Anteilnahme aus auf alle leidensfähigen Wesen. So baut die vegane Ethik eine wirksame Schranke gegen Grausamkeit und Vernichtung.
Bitterkeit ist keine Lösung
So bitter die normalisierte Grausamkeit der aktuellen Gesellschaft auch ist - jeder Rückschritt sollte der veganen Bewegung Anlass geben, ihre Bemühungen für eine lebenswerte Welt zu verstärken.
Manche verwenden hierfür für den Veganismus den abwertend gemeinten Begriff des Gutmenschen, der jedoch tatsächlich ein Kompliment ist. Denn mit diesem Begriff wird eingestanden und anerkannt, dass diejenigen, die sich für eine lebenswerte Welt einsetzen, all die Werte verkörpern, die mit dem Begriff des Guten verbunden sind.
Je stärker und sichtbarer Veganer an der Seite der Schwachen stehen, desto eher wird es gelingen, ein Fundament der Mitmenschlichkeit und des Guten zu errichten, an der künftig Grausamkeit und Brutalität spurenlos zerschellen.
Von der Errichtung einer solchen Gesellschaft können wir alle, Menschen und Tiere, nur profitieren - selbst die Schlachtanlagenbetreiber und Hetzer des AfD. Ihnen wir eine vegane Gesellschaft nicht Bestrafung und Gefängnis, sondern Anteilnahme, Mitgefühl und Hilfestellung bei ihrer Resozialisierung entgegenbringen.
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20 Kommentare auf "Was sagt der Wolfsabschuss über die Gesellschaft?"
Wie immer ein guter Artikel. Allerdings halte ich es für absolut richtig schwere Straftäter wie z. B. Vergewaltiger und Mörder in ihr Heimatland nach Afghanistan abzuschieben.
Gemäß diesem Welt Bericht wurden 2017 mindestens 2 Vergewaltiger und mindestens 1 Täter von schwerem sexuellem Kindesmissbrauch nach Afghanistan abgeschoben. Ich sehe dies aus Sicht einer Frau und Mutter, diese Täter können hier kein weiteres Leben mehr zerstören ! Hier wurden brutalst Leben von Frauen und Kindern zerstört, sollte ich mir da wirklich Gedanken um die Zukunft der Täter in Afghanistan machen ?
https://www.welt.de/politik/deutschland/article168624643/Abschiebung-auch-wegen-schweren-sexuellen-Kindesmissbrauchs.html
Vergewaltiger und Mörder aus Afghanistan? Verbrechen sind, unabhängig irgend einer Nationalität, zu ahnden! Des Weiteren schließe ich mich den Worten Guido F. Gebauers an.
In der Überschrift ist ein L zuviel „WOLFSABSCHLUSS“ .
Grüße
Danke, ist korrigiert.
Da haben Sie sicherlich Recht. Die AfD ermöglicht es bereits vorher menschenverachtenden Kreisen, noch menschenverachtender aufzutreten.
“Für die Gewinne der Landwirte und der Schlachtanlagenbetreiber lassen wir leidensfähigen Tiere ohne Betäubung die Hoden abschneiden oder eben auch ganze Wolfsrudel abknallen” – Gegen ‘Rechtspopulismus’ wettern mit ‘Veganpopulismus’? Stinkt gewaltig danach. In der Kritik der kapitalistischen Lebensweise kommen sich Teufel und Beelzebub sehr nahe.
Das ist kein Veganpopulismus, sondern Sachlage. Rechtspopulismus versucht Sachverhalte falsch oder verzerrt darzustellen und dadurch bestimmte Menschengruppe zu schädigen. Die Berichterstattung über vegan möchte demgegenüber allen Tieren und Menschen helfen, ist also das Gegenteil.
Dem ist nichts hinzuzufügen, vielen Dank dafür!
Vor allenm sollten die Lämmer- und Schafhalter endlich aufhören, diese armen Wesen zu töten, um ihr Fleisch zu essen. Wirklich bizarr, dass sie sich dann angbelich um die Lämmer sorgen. In Wirklichkeit haben Sie nur Angst, zu wenig von deren Fleisch zu bekommen. Der Wolf muss töten, um zu leben, der Mensch nicht.
Besser, ehrlicher und realistischer könnte das „Tagebuch“ eines Omnivoren und/oder Vegetarier nicht formuliert werden!
Ziecklein -> Zicklein
[…] hat sich die AfD derzeit auf den Wolf eingeschossen, der nicht gut in unsere Kulturlandschaft passe und den sie ähnlich wie Flüchtlinge als eine […]