Vorurteile: Je lieber das Rindfleisch, desto unliebsamer der Vegetarier

Menschen können wählen
Warum haben Menschen Vorurteile gegenüber Vegetariern und Veganern? Mit dieser Fragestellung haben sich zwei kanadische Wissenschaftler kulturübergreifend auseinandergesetzt und ihre Ergebnisse im psychologischen Fachjournal Personality and Individual Differences veröffentlicht. Auf einen kurzen Nenner gebracht, zeigen die Ergebnisse, dass Menschen kulturübergreifend umso mehr Vorurteile gegenüber Vegetariern haben, desto stärker sie sich zum Konsum von Rindfleisch hingezogen fühlen. Die Lust am Fleisch führt demnach zur Ablehnung all derjenigen, die diese Lust nicht teilen oder dieser sogar potentiell im Wege stehen.
Tiefer greifende moralische Werte werden demnach bei Fleischessern ausgeblendet. Die Befunde geben gleichzeitig Hinweise, wie eine Befreiung vom Fleischkonsum erreichbar ist.
"Vegetarians, and the Hezbollah-like splinter faction, the vegans, are a persistent irritant to any chef worth a damn… Vegetarians are the enemy of everything good and decent in the human spirit, an affront to all I stand for, the pure enjoyment of food."
Dieses Zitat des US-amerikanischen Fernsehkochs Anthony Bourdain leitet den Artikel "What's your beef with vegetarians? Predicting anti-vegetarian prejudice from pro-beef attitudes across cultures" ein.
Die Autoren untersuchten bei studentischen Fleischessern in den USA, Brasilien, Argentinien und Frankreich die Zusammenhänge zwischen der Lust am Rindfleisch und negativen Einstellungen zu Vegetariern. Befragt wurden 695 Studenten zu ihrer Vorliebe für Rindfleisch und ihren Einstellungen zu Vegetariern.
In der statistischen Datenauswertung zeigte sich, dass in allen vier Ländern die Stärke der Vorliebe für Rindfleisch mit einer negativen Einstellung zu Vegetariern korrelierte. Je stärker also Rindfleisch geschätzt und positiv bewertet wurde, desto negativer wurden Vegetarier eingeschätzt.
Die Studie unterschied nicht zwischen Vegetariern und Veganern, aber es ist mit hoher Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich die Ergebnisse zwanglos auf die Einstellungen zu vegan lebenden Personen übertragen lassen.
Was sagen uns die Ergebnisse?
Die Ergebnissen passen sehr gut zum sicherlich extremen Eingangszitat des Fernsehkochs. Zusammen mit dem Zitat spiegeln sie prägnant wieder, wie Fleischkonsum zu einer geradezu fetischhaften Besessenheit werden und dadurch zur Abwertung all derjenigen, die ihn aus moralischen Gründen ablehnen, führen kann.
An die Stelle moralischer Werte tritt bei Fleischessern ein subjektives ästhetisches Geschmacksempfinden, welchem im Verlauf einer kognitiven Verzerrung zur Abwertung all derjenigen führt, die dieses ästhetische Empfinden nicht teilen oder ihm gar aus moralischen Gründen negativ gegenüber stehen.
Konsistent sind diese Befunde ebenfalls mit anderen Untersuchungen, die zeigen, dass Fleischesser den Charakter des lebenden Tieres ausblenden, wenn sie Fleisch konsumieren, und allgemein dazu neigen, ihren Konsum von moralischen Werten zu trennen. Allein die Anwesenheit einer vegan oder vegetarisch lebenden Person kann diesen Ausblendungsprozess untergraben und daher als Bedrohung der eigenen Befriedigung am Fleischkonsum wahrgenommen werden. Dies fördert die bei Fleischessern erkennbaren Abwertungstendenzen gegenüber vegan und vegetarisch lebenden Personen.
Wozu dienen die Abwertungsprozesse?
Die Abwertung von Vegetariern und Veganern dient dem Ziel, ansonsten notwendigen Verhaltensänderungen zu entgehen und den eigenen Konsum ohne kognitive Dissonanzen und Schuldgefühle fortsetzen zu können. Beim Fernsehkoch Anthony Bourdain erreicht diese Verzerrung bereits psychopathologisch-wahnhaftes Ausmaß.
Abwertungsprozesse gegenüber Veganern und Vegetariern dienen also innerpsychisch und in ihrer Kumulierung auch gesamt-gesellschaftlich der Aufrechterhaltung des Fleischkonsums, dessen Ausübung von milliardenfachem Tierleid, unerhörter Grausamkeit sowie der flächendeckenden Zerstörung der Umwelt abgespalten wird. Nebenfolge sind Vorurteile gegenüber vegetarisch und vegan lebenden Menschen, die bis hin zu offener Aggressivität und Feindseligkeit ausarten und gerade veganen Menschen und Familien das Leben schwer machen können.
Wie können Veganer auf Abwertungsprozesse reagieren?
Veganer können lernen, sich gegenüber Abwertungsprozessen und Vorurteilen zu immunisieren, indem sie dies Verhalten ihrer fleischessenden sozialen Mitwelt als Ausdruck einer geistigen Verzerrung erkennen. Durch ein ebenso empathisches wie konsequentes Auftreten gegenüber Fleischessern kann diesen zudem verholfen werden, ihre Verzerrungsprozesse zu überwinden und sich für eine vegane Lebensweise zu entscheiden.
Letztlich wird die Aufgabe des Fleischkonsums als Befreiung erlebt, weil die Verleugnung des gewaltsamen und grausamen Charakter eigener Verhaltens muster niemals perfekt funktioniert und latent Schuldgefühle und Dissonanzen alle Fleischesser begleiten. Tatsächlich sind die Abwertungsprozesse ja auch erst notwendig, weil Fleischessern in Wirklichkeit der problematische Kern ihres Konsums sehr wohl bewusst ist. Die Abwertung veganer Lebensweise dient der Ablenkung von eigenem Unrecht. Setzen sich Fleischesser reflektiert mit ihrer Konsum können sie demgegenüber abseitig ihrer Verleugnungsprozesse selbst recht schnell erkennen, dass Fleischverzicht moralisch geboten ist.
An die dennoch latent fortbestehenden inneren Dissonanzen und Schuldgefühle lässt sich anknüpfen, um die Umstellung zum Veganismus als einen Prozess der Befreiung erlebbar und möglich zu machen. Dabei zeigen aber Befunde, dass hier oftmals nicht ein brachial-vorwürfiges, sondern eher eine behutsam, erklärendes und ermutigendes Vorgehen effektiv ist. Auf zu starker Angriffe auf die eigene moralische Integrität können Fleischesser nämlich mit einer Verstärkung ihrer Abwertung des Vegetarismus und Veganismus reagieren. Eine Studie zeigt, dass die Vermittlung von Selbstvertrauen, positiven Gefühlen, die Herausstellung des Nutzens des Fleischverzichts wie auch das Hinterfragen der "Fleischesser-Identität" hilfreich sein können. Je mehr es gelingt, den Übergang zum Veganismus als einen individuellen Prozess der Befreiung zu vermitteln, je eher wird eine fleischessende Person für die Umstellung erreichbar sein.
Auch bei mir waren die beiden Schritte – von omnivor zu vegetarisch und von vegetarisch zu vegan- nicht etwa Verzicht, sondern Befreiung von einem grundlegenden Irrtum und einem Nicht-Wissen mit ausschließlich positiven Ergebnissen. Heute würde ich gleich von omnivor zu vegan wechseln, wie es ja auch die meisten jungen Veganer/innen gemacht haben, weil heute bekannt ist, dass die Milchkühe genauso leiden, wie die Masttiere und ihnen das selbe schreckliche Ende im Schlachthaus bevorsteht. Deshalb verstehe ich auch heute tierliebe lacto-ovo- Vegetarier nicht so richtig, denn es nützt weder den Tieren im Ganzen etwas, noch der Gesundheit so viel wie der Veganismus.
Was die Beeinflussung von Gerne-Fleisch-Essern betrifft, kann ich die natürlich noch viel weniger verstehen und dieses hartnäckige Festhalten an diesem Missbrauch ist für mich immer noch ein relativ großes Mysterium. Und zwar deshalb, weil das Fleischessen ohne Not allen vernünftigen Überlegungen diametral widerspricht und das einzige, was da nach Kenntnis der Auswirkung in persönlich gesundheitlicher, in ökologischer und in moralischer Hinsicht(in armen Ländern wird deshalb verhungert) noch übrig bleibt, der angebliche persönliche Genuss am Fleischessen übrig bleibt(“es schmeckt halt!”).
Deshalb ist mit solchen Menschen nach meiner Erfahrung eine Diskussion darüber immer noch sinn-und nutzlos. Anders ist es z.B. mit solchen, die schon von sich aus darüber nachgedacht haben oder schon Vegetarier sind. Diese Tradition des Tiere-Vernutzens und des Fleisch-Geniessens hat wahrscheinlich ein Suchtverhalten erzeugt, das aus 2 Komponenten besteht: Einmal eine Art Gewohnheitssucht und zum anderen eine körperliche Sucht nach den bestimmten Substanzen. Beides ist ja wohl auch wissenschaftlich erforscht. Ich halte diese Ernährung über Tiere für den größten, tiefstgreifendsten Irrtum dieser Menschheit. Ein Irrtum in jeder Beziehung, z.B. auch in Bezug auf Genuss. Der Veganismus ist nämlich definitiv kein Verzicht auf Genuss, sondern ganz im Gegenteil, werden dadurch alle Sinne wieder verschärft und verklärt und das Essen- Geniessen wird noch viel intensiver und feiner.
Wenn wir auf unsere vegane Ernährung angesprochen werden oder wir das Gefühl haben uns rechtfertigen zu müssen, sagen wir dass es ein Projekt ist. Und dass wir uns damit auseinandergesetzt haben und das ausprobieren wollen….wie lange es geht oder wir „durchhalten“ wissen wir noch nicht. Und somit nehmen wir jedem Angriff die Luft aus den Segeln und lassen anderen den Freiraum es auch mal auszuprobieren. Etwas naiv aber wirkungsvoll.
Wir sind seit 2,5 Jahren Veganer, zuhause. Wenn wir essen gehen dann bestellen wir vegetarische Gerichte.