Europäischer Gerichtshof (EuGH) verbietet Bezeichnung “Pflanzenmilch”

Europäischer Gerichtshof (EuGH) verbietet Bezeichnung “Pflanzenmilch”

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat soeben entschieden, dass die Bezeichnung Milch nicht für pflanzliche Produkte verwandt werden darf. Ebenfalls verboten sind demnach für pflanzliche Produkte Bezeichnungen, wie Rahm, Molke, Butter, Buttermilch, Käse und Joghurt. Das Gericht beruft sich dabei auf EU-Regularien, die in der Tat diese Festlegungen treffen. Über die Regularien im strengen Sinn hinausgehend, interpretiert das Gericht das englische Wort cream als Sahne und verbietet dessen Verwendung als Name für Pflanzenprodukte ebenfalls.

Das Urteil wurde gefällt, weil der Berliner Verband Sozialer Wettbewerb e.V gegen den Hersteller veganer Produkte Tofutown klagte, um diesen Bezeichnungen, wie Pflanzenkäse, zu verbieten. Vorgelegt wurde dem Europäischen Gerichtshof die Fragestellung durch das Landgericht Trier, vor dem die ursprüngliche Klage verhandelt wurde.

Das Urteil argumentiert rein formaljuristisch mit Bezug auf EU-Verordnungen. Es stellt sich nicht der Frage, inwiefern diese EU-Verordnungen diskriminierend sind und zudem eine längst überwundene Weltsicht vermitteln. Die Verantwortung für eine mögliche Aufhebung des Verbots wird allein der politischen Ebene zugewiesen.

Das Gericht hält es für legitim, wenn die EU Verordnungen für ein geordnetes Marketing und zum Verbraucherschutz erlässt. Das Gericht ordnet das Verbot von Milchbezeichnungen für pflanzliche Produkte hier ein. Es übernimmt dabei die Festlegungen in der EU-Verordnung, dass Milchbezeichnungen auch dann nicht verwandt werden dürfen, wenn durch eine Zusatzbezeichnung klar gemacht wird, dass es sich nicht um Eutersekretion von Säugetieren handele. Entsprechend ist auch die Bezeichnung Pflanzenmilch verboten, selbst wenn diese sofort deutlich macht, dass das Produkt keine Eutersekretion von Tieren, sondern Pflanzen enthält.

Die Zeit kommentiert das Urteil ernsthaft mit folgenden Worten:

Das oberste EU-Gericht hat den Verbraucherschutz gestärkt: Rein pflanzliche Lebensmittel dürfen nicht länger als "Käse", "Milch" oder "Joghurt" beworben werden.

Inhaltlich wird damit freilich die Bezeichnung Verbraucherschutz ins Absurde geführt. Es widerspricht dem gesunden Menschenverstand, dass eine Bezeichnung, wie Pflanzenmilch, den Verbraucher täuschen können sollte. Gleiches gilt für Pflanzenkäse. Die Bezeichnung Milch, Käse und Joghurt vermitteln vielmehr dem Verbraucher die für seine Kaufentscheidung womöglich essentielle Information, dass es sich um ein rein pflanzliches Produkt handelt, welches ebenso verwendet werden kann wie aus Tieren stammende Milchprodukte. Dies ist mit anderen Bezeichnungen schwer darstellbar.

Der Verfasser hat mittlerweile immer wieder die Erfahrung gemacht, dass Nicht-Veganer beispielsweise eine Reihe von veganen Käsearten nicht von Milchkäse unterscheiden können, wenn ihnen nicht vorher mitgeteilt wird, dass es sich um veganen Käse handelt. Die Bezeichnung veganer Käse liefert insofern eine wertvolle Information über Geschmack, Konsistenz und Gebrauch des Produkts. Es gibt keine alternativen Bezeichnungen für Käse, Joghurt oder Sahne, die ebenso allgemeinverständlich wären. Vegane Produkte werden damit durch die entsprechenden EU-Verordnungen dezidiert benachteiligt. Diese Benachteiligung ist nunmehr durch das oberste Europäische Gericht unterstrichen worden.

Das Urteil ist nicht zeitgemäß. Es läuft den Interessen von Ökologie, Verbraucherschutz und Tierschutz diametral entgegen. Es stellt sich einseitig hinter die Tierausbeutungsindustrie, deren Marketingbemühungen durch die Behinderung der Vertreibung pflanzlicher Konkurrenzprodukten bevorteilt werden.

Das Urteil bezieht sich ausschließlich auf Milchprodukte und hat keine Gültigkeit für Feischprodukte. Bezeichnungen, wie veganes Schnitzel, bleiben erlaubt. Allerdings sind auch hier bereits politische Lobbybemühungen am Werk, die selbst diese weiterhin erlaubten Bezeichnungen für Pflanzenprodukte verbieten wollen. Entsprechende Forderungen werden durch den Deutschen Fleischerverband (DFV) und den Deutschen Bauernverband erhoben. Angeschlossen hat sich ihnen Landwirtschaftsminister Schmidt, der bereits in der Vergangenheit mit Warnungen vor der veganen Ernährung aufgefallen ist.

Manche Veganer mögen meinen, der Name der Produkte spiele keine Rolle, solange der Verkauf der Produkte an sich nicht verboten werde. Schließlich würden vegan lebende Menschen sowieso vegane Produkte kaufen, egal wie diese hießen. Diese Argumentation ist aber nur vordergründig überzeugend. Tatsächlich wenden sich vegane Produkte nicht vorwiegend oder ausschließlich an vegan lebende Personen, sondern insbesondere auch an noch fleischessende Personen oder Vegetarier, die die vegane Alternative ausprobieren wollen.

Durch die identische Bezeichnung wird diesen Personen, die sich mit der veganen Ernährung nicht auskennen, sofort mitgeteilt, welcher Geschmack und welche Zubereitungsart zu erwarten ist. Sie können so gezielt solche veganen Produkte erwerben, die dem entsprechen, was sie eigentlich als Tiervariante kaufen wollen. Bezeichnungen, wie pflanzlicher Käse oder Sojajoghurt, können dabei auch spontane Kaufentscheidungen zugunsten des veganen Produkts fördern. Je mehr Menschen diese veganen Produkte aber als direkte Alternative kennenlernen, desto mehr Menschen werden auch die Bereitschaft entwickeln, immer mehr ganz auf Tierprodukte zu verzichten.

Die Bekanntmachung veganer Alternativen zu Milch und Fleisch durch gezieltes Marketing ist eine wichtige Strategie zur Ausbreitung der veganen Ernährung. Diese Strategie wird nunmehr durch das Urteil des Europäischen Gerichtshof erschwert.

Von zentraler Bedeutung wird es sein, nunmehr eingängige Namen zu entwickeln und ebenso gut sichtbar die Verbraucher darauf hinzuweisen, dass ein Produkt ebenso verwandt werden kann, wie Milch, Käse oder Joghurt. Verwendungshinweise sind nämlich nicht verboten worden, wobei allerdings wohl mit der nächsten Klage zu rechnen ist, wenn diese gut sichtbar und sofort ins Auge springend angebracht werden. Den Klägern geht es nämlich in Wirklichkeit nicht um den Schutz von Verbrauchern, sondern um die Lobbyinteressen der Fleisch- und Milchindustrie. Deshalb möchten sie, dass den Verbrauchern wichtige Informationen vorenthalten werden, die ansonsten zu einer Kaufentscheidung für ein veganes Produkt führen könnten. Zu hoffen ist, dass die Anbieter veganer Milchprodukte Wege und Mittel finden werden, den Verbrauchern diese Information dennoch zukommen zu lassen.

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