CDU-Politiker vergleicht Veggietag mit Nationalsozialismus
Durch den Newsletter des Deutschen Vegetarier Bund (VEBU) wurden wir darauf aufmerksam, dass der CDU Politiker und ehemalige Landtagsabgeordnete Josef Rickfelder aus Nordrhein-Westfalen, den u.a. auch vom VEBU vorgeschlagenen bundesweiten Vegetarier-Tag mit dem Eintopftag im Nationalsozialismus gleichsetzte.
Der sogenannte Eintopftag des Dritten Reiches verpflichtete die Bevölkerung und Restaurants, am ersten Sonntag der Monate Oktober bis März nur einfache Eintopfgerichte zu kochen und den Differenzbetrag an das durch die Nationalsozialisten gegründete Winterhilfswerks (WHW) abzuführen. Widerspruch war nicht erlaubt. Der Eintopftag diente vordergründig der Unterstützung der ärmeren Bevölkerungsschichten, war aber tatsächlich Teil der nationalsozialistischen Alltagskontrolle und sollte propagandistisch die Einheit des Volkes mit dem Führer darstellen.
Der Veggietag, für den sich auch in anderen Ländern Umweltschutz, Vegetarier und Tierschutzinitiativen einsetzen, einschließlich prominenter Unterstützung durch Paul McCartney, soll demgegenüber als freiwilliger Tag des Fleischverzichts ein Zeichen gegen den gesundheitsgefährdenden, die Umwelt belastenden und Tierleid verursachenden exzessiven Fleischkonsum der Bevölkerung in den westlichen Industrieländern setzen. Dieser Tag soll damit auch ein Bewusstsein schaffen für unsere Überflussgesellschaft, deren Fleischkonsum auf Kosten der Ernährungssicherheit der Menschen in der dritten Welt geht. Entsprechende Veggietage gibt es bereits in zahlreichen Städten in der Bundesrepublik Deutschland, Österreich, Schweiz sowie auch international (siehe Überblick Donnerstag-Veggietag und bei Vegi-tag.ch.
Mit seiner diffamierenden Ablehnung eines Veggietages steht Josef Rickfelder nicht allein. Auch der FDP-Vorsitzende Rösler machte von sich reden und titulierte den freiwilligen Veggietag als Angriff auf die Freiheit.
Josef Rickfelder geht aber nun noch weiter, indem er ausgerechnet denjenigen die Verbreitung von Unrecht analog des Nationalsozialismus vorwirft, die sich durch den vorgeschlagenen freiwilligen Fleischverzicht gegen das durch dieNutztierhaltung erzeugte Leid, die Zerstörung der Umwelt und für die Verbesserung der Lebensbedingungen aller Menschen einsetzen. Nachdem er zunächst an seinem Vergleich festhielt, hat Josef Rickfelder mittlerweile, wohl weniger durch Einsicht als durch die zunehmende Kritik bedingt, ein lauwarmes Bedauern seines Nazivergleichs erklärt, wobei er aber an seiner Ablehnung des Veggietages festhält.
Über Einzelfälle hinaus gehend wird aus solchen Reaktionen gegenüber dem Veggietag das komplette Unverständnis weiter Teile von Gesellschaft und Politik über die Zusammenhänge von Nutztierhaltung, Fleischkonsum, Umweltzerstörung, Tierleid und sozialer Not erkennbar. Hieraus ergibt sich die Notwendigkeit einer Intensivierung des Aufklärungsarbeit.
Aus veganer Sichtweise ist dabei ein Veggietag natürlich alles andere genug, ist aber dennoch als erster Schritt und sinnvolles Mittel zu bewerten, um die Öffentlichkeit über die negativen Folgen des Fleischkonsumes aufzuklären und Verhaltensänderungen anzuregen.
Der VEBU bittet derweil um Unterzeichnung einer Petition zum Protest gegen die diffamierenden Äußerungen von Josef Rickfelder, der zunächst, trotz in Anbetracht der Kritik bei seinen Äußerungen blieb und erst jetzt eine lauwarme Distanzierung vorgelegt hat, die an ihrer Ablehnung des Veggie-Tages festhält.
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15 Kommentare auf "CDU-Politiker vergleicht Veggietag mit Nationalsozialismus"
Was kann man denn mehr tun, als sich komplett von der Aussage zu distanzieren?
Ich ging im übrigen von dem Fall aus, dass an diesem Tag in der Kantine nur Vegetarisches angeboten wird. Ich denke, auf eine solche Bevormundung würden die meisten Menschen allergisch reagieren.
@ Thomas
"Ich ging im übrigen von dem Fall aus, dass an diesem Tag in der Kantine nur Vegetarisches angeboten wird. Ich denke, auf eine solche Bevormundung würden die meisten Menschen allergisch reagieren."
Ja, so ist es auch. Die Kantinen entscheiden sich freiwillig, an einem Tag in der Woche nur vegetarisch anzubeten.
Du irrst, dass die meisten allergisch reagieren. In den Städten, an denen das schon umgesetzt ist, sind die Kantinen typischerweise proppenvoll. (Sonst würden sie wohl auch abspringen…)
Liebes Team Vegan.eu,
ich verstehe gar nicht, was an einer persönlichen Meinung irgend eines Politikers jetzt so unfassbar sein soll. Jeder Vergleich hinkt und so wie manchmal die Tierrechtsbewegung mit Holocaust-Vergleichen oder Sklavenbefreiungs-Vergleichen um sich wirft, scheint mir das doch nur ein Sturm im Wasserglas. Warum muss sich immer gleich jemand für eine Meinungsäusserung entschuldigen?
Ein verordneter Veggie-Tag könnte man durchaus auch als propagandistisches Instrument für irgendwelche Veggie-Ideologien verstehen.
Aber natürlich ist es das nicht, sondern dient nur dem Heil der Tiere und der Rettung der Welt…
@Thomas: "Aber gut, Veganer und Tierrechtler lieben ihre Petitionen. Da haben sie wenigesten das Gefühl, etwas zu tun."
Veganer tun jeden Tag unheimlich viel Gutes allein durch ihre Lebensweise.
Statt Aktionismus anzuprangern, sollte man sich zunächst fragen, welchen Beitrag man selbst leistet. Was tust du?
Seitdem die Grünen daraus den Veggie Tag gemacht haben und diesen für sich propagieren, sehe durchaus Parallelen zum Eintopftag, vor allem im Zweck der Propaganda und vor allem in der Alltagskontrolle und mit der heute die Gutmenschen über viele weitere Verbote (keine 1. Klasse in der DB, Angelverbot nachts, Computerspiele, Motorroller, u.v.m.) oder durch sogenannte Verpflichtungen die “minderbemittelten Bürger” zum besseren Menschen umerziehen wollen, ohne ihn vorher zu fragen. Ach doch am 22. September 😉 Da wird es dann plötzlich doch um die Wurst gehen!
"„Die Hintergründe für diese beiden Aktionstage sind komplett unterschiedlich, daher ist der Vergleich unpassend“, stellte Rickfelder klar. "
Was ist denn an dieser vollständigen Distanzierung "lauwarm"? Aber gut, Veganer und Tierrechtler lieben ihre Petitionen. Da haben sie wenigesten das Gefühl, etwas zu tun.
Ich empfinde diese Distanzierung auch als sehr schwach. Es sind nicht nur die Hintergründe dieser Aktionstage unterschiedlich, es sind einfach vollkommen und grundlegend unterschiedliche Dinge. Der Mann vergleicht nicht Äpfel mit Birnen, sondern Äpfel mit Zyankali und phaselt dann was von unterschiedlichen Hintergründen". Auch die Vordergründe, einfach ALLES an der Sache ist anders.
Ist doch nicht so schwer zu verstehen.
Bleibt anzumerken, dass ein Veggie Leute wie mich eher zu mehr Fleischkonsum anregt – nur aus Trotz. Ich esse momentan an zwei Tagen pro Woche freiwillig rein vegetarisch, was ich als völlig ausreichend empfinde. Hätte unsere Kantine einen reinen Veggietag, würde ich an dem Tag absichtlich zum Schnitzelwirt gehen.