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Umfrage: Veganer sind unterschiedlich konsequent

Umfrage: Veganer sind unterschiedlich konsequent

Zwischen Veganern bestehen erhebliche Unterschiede im Konsequenzgrad ihrer veganen Lebensweise - dies zeigt eine Umfrage unter 3700 Veganern, die wir gemeinsam mit unserer Online-Dating-Plattform www.Gleichklang.de durchgeführt haben. 2710 vegan lebende Frauen und 990 vegan lebende Männer im Alter von 14 bis 88 beteiligten sich an der Umfrage. Voraussetzung des Einschlusses in die Umfrage war die Angabe aller Befragten, kein Fleisch, keinen Fisch, keine Milch und keine Eier zu konsumieren.

Ein Drittel der Teilnehmer war Mitglied bei Gleichklang, wobei sich zwischen den Angaben der Gleichklang-Mitglieder und Nicht-Mitglieder keine relevanten statistischen Unterschiede zeigten, so dass sie zusammengeführt wurden.

Vegan ist in aller Munde, aber verstehen Veganer tatsächlich das gleiche unter der veganen Lebensweise oder muss zwischen unterschiedlichen veganen Lebensstilen unterschieden werden?

Wir können in unseren Ergebnissen deutliche Unterschiede im Konsequenzgrad der befragten Verganer erkennen:

95% der Befragten gaben an, keine Produkte mit Gelatine als Bestandteil zu konsumieren. 86% achteten nach ihren Angaben allgemein darauf, dass keine tierischen Zusatzstoffe in den durch sie konsumierten Lebensmitteln vorhanden seien. 78% gaben an, keine Lederprodukte zu kaufen. 74% gaben an, keinen Honig und zu konsumieren, keine Seidenprodukte zu erwerben und keine Zoos oder Zirkusse zu besuchen. 73% der Befragten berichteten, auf mit Gelatine geklärte Getränke zu verzichten und auf den Ausschluss von Tierprodukten in Kosmetikartikeln zu achteten. 70% gaben an, keine Wollprodukte zu kaufen. 67% der Befragten erklärten, für ihre Freunde und Bekannten ausschließlich vegan zu kochen. 52% der Befragten gaben an, in keinem Restaurant zu essen, wenn nicht absolut sicher sei, dass alle Bestandteile des Essens vegan seien. 45% der Befragten achteten nach ihren Angaben bei Medikamenten auf die Freiheit von Tierprodukten. Lediglich 36% der Befragten gaben aber an, auch in Farben, Leim und anderen Renovierungsmaterialien auf einen Ausschluss tierischer Produkte zu achten. 26% berichteten, selbst Verunreinigungen von Lebensmitteln durch tierische Produkte bei Herstellung oder Transport nicht in Kauf zu nehmen. Nur 24% der Befragten gaben an, keine Produkte zu kaufen, deren Etiketten Kasein enthielten.

Im Durchschnitt achteten die Befragten zusätzlich zum Verzicht auf Fleisch, Fisch, Eier und Milch auf 9 der 15 erfragten Bereiche in der Ernährungs- und Lebensgestaltung. Auf alle 15 Bereiche achteten lediglich 4% der Befragten. 9% achteten auf alle Bereiche bis auf auf maximal einen Bereich. 17% der Befragten achteten auf alle Bereiche bis auf maximal zwei Bereiche.

Untersucht haben wir ebenfalls Zusammenhänge zwischen dem Konsequenzgrad der veganen Ernährung und dem Alter, der Dauer der veganen Lebensweise, dem Geschlecht und den Motiven für die vegane Lebensweise:

- Je älter die Befragten waren und desto länger sie vegan lebten, desto mehr Bereiche bezogen sie in ihre vegane Lebensweise ein, wobei dieser der wachsende Konsequenzgrad der veganen Ernährung mit dem Alter durch die längere vegane Lebenführung ausreichend erklärbar war.

- Männer waren signifikant konsequenter als Frauen, wobei der Unterschied aber größenmäßig nur sehr gering war.

- Am Interessantesten waren die Befunde zu den Motiven. Personen, die sich durch die vegane Lebensweise vorallem Gesundheit, Fitness oder Gewichtsreduktion erhofften oder an einem Trend teilhaben wollten, wiesen die geringste Konsequenz auf. Demgegenüber kennzeichneten sich Personen, die wegen der Tiere vegan lebten, durch den höchsten Konsequenzgrad. Einen mittleren Konsequenzgrad wiesen Personen auf, die Umwelt- und soziale Motive in den Vordergrund stellten.

Was kann aus den Befunden aus veganer Sichtweise geschlossen werden?

- Die Befunde zeigen, dass Personen, die sich als vegan bezeichnen, sich dennoch im Alltag deutlich unterschiedlich gegenüber Produkten mit Tierbestandteilen verhalten.

- Der Zusammenhang zur Dauer der veganen Lebensweise macht deutlich, dass vegan oftmals offenbar ein Entwicklungsprozess ist, der sich durch eine zunehmende Konsequenz mit den Jahren der veganen Lebensweise auszeichnet. Diese Entwicklungsprozess beginnt sogar noch vor dem Einstieg in den Veganismus in Form der Annahme einer vegetarischen Lebensweise - jedenfalls berichteten mehr als 3/4 der Teilnehmer vor ihrer veganen Lebensweise Vegetarier gewesen zu sein.

- Eher aus Eigeninteresse motivierte Personen (Gesundheit, Fitness, Gewichtsreduktion, Trendsetter) bemühen sich dabei weniger um eine konsequent vegane Lebensweise, während tierethisch motivierte Veganer sich durch besonders hohe Konsequenz ihrer veganen Lebensweise auszeichnen. Für die Vermittlung der veganen Lebensweise scheint es daher wichtig, sich nicht ausschließlich oder vorwiegend auf gesundheitsbezogenen oder fitnessbezogene Argumente zu beziehen, sondern diese immer in eine übergreifende ethisch orientierte Argumentation einzubetten. Eine Ausbreitung des Veganismus mithilfe rein egoistisch orientierter Anreize würde nämlich die Gefahr einer geringen Stabilität und auch besonders geringen Konsequenz der veganen Lebensweise bedingen. Langfristig könnte dies eher zur Erosion des Veganismnus als zu dessen gesellschaftlicher Verankerung führen. Eine reine Trendsetterargumentation ist insofern für die Verbreitung der veganen Lebensweise vermutlich eher kontraproduktiv.

- Männer neigen zu etwas stärkerer Konsequenz, wobei der Unterschied aber nur gering ist und zudem dafür weitaus mehr Frauen als Männer vegan leben. Diejenigen Männer, die trotz des deutlich weiblichen Charakters der veganen Lebensweise Veganer werden, weisen nachvollziehbarerweise offenbar eine besonders hohe Motivation auf, soweit als möglich tatsächlich vegan zu leben.

-Auffällig ist der recht hohe Anteil an Veganern, die kein Leder, insbesondere aber auch keine Wolle vermeiden, obwohl beides dezidierte Tierqualprodukte sind, die direkt (Leder) oder indirekt (Wolle) auch mit der Tötung von Tieren verbunden sind. Gleiches gilt für Seide (direkte Tötung). Neben dem Einfluss nicht-ethischer Motive für die vegane Lebensweise, scheint insgesamt eine geringerer Fokus auf Kleidung als auf Ernährung zu liegen. Dem könnte und sollte innerhalb der veganen Community durch Aufklärung über die tierethischen und ökologischen Implikationen der Leder-, Wolle- und Seideproduktion stärker entgegengewirkt werden.

-Wir halten es auf der Basis dieser Befunde für wichtig, dass die vegane Community Personen, die noch keine hohe Konsequenz ihrer veganen Lebensweise aufweisen, nicht ausgrenzt. Stattdessen ist positive Motivation notwendig, damit Veganer auch auf dem eingeschlagenen veganen Weg bleiben und sich um Verbesserungen ihrer veganen Lebensweise bemühen. Zudem könnte sich Ausgrenzung auch negativ auf Fleischesser und Vegetarier auswirken, die ansonsten für eine vegane Lebensweise womöglich gewonnen werden könnten.

- Eine 100% vegane Lebensweise ist in einer Gesellschaft, die komplett auf die Nutzung und Ausbeutung von Tieren ausgerichtet sei, nicht möglich. Wenn bereits auf Obst und Gemüse Tierprodukte geschmiert werden und in Krankenhäusern für die künstliche Ernährung keine veganen Produkte zur Verfügung stehen, kann kein Mensch mit Sicherheit den Konsum von Tierprodukten zu 100% für sich ausschließen. Umso weniger sollten andere Veganer dafür verurteilt werden, dass ihr Konsequenzgrad im Alltag noch entwicklungsfähig ist.

-Die Sachlage der Nicht-Möglichkeit einer zu 100% veganen Lebensweise wie auch der hohe Anteil der Veganer, die auch bei vermeidbaren Produkten deutlich inkonsequent sind, sollte nicht darüber hinwegtäuschen, dass die vegane Lebensweise entscheidend dazu beiträgt, das Problem der Tierausbeutung, sowie die Probleme der Ökologie und Ernährungssicherheitzu problematisieren und dadurch gesellschaftliche Diskussionen und Veränderungen anzuregen. Je stärker es uns gelingt, vegane Alternativen zu etablieren und so Tierprodukte zurückzudrängen, desto mehr rückt die Option einer veganen Gesellschaft, die auf die Nutztierhaltung verzichtet, in den Raum des Möglichen, auch wenn der Weg hierhin freilich ein weiter sein.

- Aus den Umfrageergebnissen lässt sich ebenfalls die Bedeutsamkeit einer ethisch fundierten Basis für eine möglichst konsequente vegane Lebensweise erkennen. Rein auf die Gesundheit oder Fitness bezogene Argumente regen eine eher nur oberflächliche vegane Lebensweise an, die sich durch einen geringen Konsequenzgrad und vermutlich auch durch eine niedrige Dauerhaftigkeit kennzeichnet. Bei der Vermittlung der veganen Lebensweise sollten daher gesundheits- und fitnessbezogene Argumente nicht isoliert vorgebracht, sondern in eine ethisch ausgerichtete Argumentation eingebettet werden.

Die Umfrage kann keine Repräsentativität für die vegane Gesamtheit beanspruchen. Tatsächlich gibt es nach unserer Kenntnis bisher weltweit keine Studie oder Umfrage, von der sicher ist, dass sie für die vegane Gesamtpopulation repräsentativ war. Allerdings ist die Stichprobengröße unserer Umfrage sehr hoch und zudem zeigt sich ein Geschlechterverteilung mit einem starken Überwiegen von Frauen, wie sie auch bei anderen Studien und Umfragen immer wieder sichtbar wird. Außerdem führten separate Auswertungen für Gleichklang-Mitglieder und Nicht-Mitglieder zu nahezu identischen Ergebnissen. Vermutlich können die Befunde daher im Wesentlichen über die spezielle Stichprobe hinaus auf Veganer im Allgemeinen übertragen werden.

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