Gefahr oder Humbug: Würde eine vegane USA zusammenbrechen?

Gefahr oder Humbug: Würde eine vegane USA zusammenbrechen?

So ähnlich lesen sich die Ergebnisse einer Studie in Medienberichten, wie in der daily mail.. Titel: "How the rise of veganism could ruin America: Study warns if every person went meat-free there would be a public health disaster“.

Was verbirgt sich hinter diesen hoch dramatisch scheinenden Schlagzeilen?

Eine in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America“ veröffentlichte Untersuchung simulierte die komplette Aufgabe der Nutztierhaltung in den USA und deren Auswirkungen auf das Nahrungsmittelangebot. Übrigens werden Studien in den Proceedings of the National Academy of Sciences of the United States of America nicht peer reviewed, sondern jedes Mitglied das Recht zur Veröffentlichung.

Die Studie gelangt zunächst zu den üblichen Ergebnissen, nämlich dass der Verzicht auf Nutztierhaltung zu einem höheren Nahrungsmittelangebot führen, die Verfügbarkeit einiger in der aktuellen Ernährung eher defizitärer Nährstoffe verbessern, einen kalorischen Überschuss produzieren und mit der Verminderung der Treibhausgasemissionen einhergehen würde. Der Überschuss an Nahrungsmitteln könnte - so schlagen die Autoren nachvollziehbar vor - exportiert werden.

In den folgenden Berechnungen unterstellt die Studie allerdings Voraussetzungen, die komplett unrealistisch erscheinen oder unterschlägt naheliegende Möglichkeiten:

Die Studie geht in ihren nachfolgenden Berechnungen davon aus, dass ein Ausstieg aus der Nutztierhaltung zu keinem Anstieg des Anbaus von Gemüse und Obst führen würde, sondern die Ernährung sich vorwiegend auf Mais und Bohnen beschränken würde. Ein vermehrter Anbau von Obst und Gemüse sei unwahrscheinlich – so steht es ernsthaft in der Studie – da dies ansonsten schon heute geschehen würde. Dass womöglich die Nutztierhaltung einfach profitabler ist als Obst- und Gemüseanbau, darüber denken die Autoren der Studie nicht nach. Sie spekulieren, dass die Böden keinen erhöhten Gemüse- und Obstanbau zulassen würden, geben dafür aber nicht die Spur eines Beweises.

Entsprechend ist es dann auch nicht verwunderlich, dass die Autoren zu dem Ergebnis gelangen, dass ein Ausstieg aus der Nutztierhaltung zu einem Defizit an Vitamin A und Calcium führen würde. Diese Schlussfolgerung ergibt sich allein daraus, dass die Autoren unterstellen, dass nicht mehr karotinreiches und calciumreiches Gemüse angebaut werden würde. Diese Annahme ist aber willkürlich und sogar komplett implausibel. Es erscheint hochgradig unwahrscheinlich, dass nicht wenigstens ein kleiner Teil der in großen Mengen frei werdenden Böden für Gemüse- und Obstanbau genutzt werden würden und könnten. Würde dies aber angenommen, brächen die Überlegungen der Autoren zusammen.

Belege gibt die Studie hierfür nicht an, diskutiert nicht einmal, ob vielleicht auch deshalb derzeit nicht mehr Obst und Gemüse angebaut werden, weil die Nutztierhaltung Profit trächtiger ist. Es wird spekuliert, dass die Böden für eine Ausdehnung des Gemüse- und Obstanbaus nicht ausreichend wären, es fehlt aber hierzu die Angabe jeder Belege.

Weiter geht es zu den Omega-3-Fettsäuren, mit denen die Bevölkerung nun nicht mehr versorgt werden könnte. Komplett ignoriert werden hierbei Studien, die aufzeigen, dass Veganer oft vergleichbare Werte aufweisen wie Fleischesser, eine Supplementierung unnötig ist  und vor allem der komplette Mangel an Studien, die Gesundheitsschäden bei Veganern wegen geringerer Aufnahme an Omega-3 Fettsäuren aufzeigen würden. Ebenso wenig diskutieren die Autoren nicht den hohen Gehalt von Algen an Gamma-3-Fettsäuren, obwohl die Körper von Fischen nur deswegen viel Gamma-3-Fettsäuren enthalten, weil Fische Algen essen. Die Möglichkeit, Algen stärker in eine vegan basierte Ernährung zu integrieren, wird nicht einmal diskutiert.

Letztlich geht es wieder um Vitamin B12. Hier haben die Autoren Recht und dennoch Unrecht: Wenn Menschen keinerlei Tierprodukte mehr konsumieren, wird es bei vielen zu Mangel an Vitamin B12 kommen. Dazu wird es aber nicht kommen, wenn eine vegane Gesellschaft von der einfachen und preiswerten Möglichkeit Gebrauch macht, Grundprodukte, wie Sojamilch, mit Vitamin B12 zu supplementieren.

Jenseits aller Horrorphantasien stützt die Studie tatsächlich die Überlegenheit einer veganen Ernährung, auch wenn die Autoren in ihrer Interpretation geradezu krampfhaft darauf bedacht zu sein scheinen, die Schlussfolgerung ihrer Untersuchung in ihr Gegenteil zu verkehren.

Bedauernswert ist, dass einige Medien aus der letztlich die vegane Ernährung stützenden Studie ein antiveganes Horrorszenario machen. Dem veganen Trend steht längst eine zunehmende veganfeindliche Berichterstattung gegenüber, deren Wirksamkeit nicht unterschätzt werden sollte. Eines fördert diese veganfeindliche Berichterstattung sicher nicht: die Entstehung einer friedfertigeren und gerechteren Welt, zu der die vegane Ernährung demgegenüber einen wichtigen Beitrag leisten kann.

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