Ernährungswandel: Verzichtsziele wirksamer als Reduktionsziele

Ernährungswandel: Verzichtsziele wirksamer als Reduktionsziele

Wie können wir Menschen am besten dazu bewegen, zu einer pflanzenbasierten Ernährung umzusteuern?

Hierzu gibt es unterschiedliche Ansätze:

  • Umweltschutzorganisationen empfehlen oft Fleischreduktion
  • Tierrechts-Organisationen empfehlen Fleischverzicht bzw. gleich den Wechsel zu einer veganen Lebensweise (Verzicht auf alle tierischen Lebensmittel)

Im Folgenden wird daher von Reduktionszielen versus Verzichtszielen gesprochen.

In einer Studie wurden Menschen, die an Programmen zur Reduktion oder zum Verzicht auf tierische Lebensmittel teilnahmen, ein Jahr lang in Form von Online-Befragungen begleitet. Wesentliche Fragestellung war: Werden die Ziele erreicht?

Das Ziel mancher Teilnehmenden war Fleischverzicht (vegetarisch werden) oder Verzicht auf tierische Lebensmittel (vegane Ernährung). Andere hatten lediglich als Ziel, ihren Fleischkonsum oder andere tierische Lebensmittel, wie Milch, Eier, Seafood zu reduzieren.

Wie wirkte sich die Art des Zieles "Reduktion versus Verzicht" auf das Erreichen des Zieles aus?

Die Ergebnisse sind aufschlussreich:

  • Teilnehmende mit einem Verzichtsziel erreichten ihr Ziel über den Verlauf des Jahres mehrheitlich und vor allem deutlich häufiger als Teinehmende mit einem Reduktions-Ziel
  • auch bei denjenigen, die ihr Verzichtsziel erreichten, war der Weg dorthin aber in der Regel ein Weg der progressiv zunehmenden Reduktion (immer weniger Fleisch) oder des zunächst nur partiellen Verzicht (Verzicht auf Fleisch, aber noch nicht auf Fisch, Verzicht auf Fleisch und Fisch, aber noch nicht auf Milch und Eier)

Welche Kampagnen wirken?

Die Ergebnisse begründen Zweifel an Kampagnen, die lediglich eine Fleischreduktion postulieren.

  • reine Reduktionsziele werden offenbar besonders oft nicht erreicht. Demgegenüber scheint das Ziel des Verzichts ein stärkerer Anreiz zu sein, um dies Ziel auch tatsächlich zu erreichen.

Psychologisch mag sich dies dadurch erklären, dass ein Verzichtsziel ein starkes Ziel ist, was mit einem hohen Grad an angestrebter Verpflichtung verbunden ist. Dies erhöht die Bemühungen, das Ziel zu erreichen.

Reine Reduktionsziele sind demgegenüber schwache Ziele, die viel Raum für Unverbindlichkeit lassen.

Selbst bei einem klaren Verzichtsziel ist der Weg dann aber in der Regel einer der progressiven Reduktion und des zunehmenden Teilverzichts.

Dies entspricht übrigens auch unseren eigenen Umfragen über die Jahre, nach denen fast alle vegan lebenden Personen vor ihrem Schritt zum veganen Lebensstil zur vegetarischen Ernährung gewechselt hatten.

Progressive Reduktion und Teilverzicht sind demnach wichtige Komponenten auf dem Weg zur veganen Lebensweise, wobei das Verzichtsziel aber bereits am Anfang vorhanden sein sollte, um ausreichend zu motivieren.

Empfehlungen

Es ergeben sich aus diesen Überlegungen folgende Empfehlungen:

  • wenn immer möglich sollte das Ziel des kompletten Verzichts auf tierische Lebensmittel vermittelt werden. Mit Unterstützung bei der Erreichung dieses Zieles bestehen so besonders hohe Aussichten, dass ein Wechsel zur pflanzenbasierten Ernährung gelingt.
  • wenn eine fleischessende Person in keiner Weise für die vegane Lebensweise zu gewinnen ist, mag als Kompromissziel die vegetarische Lebensweise vereinbart werden, die ebenfalls ein Verzichtsziel darstellt (kein Fleisch und Fisch). Ist dies Ziel erreicht, kann zum veganen Ziel übergegangen werden.
  • nur wenn es aussichtslos ist, ein Verzichtsziel im Sinne von vegan oder vegetarisch zu etablieren, mag versucht werden, wenigstens Fleischreduktion als Ziel zu vermitteln, auch wenn dies relativ oft erfolglos ist. Es mag jedoch für einzelne dennoch der erste Schritt sein, um zu einem echten Verzichtsziel zu gelangen und so den Schritt zur pflanzenbasierten Ernährung zu tun.

Zwei Fehler vermeiden

Somit gibt es zwei mögliche Fehler, die wir machen können, wenn wir Menschen für die pflanzenbasierte Ernährung gewinnen wollen:

  • "zu geringe Ziele setzen" im Sinne eines falschen Strebens nach Kompromiss, weil wir irrtümlich denken, so wäre mehr zu erreichen. Wann immer es möglich scheint, sollten wir an Verzichtszielen (vegan werden etc.) arbeiten und nicht an reinen Reduktionszielen
  • Mangel an Geduld bei der Zielerreichung, die oftmals dann tatsächlich schrittweise erfolgt. Hier ist es wichtig, kontinuierlich Motivationsarbeit zu leisten und Unterstützung zu geben.

Entnutzung als Ziel

In Anbetracht des unermesslichen Tierleides, der drohenden Klimakatastrophe und der massiven Umweltzerstörung, die mit der Nutztierhaltung einhergeht, ist es eine zentrale Aufgabe, Menschen auf den Weg zur pflanzenbasierten Ernährung zu bringen und sie auf diesem Weg bis zum veganen Ziel zu begleiten.

Hierbei müssen wir uns sowohl vor falschen und nur scheinbar leichten Kompromissen ("iss einfach nur ein Drittel der Portion") wie auch vor Mangel an Geduld auf dem Weg zum Ziel hüten.

Reduktionsziele sind im Übrigen nicht nur offenbar weniger wirksam, sondern sie können auch bedenkliche ethische nebenfolgen haben, indem Bewertungen anregen, wie "wenn ich weniger Fleisch esse, ist Fleisch essen in Ordnung". So erfolgt über das Reduktionsziel eine Normalisierung des Fleischkonsums, was sich paradoxerweise im Einzelfall sogar so auswirken mag, dass weder der Weg zur Reduktion noch der Weg zum Verzicht gegangen wird.

Solche Effekte sind auch immer wieder beim sogenannten Bio-Fleisch oder den angeblich glücklichen Hühnern zu beobachten:

  • allein der Verweis auf Biofleisch oder glückliche Hühner, führt zu einem Normalisierungsprozess, der von Fleisch und Eierkonsumenten als entlastend erlebt wird.
  • so kann letztlich sogar der Gedanke an Biofleisch oder "glückliche Hühner" genügen, das Gewissen zu beruhigen, selbst wenn man selbst konventionelles Fleisch verzehrt und die Hühner, deren Eier man isst, alles andere als glücklich waren.

Im Vordergrund der veganen Argumentation sollte daher immer eine konsequente Philosophie der Entnutzung stehen, um Normalisierungs- und Legitimierungseffekten der Tierausbeutung entgegenzuwirken.

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