Veganz Insolvenz: Folgen des veganen Trends?

Veganz Insolvenz: Folgen des veganen Trends?

Die Supermarktkette Veganz befindet sich in einer Planinsolvenz.Die die Supermärkte betreibende Veganz Retail GmbH hat nach Medienberichten im Dezember 2016 beim Amtsbericht in Berlin den Insolvenzantrag gestellt. Womöglich werden alle Veganz-Supermärkte außerhalb Berlins letztlich geschlossen werden. Demgegenüber sollen die veganen Supermärkte in Berlin nach Angaben von Jan Bredack, dem Gründer der Veganz-Supermarktkette, offenbar erhalten bleiben. Sie arbeiteten profitabel.

Die Veganz GmbH, das „Mutterunternehmen“, welches im Großhandel arbeitet und zahlreiche bundesdeutsche Supermärkte mit veganen Produkten bedient, ist von der Insolvent aber offenbar nicht betroffen. Es konnte seinen Umsatz 2016 im Vergleich zum Vorjahr 2015 sogar auf 50 Millionen Euro verdoppeln. Es soll sich weiterhin auf die breite Verfügbarkeitsmachung von veganen Produkten in nicht-veganen Supermarktketten, aber auch in der Gastronomie, konzentrieren.

Nicht vegane Supermarktketten greifen auf diese Kooperation zurück, weil sie ihnen offenbar den Einstieg in den veganen Markt erleichtert. Dies entspricht dem Kooperations-Modell, über welches vor Kurzem bei vegan.eu ein eigener Artikel erschienen ist. Demnach könnte eine Kooperation zwischen nicht-veganen, den Lebensmittelmarkt beherrschenden Konzernen und veganen Anbietern die Ausbreitung des veganen Konsums und damit letztlich auch den Veganismus fördern. Die Veganz GmbH scheint genau auf ein solches Modell zu setzen.

Trotzdem stellt sich die Frage, wieso die Idee des rein veganen Supermarktes als ein „Massenkonzept“ nicht aufgegangen ist?

Ein Grund scheint genau in der Entwicklung zu liegen, die aus veganer Perspektive eigentlich erwünscht ist:

Die Nachfrage nach veganen Produkten hat stark zugenommen, so dass zunehmend auch nicht-vegane Lebensmittelgeschäfte und Ketten in diesen Markt eingestiegen sind. Indem vegane Produkte so immer besser verfügbar geworden sind, hat die Motivation der Verbraucher abgenommen, extra in einem rein veganem Supermarkt einzukaufen. Hierzu hat paradoxerweise auch die Veganz GmbH beigetragen, wodurch sie den veganen Konsum unterstützte, aber gleichzeitig die wirtschaftliche Lebensfähigkeit der Veganz Retail GmbH untergraben hat.

So bedauerlich die Schwierigkeiten für vegane Spezialfirmen auch sind, so ist die stärkere Verfügbarkeit von veganen Produkten in nicht-veganen Geschäften dennoch aus veganer Perspektive als ein bedeutsamer Fortschritt zu bewerten. Denn durch diese Produkte wird nunmehr auch den Verbrauchern, die sich bisher nicht für vegan interessierten, immer wieder deutlich gemacht, dass es vegane Alternativen zu den von ihnen gekauften Tierprodukten gibt.

Die reine zur Verfügung Stellung von veganen Produkten wird aber nicht ausreichend sein, um Menschen zur Ersetzung zu bewegen. Aufklärungsarbeit über den Qualcharakter von Nutztierhaltung und der durch sie ermöglichten Produkte ist weiterhin erforderlich. Je stärker es gelingt, das Bewusstsein für den Qualcharakter der Nutztierhaltung und der durch sie ermöglichten Produkten zu schärfen, desto eher dürften die Verbraucher zu den ihnen nun zunehmend überall angebotenen veganen Alternativen greifen.

Vegan lebende Menschen sind keineswegs die Hauptabnehmer veganer Lebensmittel. Ein Großteil veganer Lebensmittel wird vielmehr von noch nicht vegan lebenden Menschen konsumiert. Dies aber macht vegane Spezialmodelle, wie die Veganz-Supermarktkette, anfällig gegenüber der nicht-veganen Konkurrenz.

Für die meisten Menschen gibt es keinen Grund, extra in einen veganen Supermarkt zu gehen, wenn vegane Produkte auch anderswo zu haben sind. Dies mag bedauerlich sein, aber es sind in der Frühphase auf dem Weg zur veganen Gesellschaft gerade die Fortschritte, die rein veganen Geschäftsmodellen das Leben erschweren.

Die Veganz GmbH ist optimistisch, weiterhin die Ausbreitung des veganen Marktes unterstützen und entsprechend auch selbst als Firma davon profitieren zu können. Dies mag für eine weitere Wegstrecke der Fall sein. Sollte sich vegan aber immer mehr durchsetzen, ist davon auszugehen, dass letztlich die großen Lebensmittelkonzerne alles in ihre eigenen Hände nehmen werden. Dann könnte auch für das Geschäftsmodell der Veganz GmbH nur noch begrenzter oder kein Raum mehr bleiben.

Aus rein veganer Sichtweise ist dies nicht einmal zu bedauern. Denn ohne den konzertierten Einstieg der großen Lebensmittelkonzerne in den veganen Markt ist eine globale Umsteuerung zugunsten der veganen Lebensweise kaum denkbar. Kleine und mittelgroße Unternehmen werden dies allein nicht leisten können.

Für viele Veganer und Veganerinnen hat es sicherlich einen bitteren Beigeschmack, dass ausgerechnet die großen Lebensmittelkonzerne, denen berechtigt Ausbeutung vorgeworfen wird, die Wende bringen sollen. Wird aber ein Einstieg der großen Konzerne in den veganen Markt nicht gewünscht, wäre das ohnehin visionäre Ziel einer zunehmend veganen Gesellschaft - jedenfalls unter den gegenwärtigen Bedingungen von Ökonomie und Lebensmittelproduktion - nicht erreichbar.

Um nicht die großen Konzerne, sondern zu ihren Überzeugungen stehende Unternehmen und Projekte zu fördern, haben Veganer weiterhin die Wahl, in kleinen veganen Geschäften einzukaufen oder ihre Produkte über das Internet von veganen Spezialanbietern zu beziehen. Je mehr sie dies tun, desto eher wird auch dieser besondere Markt erhalten bleiben. Die große Masse der Verbraucher wird hierzu aber nicht bereit sein und ein vermehrter Einstieg der großen Lebensmittelkonzerne in den veganen Markt ist daher wünschenswert.

Der Niedergang der Veganz-Supermärkte trägt in sich den Keim der Hoffnung auf weiteres veganes Wachstum. Nicht zu übersehen ist aber auch der Angriff der Fleischlobby gegen das vegane Wachstum, welches diese künftig durch das Verbot werbeträchtiger Begriffe, wie veganes Schnitzel, ausbremsen möchte. Diese Lobby genießt in Deutschland mit Landwirtschaftsminister Schmidt Unterstützung auf der obersten politischen Ebene. Auch hier könnten es die in den veganen Markt einsteigenden großen Lebensmittelkonzerne sein, die mithelfen, den Widerstand gegen diese antivegane Maßnahme nachhaltig zu verstärken.

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