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Werbung für Vegetarismus erzeugt mehr Veganer

Werbung für Vegetarismus erzeugt mehr Veganer

James Waters von der Warwick Business School der Universität Warwick hat kürzlich eine empirische Analyse der Marketingauswirkungen von Kampagnen für eine vegetarische oder vegane Lebensweise durchgeführt. Dabei gelangt er zu mehreren interessanten Schlussfolgerungen:

  • Die Anteil der Vegetarier und Veganer an der Gesamtbevölkerung bewegt sich, trotz eines moderaten Anstiege, seit Jahren in einer relativen Stagnation. Die Gesamtheit der derzeit durchgeführten Kampagnen zu dem, was Menschen essen sollten, führt eher zu einem Stillstand als zu einem sprunghaften Anstieg der verbreitung der vegetarischen und veganen Lebensweise. Unter "Gesamtheit der Kampagnen" werden dabei nicht nur Kampagnen für Vegetarismus, Veganismus und Tierrechte verstanden, sondern ebenso die Gegenkampagnen zur Bewerbung von Tierprodukten, die über sehr viel höhere Geldmittel verfügen. Unter den gegenwärtigen Bedingungen sind demnach, wenn keine bedeutsamen Änderungen der Kampagnenart oder Finanzmittel auftreten, keine grundlegende Veränderungen zu erwarten. Trotzdem sind die für Vegetarismus, Veganismus und Tierrechte durchgeführten Kampagnen wirkungsvoll, da ohne diese Kampagnen eine Abnahme der Anzahl der Vegetarier und Veganer resultieren würde. Die derzeitigen Kampagnen erhalten insofern vorwiegend den Status Quo, oder etwas optimisitscher formuliert tragen sie zu einer leichten Aufwärtsentwicklung bei, die sich aber nicht durch eine Sprunghaftigkeit charakterisiert. Von einer dramatischen Zunahme der vegetarisch oder vegan lebenden Menschen kann keine Rede sein, realistisch betrachtet wird diese wohl lieber herbeigeredet als dass sie Wirklichkeit wäre.
  • Kampagnen, die für eine vegetarische Ernährung eintreten, erhöhen die Anzahl der Vegetarier, indem Fleischesser zur vegetarischen Lebensweise wechseln. Gleichzeitig erhöhen Kampagnen für eine vegetarische Ernährung aber auch den Anteil der vegan lebenden Personen. Diese Erhöhung der Anzahl vegan lebender Personen durch Kampagnen für Vegetarismus ergibt sich dabei weniger durch einen direkten Wechsel vom Fleischkonsum zum Veganismus als durch einen Wechsel von der vegetarischen zur veganen Lebensweise. Weil Kampagnen für eine vegetarische Lebensweise die Anzahl der Vegetarier erhöhen, tragen sie also ebenfalls dazu bei, dass ein Teil dieser neuen Vegetarier in einem weiteren Schritt sich für die vegane Lebensweise entscheidet. Kampagnen, die für Vegetarismus eintreten, sind also ebenfalls für die Verbreitung der veganen Lebensweise effektiv.
  • Kampagnen, die für eine vegane Lebensweise werben, erhöhen stärker als Kampagnen, die für eine vegetarische Lebensweise werben, den Anteil der Personen, die direkt von einer Mischkost mit Fleisch zu einer veganen Ernährung wechseln. Von diesen Neu-Veganern bleibt allerdings ein bedeutsamer Anteil nicht vegan, sondern wird letztlich zu Vegetariern. Kampagnen für eine vegane Ernährung erhöhen dadurch nicht nur die Anzahl der Veganer, sondern ebenfalls die Anzahl der Vegetarier.

Aus veganer Perspektive ist die Erhöhung der Anzahl der vegan lebenden Menschen ein prinzipielles Ziel. Immer mehr Befunde weisen mittlerweile darauf hin, dass die Erhöhung der Anzahl vegan lebender Menschen insbesondere auch über die Erhöhung der Anzahl vegetarisch lebender Menschen zu erreichen ist. Auch unsere eigenen Umfragen von vegan.eu und Gleichklang.de haben konsistent gezeigt, dass die große Mehrheit der Veganer zunächst vegetarisch lebte, bevor sie zur veganen Ernährung wechselten. Die wenigen, die sofort zur veganen Ernährung wechselten, kennzeichneten sich durch einen geringeren Strengegrad der vegane Ernährung. Dies ist konsistent mit den Beobachtungen von Waters, dass ein Teil der Personen, die von omnivor zu vegan wechseln, später Vegetarier werden.

Wenn die Zielstellung, die Anzahl der Veganer zu erhöhen, zugrundegelegt wird, sind Kampagnen, die für eine vegetarische Ernährung plädieren aus veganer Sichtweise zu begrüßen, da diese im Nebeneffekt dazu führen, dass neu gewonnene Vegetarier später zu einer veganen Ernährung wechseln. Wenn es also darum geht, die Anzahl der vegan lebenden Menschen wirklich zu erhöhen, sollten sich Veganer nicht gegen pro-Vegetarismus-Kampagnen sperren. Aber auch reine vegan-Kampagnen sind effektiv und können den direkten Wechsel zur veganen Lebensweise unterstützen, auch wenn dieser direkte Wechsel nicht immer aufrechterhalten wird und ein Teil der neu gewonnnen Veganer später zur vegetarischen Lebensweise wechselt.

Derzeit befindet sich die Verbreitung der vegetarischen und auch der veganen Lebensweise insofern in der Stagnation, als dass mit den aktuell verfügbaren Maßnahmen keine großen Sprünge erreicht werden und wohl auch nicht erreichbar sind. Neben Bemühungen zur Verbesserung der Finanzmittel stellt sich die Frage der optimalen Strategie.

Die Daten zeigen eindeutig, dass eine Zunahme des Vegetarismus auch zu einer Zunahme des Veganismus führt. Typischerweise ist der direkte Wechsel zu einer veganen Lebensweise von einer fleischbasierten Mischkost selten und in der allergrößten Anzahl der Fälle ist die vegetarische Lebensweise der Zwischenschritt. Allerdings ist es möglich, durch spezifische vegane Kampagnen einen direkten Wechsel zur veganen Lebensweise anzuregen, wobei aber ein Teil der neu gewonnen Veganer die vegane Lebensweise nicht aufrechterhält und beispielsweise zu Vegetariern wird – zu schweigen von denen, die wieder anfangen, Fleisch zu essen. Außerdem ist zu berücksichtigen, dass rein vegane Kampagnen gegebenfalls einen Teil der Fleischesser nicht erreichen, die aber durch eine vegetarische Kampagne erreichbar gewesen wären.

Es liegen derzeit keine belastbaren Daten vor, die die Beantwortung der Fragestellung erlauben würden, ob die Anzahl der neuen Veganer letztlich langfristig stärker durch vegetarische oder durch vegane Kampagnen erhöht werden würde. Vor dem Hintergrund der Sachlage, dass in der Regel Veganer zunächst vegetarisch waren, erscheint aber aus theoretischen Gründen eine komplexer-gestufte Werbekampagne als besonders aussichtsreich, bei der die Notwendigkeit zum Fleischverzicht betont und gleichzeitig die Möglichkeit und der Sinn eines späteren Wechsels zum Veganismus in den Fokus gerückt werden würden. Zusätzlich könnten sich vegane Kamnpagnen spezifisch an Vegetarier wenden, um diese für die vegane Lebensweise zu erreichen.

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Auch inhaltlich gibt es für Veganer Gründe, bei Fleischessern mindestens für einen Wechsel zur vegetarischen Lebensweise zu werben. Denn Vegetarier und Veganer teilen – auch dies zeigen Befragungen – ihre Besorgnis um das Wohlergehen der Tiere und die durch die Nutztierhaltung bedingte Umweltzerstörung. Der Schritt zum Fleischverzicht ist auch aus veganer Sichtweise als ein bedeutsamer Schritt in die richtige Richtung zu betrachten, der anerkannt werden sollte, ohne aber damit innezuhalten, den Wechsel zur veganen Lebensweise als weiteren folgerichtigen Schritt zu propagieren.

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