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Nicola Welp: Seit 21 Jahren für die Einheit von Veganismus und aktivem Tierschutz

Nicola Welp: Seit 21 Jahren für die Einheit von Veganismus und aktivem Tierschutz

Nicola Welp hat die Pferdehilfe Sonnenhof in Haltern am See begründet, mit der sie sich für den Schutz und die Rechte von Pferden und gegen ihre Degradierung zu Sportgeräten einsetzt.

Bereits als Kind entwickelte Nicola Welp eine innige, auf Wertschätzung und Respekt beruhende Beziehung zu Tieren. So gelangte sie bereits im frühen Alter von 15 Jahren zur veganen Lebensweise.

In der veganen Lebensweise sieht Nicola Welp die Möglichkeit, ohne unauflösbare Widersprüche und Ausblendungen, den Einsatz für Tier, Mensch und Umwelt miteinander zu verbinden. Wie wohl allen sich bewusst vegan ernährenden Menschen, sind ihr Mangelerscheinungen dabei unbekannt geblieben.

Erfreulicherweise beobachte Nicola Welp in den letzten Jahren eine deutliche gesellschaftliche Veränderung im Sinne einer größeren Akzeptanz für den Veganismus. Während sie in den Anfangsjahren oftmals auf Ignoranz und Ablehnung stieß, erhält sie nunmehr vorwiegend positive Rückmeldungen, auch von nicht vegan lebenden Menschen.

Nicola Welp plädiert für einen konsequenten, aber verständnisvollen Umgang mit Tierschützern, die nach wie vor nicht vegan leben. Denn immer wieder hat sie es erlebt, dass Menschen, die zunächst nicht für die vegane Lebensweise bereit waren, zu einem späteren Zeitpunkt doch zu Veganern oder Veganerinnen wurden. Umso wichtiger ist es nach ihrer Überzeugung, Menschen nicht zu verschrecken, sondern positiv für den Veganismus zu motivieren.

Nicola Welp steht für konsequenten Tierschutz, den Einsatz für Tierrechte und für die vegane Lebensweise. Ganz besonders engagiert sie sich für die Pferdehilfe Sonnenhof. Es geht ihr darum, einzelne Pferde aus Not und Vernachlässigung zu retten, ihnen eine Entfaltung ihres eigentlichen Wesens zu ermöglichen und damit gleichzeitig den Menschen deutlich zu machen, wie sehr wir diese Tiere missbrauchen, anstatt ihnen ein pferdewürdiges Leben zu ermöglichen.

Im Interview mit vegan.eu berichtet Nicola Welp von ihrer Tierschutz- und Tierrechtsarbeit, ihren Erfahrungen mit der veganen Lebensweise und ihrer Arbeit bei der Pferdehilfe Sonnenhof.

Die Pferdehilfe Sonnenhof ist übrigens immer dankbar für dringend benötigte Unterstützung in Form von Geld- und Sachspenden. Leser und Leserinnen von Vegan.eu, die Hilfe leisten möchten, seien gebeten, sich mit Nicola Welp unmittelbar per Email in Verbindung zu setzen: info@pferdehilfe-sonnenhof.de

Interview mit Nicola Welp

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Was machst du und wer bist du?

Wer bin ich – um es kurz zu sagen: einfach nur ein Mensch, der leben, wachsen und lernen möchte und seinem Leben dabei einen Sinn geben möchte. In meinem Leben dreht sich Nichts um Karriere oder Wohlstand, weil ich damit nicht viel anzufangen weiß. Für mich war recht früh klar, dass ich einen sinnvollen, wohltuenden Grund brauche morgens aufzustehen. Ich möchte frei atmen können, für mich selbst und andere. Also folgt aus diesem Bedürfnis wohl mein „was machst Du“ – mein Tun. Ich bin Tierrechtlerin mit Leib [&] Seele. Neben der aktiven Arbeit im Bereich Tierrecht [&] Veganismus betreibe ich ein Heim für versehrte Pferde. Genau dafür bin ich geschaffen, ein anderes Leben wäre eine Vergewaltigung meiner selbst.

Wie bist du zum Tierschutz gekommen?

Ich bin teilweise auf einem Hof mit Tieren aufgewachsen und habe von klein auf eng mit Tieren zusammen gelebt. Sie waren immer meine besten Freunde – zumindest glaubte ich fest daran. Das war allerdings nicht der Grund, warum ich beim Tierschutz [&] Tierrecht gelandet bin, sondern höchstens der Wegbereiter der Erkenntnis durch Erleben. Ich habe Tiere erlebt, ihre Freude, ihre Bedürfnisse, ihr Leiden, ihre Kommunikation, ihren Willen, ihre Natur und ihr ganzes Sein. Als Kind erobert man diese Welt ganz selbstverständlich – wenn man denn gelassen wird. Daraus resultiert nicht nur Tierliebe. Daraus resultiert im besten Falle Respekt.

Dieser gefühlte Respekt gegenüber dem Tier brachte mich im Alter von 13 Jahren zum Tierschutz und im Alter von 15 Jahren dann zum aktiven Tierrecht und zum gelebten Veganismus. Der Beginn war für mich eine sehr schwere Zeit. Raus aus der Kindheit und rein in eine Welt, die einem Schlachtfeld gleicht. Ich stand als 15-jährige Veganerin innerlich in einer Blutlache und wusste nicht wirklich, wohin mit meiner Wut und meinem Entsetzen. Das ist nun 21 Jahre her. Zu diesem Zeitpunkt war Veganismus nicht gerade bekannt oder auch nur annähernd toleriert. Ich war wie ein Alien auf einem für mich falschen, grausamen Planeten und musste lernen, damit zu leben um für etwas zu arbeiten.


Du engagierst dich für den Pferdeschutz. Kannst du dazu etwas mehr erzählen?

Die Pferdehilfe Sonnenhofist ein gemeinnützig anerkannter Verein, den ich zusammen mit meinen Mitstreitern vor ein paar Jahren gegründet habe. Ich war bis zu diesem Zeitpunkt schon über 10 Jahre im aktiven Pferdeschutz tätig, aber nicht mit einem Verein. Irgendwann war es an der Zeit, diesen nächsten Schritt auch zu gehen. Ich könnte jetzt sicherlich glatt ein Buch schreiben, was genau wir tun und warum, aber ich versuche, mich kurz zu fassen. Wer detaillierte Infos zum unserem Tun und unseren Zielen haben möchte, der schaue sich unsere Homepage in Ruhe an.

Die Pferdehilfe hat zwei Arbeitsfelder:

1. Aktive Pferdehilfe [&] Schutzhofarbeit durch vereinseigene Pflegestellen

2. Gesellschaftliche [&] politische Arbeit für die Rechte der Pferde (aufklären, informieren, aufdecken)

Schutzhofarbeit:

Neben den bereits vorhandenen Dauerpflegeplätzen für versehrte Pferde (meistens sog. „kaputte Sportgeräte“), die bis zu ihrem letzten Tag bei uns bleiben, wollen wir in Zukunft noch mehr Notpflegestellen einrichten können. Oftmals scheitert die Rettung oder Beschlagnahmung von Pferden an nicht vorhandenen Pflegeplätzen. Es gibt keine Tierheime für Pferde in Not. Bisher leben die von uns betreuten und finanzierten Pferde auf zwei Pflegestellen.

Gesellschaftliche [&] politische Arbeit:

Praktischer Tierschutz ist eng verknüpft mit einem Bildungsauftrag, den wir in Zusammenarbeit mit Fachleuten auch wahrnehmen wollen. Es soll die Möglichkeit geschaffen werden, Weiterbildung im Bereich "Umgang, Pflege, Gesundheit und Haltung" von Pferden zu bieten.

Weiterhin sehen wir es als unsere Aufgabe an, die Grausamkeit im Pferdesport zu beleuchten –ohne Kompromisse auf Kosten der Tiere und ganz sicher ohne Rücksicht auf die Befindlichkeiten von Menschen, die lieber nicht genannt werden wollen, wenn es darum geht mit systematischer Tierschinderei in Verbindung gebracht zu werden. Die Dinge deutlich beim Namen zu nennen und dem Pferdesport schonungslos den Spiegel vorzuhalten, ist kein niedliches Hobby. Effektive Aufklärungsarbeit braucht Mut zur Wahrheit – und die ist mitunter ein Schlachtfeld. „Den Finger in die Wunde legen“ gehört für uns dazu.


Welche Beziehung besteht deiner Ansicht nach zwischen Tierschutz und veganer Lebensweise?

Tierschutz ist „direct action“. Die Rettung vor dem sicheren Tod, die Betreuung und die Sorge dafür, dass weder weiter gequält noch vernachlässigt wird. Diese wichtige Aufgabe betreiben und unterstützen wir jeden Tag mit dem Ziel, Leben wieder lebenswert zu machen. Dennoch muss immer wieder deutlich gesagt werden: Tierschutz allein reicht nicht aus, er bekämpft lediglich die Symptome eines falschen Umganges mit Tieren. Tierschutz allein bleibt ein Fass ohne Boden, wenn wir uns weigern, die Ursachen zu betrachten und die eigentlichen Probleme zu erkennen, nämlich die ethisch-moralische Fehlentwicklung unserer Gesellschaft.

Die Ursache liegt begraben unter einem Berg von moralischen Bewertungen, ethischem Fehlverhalten und einer Gesellschaft, die daran gewöhnt wurde, die Tatsache hinzunehmen, dass der Konsum über der Moral angesiedelt ist. Fortschritt und Wandel im sogenannten „moralischen Denken“ an sich ist jedoch auch Teil unserer Lebensgemeinschaften, man muss es nur fordern und fördern. Anschauliche Beispiele sind hier zum Beispiel die wachsende Ächtung der Sklaverei, der stetige Rückgang rassistischer Betrachtungsweisen oder auch die Veränderung in der Diskussion um Frauenrechte etc. und letztlich auch die wachsende Erkenntnis, dass Tiere leidensfähige Wesen sind.

Jeder kleine Schritt dieser Veränderungen ist die Folge hart umkämpfter Werte und zeigt uns: Ethik ist unteilbar. Hart erkämpfte Moral ist aber nun einmal wertlos, wenn sie nicht umgesetzt wird. Daher ist die schwierigste Aufgabe die der „praktizierten Ethik“.

Damit kommen wir zu dem Punkt, dass gelebter Tierschutz ohne gelebten Veganismus nicht vollständig sein kann. Wir benötigen den Tierschutz, um helfen zu können. Die Tiere aber brauchen das Tierrecht, um in Zukunft als das respektiert zu werden, was sie sind. Sie sollten nicht nur Schutz erfahren, sondern Gerechtigkeit.

Was sagst du anderen Tierschützern, die weiterhin Fleisch, Milch und Eier essen?

Ich versuche nicht, zu schnell zu verurteilen, weil ich viele wunderbare Tierrechtler und Veganer in den letzten 21 Jahren kennen gelernt habe, die eben einen anderen Weg hinter sich haben und zu einem anderen Zeitpunkt zum Veganismus kamen. Jeder hat seine Zeit und seine Entwicklungsphase. Es wäre schade, wenn ich Menschen verprellen würde, die vielleicht in ein paar Jahren wunderbare (vegane) Tierrechtsarbeit leisten werden. Ganz wundervolle Menschen treffe ich da und sie sind auf dem Weg. Man muss sich als nicht veganer Tierschützer selbst sehr in Frage stellen und in einen tiefen Abgrund schauen können, um zu realisieren, dass man immer noch Konsument auf einem blutigen Schlachtfeld ist. Das ist schwer und kostet Kraft. Ich werde nur dann ärgerlich, wenn ich Menschen vor mir habe, die genau wissen, was sie da tun, und mir dann grinsend ins Gesicht sagen: „Naja, wir können ja nicht die Welt retten, ich bin ja schon Tierschützer“. Richtig wütend werde ich z.B. bei Tierheimfesten, wo dann Spenden für Hunde gesammelt werden, indem man Schweine vom Grill verkauft. Das ist ein derart stumpfer, niederträchtiger Hochverrat, dass ich mich dann doch nicht mehr im Griff habe. Dann bin ich nicht mehr höflich oder diplomatisch.

Seit wann lebst du selbst vegan und wie geht es dir damit?

Ich lebe seit 21 Jahren vegan und mir geht es blendend. Mangelerscheinungen habe ich nur auf dem Konto meiner Hausbank und mein Rückenproblem habe ich nicht wie oft vermutet aufgrund meiner „seltsamen“ Ernährung, sondern weil mir bei einer Tierrechtsaktion mal ein höflicher Gegner eine Eisenstange ins Kreuz gejagt hat. Den Rest besorgt wohl das fortschreitende Alter.

Was sind deine Erfahrungen mit nicht vegan lebenden Menschen? Was denken und sagen sie über den Veganismus?

Meistens gut, manchmal eher amüsant. Zu Beginn meiner veganen Lebensweise waren die Reaktionen geradezu erschreckend. Es hat mich zutiefst schockiert, wie stumpf und abwertend die Menschen dahingehend waren und wie klein und überschaubar der Kreis der Gleichgesinnten. Ich musste mich immer und ständig erklären, obwohl ich der Auffassung war, dass sich eher „die anderen“ erklären sollten. Es gab sogar Zeiten, da habe ich mich von den Menschen sehr entfernt, ich wollte einfach Nichts mehr mit der Gesellschaft zu tun haben, in der ich lebte. Es hat Zeit und inneres Wachstum gebraucht um zu erkennen, dass ich Nichts für Tiere erreiche, wenn ich mich zurückziehe.

Heute gehe ich gelassen damit um und die unglaubliche Entwicklung bis hin zur jetzigen Popularität des Veganismus ist einfach nur wunderbar zu beobachten. Ich brauche heute kaum noch erklären, warum ich so lebe, wie ich lebe. Veganismus ist auf dem besten Weg, in der Mitte der Gesellschaft anzukommen. Dementsprechend sind auch die Reaktionen heute anders. Das genieße ich sehr.

Ich glaube, die Menschen verstehen mehr und mehr, was sich dahinter verbirgt und wie umfassend die vegane Lebensweise Tieren, Menschen und der Natur helfen kann. Amüsante Ausfälle gibt es hin und wieder: „Was isst man denn dann so?“ – meine Lieblingsfrage.


Was können Leserinnen und Leser von vegan.eu tun, um deinen Verein zu unterstützen?

Wir freuen uns natürlich über Menschen, die für einen unserer Schützlinge eine Pferdepatenschaft übernehmen, um Teil der Hilfe zu sein. Pferde kosten viel Arbeit und viel Geld. Weiterhin sind Sachspenden eine wundervolle Möglichkeit. Es wird immer viel gebraucht und man kann bei uns immer erfragen, an was es grade wieder mangelt. Wir haben eine große Verantwortung und manchmal ist die Last der langfristigen Finanzierung eines solchen Projektes eine kraftraubende und gefährdende Hürde für unsere Arbeit. Reiter haben halt eine gut bezahlte Lobby, Pferde nicht! Das Pferd ist: Freizeitgestaltung, Freund, Kriegswaffe, Sportgerät, Arbeitstier, Luxusartikel, Zuchtmaschine, Spekulationsobjekt, Wegwerfware und Fleischlieferant. Das Pferd ist ein Opfer des Missbrauches. Es wäre schön, wenn viele Menschen selbst ein kleiner Teil der Hoffnung sein wollen und uns beim Helfen helfen. Wie sagte schon Albert Schweizer: „Wo immer ein Tier in den Dienst des Menschen gezwungen wird, gehen die Leiden, die es erduldet, uns alle an“.


Hast du noch weitere Pläne oder Träume für die Zukunft?

Es gibt ein Meer an Möglichkeiten. Ich würde gerne ein Hofprojekt in Angriff nehmen, welches jetzt noch den Rahmen des Machbaren sprengen würde. Ein großes Reservat für Pferde, die so frei wie möglich leben können, damit man den Menschen deutlicher zeigen kann, wer Pferde sind und wie sie leben, wenn wir sie nicht daran hindern. Ihr Wesen und ihre Natur verdient es endlich, gesehen zu werden. Das schulde ich ihnen. In so einem Zentrum könnte man wunderbar den Veganismus wie auch das Tierrecht praktisch vorstellen – als Einheit mit dem Sein und Werden. Ansonsten ist der Plan, jeden Tag zu wachsen und zu lernen, zu lieben und dankbar zu sein für das, was ich habe. Gesund bleiben ist ein demütiger Wunsch obendrauf. Ach ja, und last but not least, gerne ein Buch schreiben und hin und wieder das Meer sehen. Thats it.

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