Aktuelle US-Stellungnahme bestätigt positive Position zu vegetarischer und veganer Ernährung

Aktuelle US-Stellungnahme bestätigt positive Position zu vegetarischer und veganer Ernährung

Soeben hat die weltweit größte Vereinigung akademisch ausgebildeter Ernärungsexperte, die US-amerikanische Academy of Nutrition and Dietetics erneut eine umfassende aktualisierte Stellungnahme zur wissenschaftlichen Bewertung vegetarischer und veganer Ernährungsweisen veröffentlicht. Die neue Stellungnahme behält die positive Position der Academy of Nutrition and Dietetics (damals noch American Dietetic Association) 2009 gegenüber vegetarischer und veganer Ernährung vollauf bei.

In der abschließenden Bewertung wird festgehalten, dass das Bewusstsein über die Möglichkeiten pflanzenbasierter Ernährungsweisen in den USA zunehme und dies durch Regierungsorganisationen und vegetarische Organisationen verstärkt werde. Zu beobachten sei auch eine starke Zunahme des Angebots an pflanzenbasierten Produkten.

Gut geplante vegetarische und vegane Ernährungsweisen seien angemessen für alle Altersstufen und Entwicklungsphasen des Menschen. Sie könnten das Wohlbefinden fördern und zur Prävention und Behandlung von Erkrankungen eingesetzt werden. Zwar möge es sein, dass Vegetarier (Anm: verwandt als Oberbegriff für die verschiedenen vegetarischen Lebensformen, einschließlich der veganen Ernährung, sieher Erläuterung unten) häufiger Mängel bei einigen Nährstoffen, wie Vitamin B12, aufwiesen, aber Nährstoffdefizite seien in den westlichen Industrieländern nicht die Hauptursache für Erkrankungen oder Todesfälle. Vielmehr würden Vegetarier ein geringeres Risiko für die hauptsächlichen krankheitsbezogenen Todesursachen aufweisen, einschließlich Herzerkrankungen und einiger Krebserkrankungen. Zudem seien fleischfreie Ernährungsweisen gut für die Umwelt, was ein starkes Motiv für den Wechsel zu einer pflanzenbasierten Ernährungsweise sein könne.

Wir fassen wesentliche Aspekte der Stellungnahme zusammen:

Die Academy of Nutrition and Dietetics verwendet die Begriffe vegetarisch, Vegetarier und Vegetarismus als Oberbegriffe für verschiedene vorwiegend pflanzenbasierte Ernährungsweisen. Grundsätzlich sei eine vegetarische Ernährung fleischfrei, auch fischfrei, könne aber Eier oder Milchprodukte enthalten. Ovo-vegetarische Diäten beinhalteten Eier, aber keine Milchprodukte. Ovo-lacto vegetarische Diäten beinhalten Eier und Milch. Vegane Diäten beinhalteten keinerlei Tierprodukte, also auch keine Eier und keine Milch. Roh-vegane Ernährungsweisen beinhalteten ausschließlich rohe, nicht-gekochte pflanzliche Lebensmittel, wie Früchte, Nüsse, Sämereien oder Gemüse. Erwähnt ebenfalls beinahe vegetarische Ernährungsweisen, wie die makrobiotische Ernährungsweise, die Fisch, aber kein Fleisch erlaubten, sowie semi-vegetarische Ernährungsweisen, die sich im wesentlichen durch eine pflanzliche Kost auszeichneten, bei denen aber gelegentlich auch Fleisch gegessen werde. Aus unbekannten Gründen unerwähnt bleiben lacto-vegetarische Kostformen, die Milchprodukte, aber keine Eier beinhalten, obwohl diese beispielsweise in Indien durchaus häufig zu beobachten sind.

Die Schlussfolgerungen beziehen sich typischerweise auf vegetarische Ernährungen im allgemeinen, wobei sie sich in diesem Fall auf alle verschiedenen vegetarischen Ernährungsweisen beziehen. Ebenfalls werden aber an verschiedenen Stellen insbesondere Besonderheiten der veganen versus anderer vegetarischer Ernährungsweisen benannt. Ausdrücklich auch für die vegane Ernährungsweise gilt die Feststellung der Angemessenheit für alle Alters- und Entwicklungsstufen.

Bezüglicher möglicher kritischer Nährstoffe werden Sorgen über eine unzureichende Proteinversorgung bei vegetarischer oder vegane Ernährung als unbegründet zurückgewiesen. Pflanzenbasierte Ernährungen könnten eine ausreichende Versorgung mit Protein hoher Qualität gewährleisten. Wichtig sei eine vielfältiger Ernährung, beispielsweise unter Einschluss von Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten, wobei aber nicht bei einer einzelnen Mahlzeit eine Kombination verschiedener Eiweiße vorliegen müsse, sondern eine variationsreiche Ernährung genüge.

Omega-3-Fettsäuren könnten bei vegetarischer und veganer Ernährung hinreichend aufgenommen. Wichtige Quellen seien Chia-Samen, Walnüsse, Sojaöl oder Rapsöl. Vegetarier würden aber geringe Plasmakonzentrationen an EPA und DHA aufweisen, wobei eine ausreichende Konsummenge während Schwangerschaft, Kindheit und im hohen Alter wichtig sei. Gegebenenfalls sei eine Supplementierung zu erwägen. Abweichend kommt hier allerdings eine neuere Übersichtsarbeit von Sanders zu der Schlussfolgerung, dass eine Notwendigkeit einer EPA und DHA Supplementierung bei veganer Ernährung nicht belegt sei (siehe hier).

Bezüglich Eisen wird festgestellt, dass in der Regel eine höhere Eisenaufnahme b Vegetariern vorliegt als notwendig. Eisenmangel werden nahezu nie bei Vegetariern beobachtet. Dennoch könne es bei vegetarischen Kindern, Schwangeren und prämenopausalen Frauen zu einer defizitären Eisenaufnahme kommen. Empfohlen wird der Konsum eisenhaltiger pflanzlicher Lebensmittel, wie Hülsenfrüchten, Rosinen oder auch Zuckerrohrmelasse, am besten gemeinsam mit Vitamin C haltigen Lebensmitteln, wie Organgensaft oder Tomaten. Ergänzt werden kann, dass nach neueren Untersuchungen auch Zwiebeln und Knoblauch die Eisenaufnahme fördern können, was im übrigen auch für den weiteren kritischen Nährstoff Zink gilt (siehe hier).

Bezüglich Zink wiesen Vegetarier und auch Veganer im Regelfall niedrige Blutwerte auf, wobei die Auswirkungen niedriger Zinkwerte in den westlichen Industrieländern unbekannt seien. Wegen vorhandener Inhibitoren der Zinkaufnahme in pflanzlichen Lebensmitteln werde eine um 50% erhöhte Empfehlung der täglichen Zinkaufnahme für Vegetarier ausgesprochen, was gerade für schwangere und stillende Mütter wichtig sei. Bezüglich empfohlener zinkreicher Lebensmittel, wie Hülsenfrüchte, Vollkorngetreide, Pilze oder Nüsse, sei auf eine Aufstellung durch die Vegetarian Ressource Group der Academy of Nutrition and Dietetics verwiesen (siehe hier).

Als weiterer kritische Nährstoff fungiert Vitamin D, wobei geringe Vitamin-D Spiegel bei vegetarischen Kindern und Erwachsenen gefunden worden seien. Es wird empfohlen, die Vitamin D Versorgung durch Auffenthalt im Sonnenlicht, Konsum mit Vitamin D angereicherter Lebensmittel oder durch Vitamin D Supplementierung sicher zu stellen.

Kalzium werde von Vegetariern eher mehr aufgenommen als von Nicht-Vegetariern, aber bei Veganern werde eine durchschnittlich geringere Aufnahme beschrieben. Eine Deckung des Kalziumbedarf sei über Kalziumreiche Lebensmittel, wie Spintat, Hülsenfrüchte oder auch angereicherte Sojamilch sowie mit Kalzium hergestellten Tofu möglich. Es könne auch über eine Supplementierung nachgedacht werden.

Als ein letzter kritischer Nährstoff wird das Vitamin B12 benannt. Unabhängig von der spezifischen Art der vegetarischen Ernährung werde Vitamin B-12 Mangel oft bei einer vegetarischen Ernährung beobachtet, wobei der höchste Anteil bei Veganern bestehe. Herausgestrichen werden mögliche schwerwiegende neurologische Schäden, wenn nicht in Schwangerschaft, Stillzeit und bei der Kleinkindernährung auf eine ausreichende Vitamin B-12 Versorgung geachtet werde. Auch bei Älteren müsse verstärkt auf die Vitamin B-12 Versorgung geachtet werden, wobei eine Supplementierung empfohlen wird.

Die Stellungnahme beschäftigt sich ebenfalls mit möglichen Zusammenhängen zwischen Essstörungen und vegetarischer oder veganer Ernährungsweisen. Es gebe Studie, die eine erhöhte Häufigkeit von Essstörungen bei Vegetariern aufzeigen würden, ebenso geben es Studien, die keine Unterschiede oder sogar weniger Essstörungen bei Vegetariern beobachtet hätten. Bezüglich der Ursachenfrage würden Studien aber zeigen, dass wenn eine Essstörung zusammen mit einer vegetarischen Ernährung bestehe, die Essstörung im Regelfall zuerst aufgetreten sei und die betreffenden Personen dann erst im Rahmen ihrer Essstörung auch zu einer vegetarischen Ernährung gewechselt seien.Keinerlei Evidenz gebe daher dafür, dass eine vegetarische Ernährung zu Essstörungen führen würde. Besonders gefährdet seien aber Personen mit semi-vegetarischer Ernährung, die diese Ernährungsweise vorwiegend aus Gründen der Gewichtskontrolle oder Gewichtsreduktion wählen würden.

Günstige Auswirkungen vegetarischer Ernährungsweisen werden beschrieben für Adipositas (krankhaftes Übergewicht), Herz-Kreislauferkrankungen, Diabetes und Krebserkrankungen. Vegetarische Ernährungsweisen wirkten sich positiv eine Reihe von Risikofaktoren für Herz-Kreiskauferkrankungen aus, wie auf den Blutdruck, die Blutfette und Glukose. Besonders Veganer hätten das geringste Risiko für Bluthochdruck im Vergleich zu Personen mit allen anderen Ernährungsweisen.

Vegetarischer und Veganer hätten ebenfalls ein nur halb so hohes Diabetes II-Risiko, wobei insbesondere die vegane Ernährung im Vergleich zur nicht-vegetarischen Ernährung zu einer starken Risikoreduktion führe. Vegetarische und vegane Ernährung führe zu einer Senkung der Glukose, die vegane Ernährung senke darüner hinaus auf HbA1c – Wert, der einen wichtigen Hinweis dafür geben, wie gut eine Diabetes-Erkrankung unter Kontrolle sei.

Bezüglich Krebserkrankungen wiesen Studien auf eine Absenkung des Krebsrisikos um 26% bei vegetarische und veganer Ernährung, sowie eine Absenkung der Krebssterblichkeit um 9% hin.

Keine Belege gebe es für eine positive Auswirkung einer vegetarischen oder veganen Ernährung auf die Osteoporose. Es geben Hinweise für ein erhöhtes Knochenbruchrisiko bei Veganern, die weniger als 526 mg Kalzium pro Tag aufnähmen. Auch in den Adventistenstudien sei die Knochenbruchrate bei Vegetariern und Veganern erhöht gewesen. Empfohlen wird daher, auf eine ausreichende Kalziumversorgung zu achten.

In der Stellungnahme wird ebenfalls auf ökologische Aspekte einer vegetarischen/veganen Ernährung eingegangen. Herausgestellt wird, dass vegetarische Ernährungsweisen umweltfreundlicher seien als eine Mischkost mit Fleisch (omnivorische Ernährung). Die Fleischerzeugung sei mit einer Reihe von Umweltproblemen verbunden, wie der Verschmutzung von Wasser, Böden und Luft, sowie mit der globalen Erderwärmung. Die Nutztierhaltung gehöre dabei zu den zwei oder drei bedeutsamsten Faktoren für die Verursachung ernsthafter Umweltprobleme und zwar sowohl auf globalem als auch auf lokalem Niveau. Ein weiteres mit der Fleischerzeugung bezogenen Problem stelle die Fütterung von Antibiotika dar, die zur Antibiotikaresistenz beitrage, die zu Millionen Infektionen und vielen Todesfällen führe.

Insgesamt bleibt die Academy of Nutrition and Dietetics bei ihrem bereits 2009 veröffentlichten Standpunkt, dass eine vegetarische und auch vegane Ernährung bei gute Planung angemessene und für alle menschlichen Entwicklungs- und Altersstufen geeignet sei. Sehr deutlich wird, dass es wichtig ist, auf einige kritische Nährstoffe, wie Vitamin B12, Kalzium, Zink, Eisen und Vitamin D zu achten, wobei eine vegetarische und vegane Ernährung sich aber insgesamt günstig auf das Erkrankungsrisiko und/oder Management einer Reihe von schweren Erkrankungen, wie Herzerkrankungen, Diabetes oder Krebserkrankungen auswirken kann.

Zu begrüßen ist, dass die Academy of Nutrition and Dietetics ebenfalls die ökologischen Vorteile vegetarischer Ernährungsweisen herausstellt, wobei allerdings Hinweise auf die Förderung der weltweiten Ernährungssicherheit (soziale Aspekte) wie auch eine angemessene Thematisierung der Reduktion von Tierleid (noch) fehlen. Bei diesen Aspekten und auch bei der Thematik Ökologie wäre zudem eine stärkere Differenzierung zwischen vegetarischen und veganen Ernährungsweisen wünschenswert, da die vegane Ernährung nach vorliegenden Befunden am stärksten die Umwelt schont und zudem Tierleid am effektivsten bekämpft sowie eine besonders hohe weltweite Ernährungssicherheit begründen könnte.

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