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So sieht das soziale Bezugsfeld von Veganern aus

So sieht das soziale Bezugsfeld von Veganern aus

Veganerinnen und Veganer sind in einer besonderen gesellschaftlichen Situation. Nach allen zur Verfügung stehenden Informationen teilen ca. 1 % der Bevölkerung ihre Lebensweise. Tagtäglich sehen sich vegan lebende Menschen mit Verhaltensweisen ihres sozialen Umfeldes konfrontiert, die mit der Grundlage ihrer veganen Überzeugungen unvereinbar sind.

Wie sieht vor diesem Hintergrund das soziale Umfeld vegan lebender Menschen aus? Wie steht es um Familienbeziehungen, Partnerschaften, Freundschaften und Bekanntschaften? Wie stark sind Veganer mit anderen Veganern vernetzt? Wie sehr wirken sich ihre sozialen Beziehungen auf Wohlbefinden und Lebenszufriedenheit aus?

Diesen Fragen sind wir bei vegan.eu in einer neuen Umfrage nachgegangen, an der sich bisher vegan lebende Menschen, unter ihnen 1511 Frauen, 274 Männer, 2 Intersexuelle und 17 Personen, die sich durch keine dieser geschlechtlichen Kategorien beschrieben sahen, beteiligten. Das Alter der Teilnehmenden schwankte zwischen 15 und 83, das Durchschnittsalter betrug 36. Die Rekrutierung erfolgte direkt über unserer Webseite und den Newsletter, den wir versenden, über unsere Facebook-Seite, sowie zum großen Teil über bezahlte Werbeanzeigen auf Facebook. Das Sponsoring für diese Anzeigen hat unser Partnerportal Gleichklang.de übernommen.

Die massive Überrepräsentanz von Frauen im Vergleich zu Männern und den Teilnehmenden ergibt sich einerseits daraus, dass es tatsächlich bei weitem mehr als Frauen als Männer gibt, die vegan leben. Dies ist ein Befund, den wir immer wieder bei vegan.eu festgestellt haben und der sich auch international in nahezu allen Umfragen zeigt. Auf einen Mann kommen mehr als zwei vegan lebende Frauen, dies war ebenfalls das Ergebnis einer bevölkerungsrepräsentativen Befragung der Vegan Society  in Großbritannien. Mit diesmal nur 15 % haben wir besonders wenige Männer erreicht. Trotzdem ist die Zahl genug, um nach gegebenenfalls sichtbar werdenden Unterschieden in den Antworten von Frauen und Männern zu schauen. Für die Gruppen Intersexuell und Andere gilt dies nicht. Allerdings läuft die Umfrage auch fort und wir werden demnächst über weitere Ergebnisse, die über diesen Artikel hinausgehen, berichten.

Es ergaben sich folgende Ergebnisse:

  • Eigene Verwandte: Im Durchschnitt pflegten die befragten Veganerinnen und Veganer über mindestens gelegentlichen Kontakt zu 9 eigenen Verwandten. Bei 61 % der Befragten befand sich unter diesen familiären Kontakten keine einzige andere vegan lebende Person. Bei 21 % gab es eine andere vegane Person in der Familie, bei 11 % sogar zwei und bei 7 % befanden sich drei oder mehr andere vegane Personen unter den eigenen Familienkontakten. Wesentliche Geschlechterunterschiede wurden hier nicht sichtbar, sodass die geschlechterübergreifende Darstellung ausreichend ist.
  • Freundschaften: Im Durchschnitt gaben die befragten Veganerinnen und Veganer an, über 12 Freundschaften zu verfügen. Anders als bei den eigenen Verwandten befand sich bei 67 % der Befragten unter ihren Freunden und Freundinnen mindestens eine ebenfalls vegan lebende Person. Im Durchschnitt gaben die Befragten an, über zwei Freundschaften zu anderen veganen Personen zu verfügen. Ein Drittel der Befragten verfügen über keine Freundschaft zu einer veganen Person. 20 % der Befragten gaben an, über genau eine Freundschaft zu einer veganen Person zu verfügen, 17 % benannten zwei Personen, 10 % drei Personen, 5 % vier Personen und immerhin 15 % gaben an, über fünf oder mehr vegane Freunde oder Freundinnen zu verfügen. Auch im Bereich Freundschaft traten keine nennenswerten Geschlechterunterschiede auf, wobei die Männer über minimal mehr Freundschaften zu anderen vegan lebenden Personen verfügten.
  • Bekanntschaften: Im Durchschnitt verfügten Frauen über 36 und Männer über 45 Bekannte. Die Anzahl ihrer veganen Bekannten benannten Frauen im Durchschnitt mit 2 und Männer mit 3. Bei den anderen Geschlechtergruppen sah es übrigens vergleichbar aus, auch wenn hier die Anzahl der Teilnehmenden zu gering war, um relevante Vergleiche durchführen zu können. Die große Mehrheit der Befragten verfügte über mindestens einen veganen Bekannten oder eine vegane Bekannte. 26 % der Frauen und 23 % der Männer gaben aber an, über keine einzige vegane Bekanntschaft zu verfügen.
  • Bester Freund/bester Freundin: 80 % gaben an, über einen besten Freund oder eine beste Freundin zu verfügen. Bei 20 % war dies eine andere vegan lebende Person, bei 80 % handelte es sich um eine nicht vegan lebende Personen. Relevante Geschlechterunterschiede gab es nicht, auch wenn Männer minimal seltener angaben, überhaupt über einen besten Freund oder eine beste Freundin zu verfügen.
  • Partnerschaft: 64 % der Befragten befanden sich in einer Partnerschaft, 36 % gehörten umgekehrt entsprechend zu den Singles. Diese Prozentzahlen waren bei den befragten Männer und Frauen nach Rundung gleich. Deutliche Unterschiede zeigten sich aber dahingehend, ob der Partner oder die Partnerin vegan lebte. Bei den weiblichen befragten Verpartnerten war dies bei 39 % der Fall, bei den männlichen befragten Verpartnerten war dies demgegenüber bei 60 % der Fall.
  • Wertschätzung veganer Beziehungen: Für Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Bekannte, wurde jeweils anhand einer sechstufigen Skala (sehr wichtig bis völlig unwichtig) gefragt, wie wichtig den Befragten die entsprechenden Beziehungen zu veganen und nicht-veganen Personen waren. Bei Verwandten und Freunden ergab sich für vegane und nicht-vegane Personen ein gerundetes "wichtig" und bei Verwandten ein gerundestes "eher wichtig". Allerdings  waren lag der Durchschnittswert für vegane Personen im Vergleich zu nicht veganen Personen signifikant näher am sehr wichtig (Freundschaften, Verwandte) bzw. am wichtig (Bekannte).
  • Auswirkungen auf seelisch-soziale Zufriedenheit: Die Befragen gaben ebenfalls an, wie sehr sich positiv sozial integriert fühlten, wie glücklich und optimistisch sie seien. Die drei Fragen wurden aufsummiert und es wurde nunmehr statisch geprüft, wie sich das soziale Bezugsnetz auf das Ausmaß der seelisch-sozialen Zufriedenheit auswirkt. Es zeigte sich, dass sowohl die Anzahl von Beziehungen zu Verwandten, Freunden und Bekannte, als auch - zusätzlich - die Anzahl der Beziehungen zu veganen Verwandten und veganen Freunden die Zufriedenheit erhöhen.

Resümee

Veganer und Veganerinnen verfügen im Durchschnitt über ein reichhaltiges soziales Netzwerk an Verwandten, Freunden, Bekannten und Partnern. Hinweise auf eine besondere Tendenz zur sozialen Isolation von Veganern lassen sich aus den Befunden nicht entnehmen.

Bei einem Veganer-Anteil von maximal 1 % an der Gesamtbevölkerung müssten eigentlich vegane Verwandte, Freunde, Bekannte oder Partner statistisch eine Rarität darstellen. Bei den befragten Veganern und Veganerinnen treten sie aber bei weitem häufiger auf, als bei einer Grundrate von 1 % zu erwarten wäre. Veganer und Veganerinnen scheinen demnach ihr soziales Netzwerk gezielt so zu strukturieren, dass sich in diesem häufiger vegan lebende Personen befinden, als bei Zufall zu erwarten wäre. Allerdings wurde in der Umfrage nicht erhoben, inwiefern es sich hier um einen Suchprozess handelt oder inwiefern vegan lebende Menschen bereits vorhandene Kontakte davon überzeugen, ebenfalls vegan zu werden. Tatsächlich dürften beide Prozesse - Suche nach vegan lebenden Menschen und Verbreitung der veganen Lebensweise im eigenen sozialen Umfeld - eine Rolle spielen. Hierauf weisen gerade auch die Befunde zu veganen Verwandten auf, wo offensichtlich eher Überzeugungs- als Suchprozesse eine Rolle spielen.

Sehr deutlich zeigt sich die Tendenz vegan lebender Menschen, sich ein veganes Umfeld zu schaffen,  besonders bei der intimsten hier erfassten sozialen Beziehung, nämlich der Partnerschaft:

39 % der befragten veganen verpartnerten Frauen und sogar 60 % der befragten verpartnerten veganen Männer gaben an, ihr Partner oder ihre Partnerin sei ebenfalls vegan. Bei Zugrundelegung der Grundrate von 1 % in der Bevölkerung weist dies auf eine sehr starke Neigung von vegan lebenden Menschen hin, sich eine andere vegane Person als Partner oder Partnerin zu suchen.

Ist diese Tendenz bei Frauen weniger stark ausgeprägt als bei Männern?

Aller Wahrscheinlichkeit nicht, es gibt aber so viel weniger vegane Männer als Frauen, dass die Chancen des Kennenlernens eines veganen Mannes als Partner für Frauen deutlich geringer sind als die Chancen des Kennenlernens einer veganen Partnerin für Männer.

Die Befunde zeigen außerdem, dass die allgemeine Verankerung in einem sozialen Netzwerk auf Verwandten, Freunden und Bekannten die Lebenszufriedenheit erhöht, auch wenn diese Personen nicht vegan sind. Wir dieser Effekt berücksichtigt, zeigt sich aber darüber hinaus zusätzlich, dass spezifisch vegane Verwandte und Freunde die Lebenszufriedenheit weiter erhöhen können.

Die Schaffung eines veganen sozialen Netzwerk scheint sich demnach spezifisch positiv  auszuwirken. Dies spiegelt sich auch in der subjektiven Wichtigkeits-Einschätzung von Beziehungen zu vegan und nicht-vegan lebenden Personen wider, wobei Beziehungen zu vegan lebenden Personen durch die Befragten als durchschnittlich für sie wichtiger eingestuft wurden, wobei aber auch die Beziehungen zu nicht vegane lebenden Personen wertgeschätzt wurden.

Die Befunde zeigen zusammenfassend, dass vegan lebende Menschen über vielfältige soziale Beziehungen verfügen, die vegan und nicht vegan lebende Personen einschließen. Dabei verfügen Veganer aber über viel mehr vegane Beziehungen, als dies bei einer Grundrate von 1 % Veganer per Zufall zu erwarten wäre. Veganer weisen also ein deutlich vegan geprägtes Umfeld aus, wobei dieser Effekt am stärksten bei Intimbeziehungen (Partnerschaften) sichtbar wird. Das vorhandene soziale Netzwerk fördert die Lebenszufriedenheit der befragten Veganer, wobei sich hier Beziehungen zu vegan und zu nicht-vegan lebenden Personen positiv auswirken, Freundschaften und Verwandten-Beziehungen zu anderen vegan lebenden Personen aber ein besonderes Gewicht zu kommt.

Veganer isolieren sich nach diesen Befunde nicht von ihrer nicht-veganen Umgebung, bauen sich aber zusätzlich ein veganes Umfeld aus, von dem sie profitieren können.

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