Warum vegan?

Argumente für die vegane Lebensweise

Der entscheidende Grund für eine vegane Lebensweise ist die Absicht, Tieren kein Leid zuzufügen und Tiere nicht zu töten. Andere Argumente, wie gesundheitliche, ökologische oder soziale Gründe, mögen die Entscheidung für eine vegane Lebensweise zusätzlich stützen, genügen aber nicht, um einen gänzlich veganen Lebensstil, der die Tötung eines jeden einzelnen Tieres zwecks Konsum- und Nutzungszwecken ablehnt, hinreichend begründen zu können. Die Entscheidung für eine vegane Lebensweise ist insofern eng mit der Überzeugung verbunden, dass Tiere Rechte haben, dass ihr Leben durch uns respektiert und ihnen durch den Menschen kein Leid zugefügt wird.

Die Gründe für eine vegane Lebensweise lassen sich am besten durch die Auseinandersetzung mit möglichen Gegenargumente darlegen:

Als Gegenargument zum Veganismus könnte angebracht werden, dass Tiere ebenfalls Tiere töten, dies insofern natürlich sei.

Dieses Argument ist aber wenig überzeugend: Es gibt Tiere, die andere Tiere töten und es gibt Tiere, die sich rein pflanzlich ernähren. Warum sollten wir uns spezifisch mit denjenigen Tieren gleichsetzen, die andere Tiere töten? Warum wollen wir uns nicht stattdessen an den Pflanzenessern ein Beispiel nehmen? Der wesentliche Unterschied zwischen einem fleischessenden Tier und einem fleischessenden Menschen ist aber, dass der Mensch kein Fleisch essen muss, sondern sich bewusst gegen Fleischkonsum und gegen die Tötung von Tieren entscheiden kann. Nur weil andere Tiere dies weder können noch tun, bedeutet dies nicht, dass wir uns an diesem Verhalten orientieren sollten.

Auch das Natürlichkeits-Argument in sich ist wenig überzeugend: Zum einen lässt sich aus einem Ist-Zustand nicht auf ein Soll schließen. Nur weil etwas ist, ist es darum noch nicht gut. Zum anderen aber gibt es viele natürliche Dinge, die wohl kaum jemand von uns begrüßen oder einfordern würde. So ermöglicht es die Medizin heute, viele Erkrankungen, die früher noch zum Tod führten, zu überleben. Künstliche Gliedmaßen ermöglichen es Menschen, wieder zu gehen. Durch operative Eingriffe und Implantationen können Taube hören. Transsexuelle können ihre äußeren Geschlechtsmerkmale an ihr erlebtes Geschlecht angleichen lassen.

Die kulturelle und wissenschaftliche Entwicklung hat sicherlich auch viele Nachteile und Übel gebracht, aber ebenso Errungenschaften, die nicht deshalb klein zu schätzen sind, weil sie eben nicht quasi bereits von Natur aus gewesen sind. Selbst wenn eine vegane Lebensweise für den Menschen nicht natürlich wäre, könnte sie insofern dennoch gewählt und moralisch gefordert werden.

Vegetarier könnten die Frage stellen, warum denn Produkte, wie Milch, Eier oder Wolle, nicht erlaubt sein sollten, wo doch für diese Produkte die Tiere nicht getötet zu werden bräuchten.

Diese Frage ist nachvollziehbar, aber leider ergibt sich eine negative Antwort: Die Produktion von Milch, Eier und Wolle ist ohne Tierleid und Tiertötung nicht möglich, auch nicht in der Biolandwirtschaft. Um genug Legehühner zu haben, werden die Küken ausgelesen und die 50% männlichen getötet. Die Lebensdauer eines Bio-Huhnes ist 2-3 Jahre, anstatt über 10. Sinkt der Ertrag, werden die Hühner getötet. Vergleichbar ist es bei Kühne, Schafen, Ziegen und allen anderen Nutztieren. Milch gibt ein weibliches Tier im Regelfall nur nach einer Schwangerschaft. Die regelmäßige Schwängerung von Kühen ist notwendig, um sie als Milchproduzentinnen nutzen zu können. Wohin aber mit den männlichen Nachkommen? Sie werden getötet für die Fleischproduktion. Wohin mit der Kuh, wenn ihre Milchmenge nachlässt? Sie wird getötet für den Verzehr. Schafe erleiden beim Scheren nicht selten schmerzhafte Verletzungen. Auch ist der Schock des Einfangens und Festhaltens zur Durchführung des Scherens zu berücksichtigen. Auch ein Wollschaf stirbt nahezu nie einen natürlichen Tod, am Ende wird es geschlachtet, um sein Fleisch zu verkaufen.

Letztlich besteht eine nicht auflösbare Beziehung zwischen der Produktion von Fleisch, Milch, Eiern, Wolle und allen anderen tierischen Produkten. Mit dem Konsum von Milch und Eiern werden in der Gesamtbilanz Tierleid und Tiertötung ebenso gefördert wie mit dem Konsum oder der Nutzung von Fleisch und Lederwaren. Dennoch ist aber Vegetarismus aus veganer Sichtweise als erster Schritt einer Sensibilisierung für Leid und Rechte der Tiere zu betrachten und insofern zu begrüßen, nicht als Endpunkt, aber als Beginn.

Auch mag dargelegt werden, dass es niemals möglich sein wird, keine Tiere zu töten, da der Mensch allein mit seiner Fortbewegung und seinen anderen Aktivitäten unzählige Tötungen unabsichtlich verursacht.

 

In der Tat werden beispielsweise unzählige Insekten zertreten oder verlieren an Autos, Zügen oder Flugzeugen ihr Leben verlieren, menschliche Lichter locken Insekten in den Tod, Vögel prallen an Scheiben, aber auch bei jedem Aufgraben der Erde, ob zwecks Häuserbau oder Rohstoffgewinnung, verlieren unzählige kleinere oder größere Tiere ihr Leben.

Die Darlegungen stimmen, aber die Folgerung daraus geht fehl. Aufgezeigt wird, dass in der Welt, in der wir leben, die Errichtung eines Paradieses nicht möglich sein wird. Selbst wenn es möglich wäre – was nicht möglich ist – dass der Mensch selbst keine Tiere mehr tötet und ihnen auch kein sonstiges Leid zufügt, würden noch immer unzählige Tiere durch andere Tiere getötet werden und auch leidvoller Tod durch Verletzungen und Erkrankungen bliebe weder den Tieren noch den Menschen erspart.

Der Veganismus postuliert jedoch kein naives Paradies-Bild der Welt, sondern fokussiert sich in seinen ethischen Forderungen ausschließlich auf die Vermeidung des vermeidbaren Leidens und Tötens. Vermeiden können wir all das durch uns zugefügte Leid und Töten, welches nicht erforderlich ist, damit wir unseren grundlegenden Lebensbezügen (Ernährung, Bewegung etc.) nachgehen können. Die intentionale Tötung eines Tieres oder auch die fahrlässige Unachtsamkeit, die zur Tötung eines Tieres führt, sollten wir in aller Regel unterlassen, um das Ausmaß des Leidens und Tötens wenigstens zu mindern, wenn wir es schon nicht gänzlich abstellen können.

Ausnahmen gibt es dennoch: Aus Notwehr, also aus direkter Verteidigung des eigenen Lebens heraus, sind wir auch als Veganer moralisch berechtigt, ein Tier zu töten, um überleben zu können. Die vegane Lebensweise stellt keine suizidalen Forderungen, sondern ruft uns lediglich auf, soweit als möglich tierisches und menschliches Leid und Tötungen zu vermeiden.

Eine Ausbreitung des Veganismus über die ganze Welt, würde so die Erde zwar nicht in ein Paradies verwandeln, aber doch um einiges lebenswerter machen für ihre menschlichen und tierischen Bewohner. Die vegane Lebensführung macht uns deutlich, dass wir nur deshalb, weil wir nicht alles Leid und Töten vermeiden oder verhindern können, nicht in einen Nihilismus verfallen brauchen oder sollten, der in Wirklichkeit nichts als getarnter Egoismus und Grausamkeit ist.

Ebenfalls könnte als Gegenargument gegen den Fokus des Veganismus auf tierisches Leben darauf hingewiesen werden, dass Veganer Pflanzen töten, die auch lebten.

Unstrittig ist, dass Pflanzen leben. Pflanzen sind ausgerichtet, um ihr Leben zu erhalten, auch Abwehrprozesse gegen Schädigungen sind bei Pflanzen nachweisbar. Es ist insofern sicherlich sinnvoll und notwendig, auch dem pflanzlichen Leben einen ethischen Wert zuzuweisen. Es sollte nicht ohne eine Erfordernis gefährdet oder vernichtet werden.

Dennoch gibt es einen Unterschied zu den Tieren: Nach allen wissenschaftlichen Befunden, die uns vorliegen, haben Pflanzen kein Schmerzempfinden, jedenfalls gibt es dafür keine Hinweise. Auch verfügen Pflanzen nicht über ein vergleichbares Nervensystem, welches gedankliche Aktivitäten oder Gefühle hervorbringen würde. Es mag argumentiert werden, dass dies nicht absolut sicher, dass die Wissenschaftlich später noch zu anderen Erkenntnissen kommen mag. Selbst wenn dies zugestanden wird, bleibt aber festzustellen, dass das Schmerzempfinden der Tiere, einschließlich ihrer damit verbundenen Tendenzen, vor schmerzauslösenden Reizen zu fliehen oder diese zu vermeiden, gesichert ist. Ebenfalls ist sicher, dass sich Tiere auf künftige Ereignisse über Lernerfahrungen vorbereiten können und dabei auch emotionale Reaktionen, wie Angst, zeigen. Demgegenüber liegen keine Hinweise für Fähigkeiten von Pflanzen zu den grundlegenden Lernprozessen der Habituation, klassischen und operanten Konditionierung vor. Angsterleben aufgrund bevorstehender Ereignisse ist von daher bei Pflanzen unwahrscheinlich.

Mindestens kann davon ausgegangen werden, dass Leiderfahrung bei Tieren gesichert ist, bei Pflanzen höchstens - wenn überhaupt - vermutet werden kann. Von daher ist es folgerichtig, sich auf die Ausschaltung des sicheren Leidens der Tiere zu konzentrieren und nicht das spekulative Leiden der Pflanzen als Argument zu nehmen, um die Fortsetzung des Leidens der Tiere zu rechtfertigen.

Aber selbst in dem Fall, dass wir Pflanzen und Tiere gleichsetzen würden, ergäbe sich auch aus Gründen des Schutzes der Pflanzen die Notwendigkeit einer veganen Ernährung, da aus mehreren Kilogramm durch ein Tier verzehrten pflanzlichen Eiweiß nur ein Kilogramm tierischen Eiweißes produziert wird. Ernähren sich Menschen direkt von den Pflanzen - und nicht indirekt über das Tier – verschonen sie damit tierisches ebenso wie pflanzliches Leben.

Aus veganer Sichtweise ergibt sich der Respekt vor dem Leben der Pflanzen aus Gründen der Achtung des Lebens an sich wie auch aufgrund der unersetzlichen Rolle, die Pflanzen für das Überleben aller Tiere, einschließlich des Menschen, auf diesem Planeten spielen. Von daher sollte eine Tötung pflanzlichen Lebens nur stattfinden, wenn sie erforderlich ist, z.B. zu Ernährungs- oder Bekleidungszwecken, nicht aber aus reinem Vergnügen. Ist es aber erforderlich, entweder eine Pflanze oder ein Tier zu töten, fällt die Wahl auf die Pflanze, wodurch letztlich weniger tierisches und weniger pflanzliches Leben vernichtet und bei weitem weniger Leid erzeugt wird.

Weiterhin könnte vorgebracht werden, dass eine vegane Ernährung nicht ausreichend sei und zu Mangelernährungen führe.

Es handelt sich hier aber um einen Mythos, der für den Fall einer gut geplanten veganen Ernährung durch zahlreiche wissenschaftliche Untersuchungen widerlegt ist. So kommt mittlerweile auch die Ernährungswissenschaftliche Gesellschaft der USA nach Durchsicht aller Studien zu dem Ergebnis, dass eine gut geplante vegane Ernährung für alle Altersstufen von Säugling bis zum Greis geeignet ist. Eine Übersicht zu Belegen für den positiven Gesundheitswert einer veganen Ernährung findet sich hier bei Peta. Eine neue Untersuchung zeigt zudem, dass eine vegane Ernährung offenbar mit einer geringeren Erkrankungsrate an Krebs einhergeht (siehe hier).

Bei hinreichender Lebensmittelvariation mit Konsum von Gemüse (einschließlich Hülsenfrüchten), Obst, Vollkorngetreide, Nüssen [&] Samen, sowie Soja- (siehe hier), Seitan oder Lupinenprodukten führt eine vegane Ernährung zu keinerlei Nährstoffmangel, abgesehen von Vitamin B12, welches daher substituiert oder über angereicherte Nahrungsmitteln, wie Müsli oder Cornflakes, zugeführt werden kann und muss.

Die Sicherstellung der Vitamin B12 Versorgung ist völlig unproblematisch und sollte über direkte Supplementierung oder angereicherte Nahrungsmittel regelmäßig stattfinden. Das Problem ist nicht die Sicherstellung einer Vitamin B12 Versorgung, sondern die Sachlage, dass leider eine unbekannte Anzahl an Veganern nicht auf Vitamin B12 achtet, wodurch die Gefahr von Gesundheitsschäden besteht, auch wenn die vegane Ernährung eigentlich gesundheitlich vorteilhaft ist. Zu empfehlen ist es in jedem Fall, sich hinreichend zu informieren, beispielsweise über das hervorragende und leider nur auf Englisch erhältliche Buch Vegan for Life. welches ausdrücklich mit dem Zweck geschrieben wurde, um in leicht verständlicher und gleichzeitig wissenschaftlich fundierter Form vegan lebenden Menschen eine optimal gesunde Ernährung zu ermöglichen.

Letztlich liegen keinerlei Hinweise für eine Gesundheitsgefährdung durch eine hinreichend geplante vegane Ernährung vor, während es umgekehrt eine Reihe von Hinweisen dafür gibt, dass eine vegane Ernährung sich eher günstig auf eine Vielzahl von Erkrankungen bzw. die entsprechenden Erkrankungsrisiken auswirken dürfte, einschließlich Herz- und Kreislauferkrankungen, Krebserkrankungen, autoimmunologischen und rheumatischen Erkrankungen. Deutlich wird: Es gibt keinen Grund, aus gesundheitlichen Gründen davon abzusehen, vegan zu werden.

Schließlich könnte argumentiert werden, dass wir uns lieber auf die Durchsetzung der Menschenrechte konzentrieren, auf die Beseitigung von Armut, Elend, Ausbeutung, Erkrankungen, Hunger und Krieg konzentrieren sollten, anstatt unser Ressourcen für die Rechte von Tieren zu verausgaben.

Dieses Argument ist ein Schein-Argument und vernachlässigt zudem wesentliche positive ökologische und soziale Konsequenzen einer veganen Lebensweise:

Indem Veganer das Recht der Tiere auf Leidfreiheit und Leben betonen, erhöhen sie die Tötungsschwelle, was sich auch günstig auf den Umgang der Menschen untereinander auswirken dürfte. Das Töten von Tieren ist dem Töten von Menschen im Hinblick auf die damit verbundenen konkreten Verhaltensweisen und sensorischen Eindrücke durchaus vergleichbar, wodurch Generalisierungsrisiken entstehen. So wundert es nicht, dass immer wieder über Verbindungen von Tierquälerei und Gewalttätigkeit gegen Menschen berichtet wird (siehe hier), was mit dem berühmten Ausspruch von Tolstoi konvergiert: „Solange es Schlachthöfe gibt, wird es auch Schlachtfelder geben“.

Die konsequente Ausdehnung der Rechte auf Leben und Leidfreiheit auf die Tiere dürfte insofern auch der sicherste Schutz vor der Verletzung der Rechte der Menschen sein. Veganer wollen keine Gesellschaft, die die Menschenrechte den Tierrechten unterordnet, sondern eine Gesellschaft, in der der Mensch sich bewusst für seine Qualitäten und gegen seiner Potentiale zur Grausamkeit entscheidet und damit alles in seiner Möglichkeit liegende unternimmt, um Leid von Menschen und Tiere zu mindern und dadurch eine lebenswertere Welt zu ermöglichen. Deshalb ist der Veganismus in seiner ethischen Struktur - im Gegensatz zu mancher öffentlichen Ansicht - gänzlich unvereinbar mit der Bioethik eines Peter Singer oder vergleichbarer Versuche, Tierrechte gegen Menschenrechte auszuspielen.

Die vegane Lebensweise ist in erheblichem Ausmaß ressourcenschonender als die vegetarische Lebensweise und noch viel mehr als eine omnivorische Lebensweise mit Fleischkonsum. So produzieren Veganer im Durchschnitt fast 8 mal weniger Kohlendioxid als Alles-Esser.

Bei einer veganen Lebensweise würden bei weitem weniger Weideflächen und auch Anbauflächen für Tierfutter gebraucht, was Rodungen von Wäldern in den Staaten der Dritten Welt, z.B. in Lateinamerika, entgegenwirken und die letzten Tropen-Urwälder erhalten helfen könnte. Gleichzeitig würde sich die für die menschliche Ernährung verfügbare Menge an Protein stark erhöhen, wenn beispielsweise Mais oder Soja statt für die Tierfütterung ausschließlich direkt für die menschliche Ernährung verwendet werden würden.

Auch wenn Armut und Hunger zu einem erheblichen Teil ein Verteilungsproblem sind, würde ein deutlich erhöhte Menge für die menschliche Ernährung verfügbaren pflanzlichen Eiweißes dennoch eine gerechtere Gestaltung der Verteilungsprozesse erleichtern und könnte dadurch dem Welthunger mit entgegenwirken.

Eine vegane Lebensweise allein wird Elend, Not und Ungerechtigkeiten in der menschlichen Gesellschaft nicht beseitigen können, kann aber indirekte und direkte Beiträge liefern. Der indirekte Beitrag entsteht durch die stärkere Anregung der guten Anteil des Menschens und der Verminderung seiner Grausamkeit, der direkte Beitrag besteht in einer stärkeren Schonung der Lebensgrundlagen unseres Planeten und in einer erhöhten Verfügbarkeitsmachung von pflanzlichen Protein für die Ernährung der Menschen.

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