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Italien: Rechtspopulisten greifen vegane Familien an

Italien: Rechtspopulisten greifen vegane Familien an

Weltweit führende ernährungswissenschaftlichen Vereinigungen bejahen die Möglichkeit einer gesunden veganen Ernährung auch in Schwangerschaft, Stillzeit und Kindesalter. Erstmals hat auch die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) diese Möglichkeit kürzlich eingeräumt. Studien zeigen beispielsweise, dass bei vegetarischer und veganer Schwangerschaft kein erhöhtes Risiko für neurologische Entwicklungsstörungen besteht. Tatsächlich sprechen gewichtige Gründe für eine vegane Ernährung während Schwangerschaft, Stillzeit und Kindheit.

Das italienische Parlament diskutiert nun aber stattdessen einen Gesetzentwurf, der eine vegane Kinderernährung mit Gefängnis bedrohen würde.

Interessanterweise wurde der Vorschlag durch Elvira Savino, die stellvertretende Vorsitzende der rechtspopulistischen Partei Forza Italia, eingereicht. Sie möchte damit gegen „ideologische Exzesse“ und „verantwortungslose“ und „gefährliche Essgewohnheiten“ vorgehen. Als solche betrachtet die Rechtspopulistin die vegetarische und vegane Ernährung.

Dass dieser Angriff auf vegane Familien durch eine rechtspopulistische Partei gestartet wurde, ist nicht verwunderlich. Studien zeigen, dass Vorurteile und Diskriminierung gegenüber Veganern typischerweise durch rechtsgerichtete Ideologie motiviert sind.

Entsprechend ist Fleischkonsum auch nach psychologischen Studien mit Autoritarismus, Vorurteile gegenüber Minderheiten und Bejahung sozialer Dominanz assoziiert. Für Veganer ist rechtsgerichtetes Denken und Diskriminierung demgegenüber nach unseren eigenen Umfragen wesensfremd. Grund hierfür ist, dass der Veganismus eine durch Empathie geprägte Denkweise und Lebenspraxis, deren Ziel die Reduktion von Leid ist. Dies ist aber mit Vorurteilen und Diskriminierung unvereinbar.

Ebenso wie sich Rechtspopulisten einzelne Straftaten und Anschläge heraussuchen, um gegen Menschen mit Migrationshintergrund und Flüchtlinge zu hetzen, wenden sie sich in Italien nun auch gegen vegane Familien. Auslöser hierfür sind spektakuläre Einzelfälle, bei denen Eltern ihren Kindern zu wenig zu Essen gaben oder ihre Lebensmittelauswahl stark einschränkten, so dass sie krank wurden. Mit veganer Ernährung haben solche fehlerhaften Verhaltensweisen von Eltern freilich nichts zu tun.

Bedauerlich ist, dass die Medien dennoch solche Einzelfälle oft mit veganer Ernährung in Verbindung bringen. Wenn demgegenüber Fälle halbverhungerter oder extrem fettleibiger Kinder von Fleisch essenden Eltern bekannt werden, wird das Fehlverhalten nicht der Mischkost mit Fleisch an sich angelastet.

Die italienischen Rechtspopulisten greifen diese einseitige und faktisch inkorrekte Berichterstattung nun auf und verschärfen sie. Auch hier zeigen sich Parallelen zu ihrem Vorgehen bei den Themen „Flüchtlinge“ und „Islam“:

Es werden einseitig negative Fälle bei der abgelehnten Gruppe herausgesucht, alle positiven Informationen bewusst übersehen und gleichzeitig alle negativen Informationen bezüglich der eigenen Gruppe ignoriert. Im Ergebnis resultieren fremdenfeindliche Hetze oder eben diskriminierende Kampagnen gegen vegane Familien. Leider üben die Rechtspopulisten mit diesem Vorgehen eine „Rattenfängerfunktion“ aus und es gelingt ihnen, inkorrekt informierte und verängstigte Menschen für ihre ideologische Sache zu gewinnen. Im Hintergrund steht ein extremer Konservatismus, der um jeden Preis an allen Traditionen – auch den Essgewohnheiten – festhalten will und alles Fremde als Bedrohung ansieht (siehe auch den Artikel „Rechtspopulismus und Islamismus: Analyse einer beunruhigenden Nähe“auf unserem Schwesterportal www.Menschenrechte.eu).

Der Angriff der italienischen Rechtspopulisten auf den Veganismus könnte Schule machen, wenn ihm nicht der Widerstand und die Solidarität der veganen Community entgegengesetzt wird. Bereits heute müssen sich vegane Familien mit vielfachen Vorurteilen und Diskriminierungen auseinandersetzen. So hat ein Gerichtsurteil aus Berlinvor Kurzem bekräftigt, dass Schulen veganen Kindern kein veganes Essen anbieten müssen. Ein italienisches Gericht hat gar einer Mutter verordnet, einmal in der Woche für ihren völlig gesunden Sohn Fleisch zu kochen. Studien zeigen zudem, dass sich vegan und vegetarisch lebende Menschen oft Aggressionen ausgesetzt sehen. Hintergrund hierfür ist, dass Nicht-Vegetariern häufig bewusst ist, dass sie mit ihrer Ernährung den Tod von Tieren verursachen. Eigentlich wünschen sie diesen Tod nicht, blenden aber nach wissenschaftlichen Befunden diese moralischen Werte bei ihrem Konsumverhalten aus und trennen das Fleisch vom getöteten Tier.

Wenn es nicht gelingt, den Anfängen zu wehren, könnte sich die Situation für vegane Familien in Zeiten des vermehrten Zulaufs für Rechtspopulisten weiter verschlechtern.

Die rechtspopulistische Diffamierung der veganen Ernährung macht gleichzeitig deutlich, wie wichtig es ist, dass Veganer sich von allen rechtspopulistischen Tendenzen distanzieren und sich mit den Opfern des Rechtspopulismus solidarisieren. Tun sie dies nicht, könnte es ihnen sonst eines Tages so gehen wie es Niemöller in seinem berühmten Gedicht beschrieben hat:

“Als die Nazis die Kommunisten holten,

habe ich geschwiegen;

ich war ja kein Kommunist.

Als sie die Sozialdemokraten einsperrten,

habe ich geschwiegen;

ich war ja kein Sozialdemokrat.

Als sie die Gewerkschafter holten,

habe ich nicht protestiert;

ich war ja kein Gewerkschafter.

Als sie die Juden holten,

habe ich geschwiegen;

ich war ja kein Jude.

Als sie mich holten,

gab es keinen mehr, der protestierte.”

Es bleibt zu hoffen, dass Gesetzentwurf durch das Parlament abgelehnt werden wird. Es dürfen keine Zeiten kommen, in denen vegane Väter und Mütter mit Gefängnis dafür bezahlen müssen, dass sie durch ihre vegane Ernährung eintreten gegen unerträgliches Tierleid, gegen die skrupellose Zerstörung unserer Umwelt und gegen den Hunger in der Welt

Es steht außer Frage, dass Kinder gesund und ausgewogen ernährt werden sollten. Dies aber ist mit einer veganen Ernährung möglich. Es gibt keinerlei vernünftige Gründe, Eltern dazu zwingen zu wollen, ihre Kinder gegen ihre eigenen Überzeugungen mit Tierprodukten zu ernähren. Übrigens hält auch die italienische ernährungswissenschaftliche Vereinigung, trotz ihres Konservatismus, den Gesetzentwurf für Unsinn. Das eigentliche Problem seien der zu hohe Konsum von Fett und Zucker, nicht die vegane Ernährung. Studien zeigen, dass gerade übergewichtige Kinder von einer veganen Ernährung profitieren.

In Wirklichkeit fügen solche Eltern ihren Kindern Schaden zu, die ihren Kindern beibringen, sich bei McDonald zu ernähren oder ihren Durst durch gesüßte Getränke zu stillen. Hiergegen benötigen wir aber keine Gefängnisstrafen, sondern Aufklärung und Hilfestellung, wobei eine vollwertige vegane Ernährung der beste Weg ist, um diese Missstände zu beenden.

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