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Attila Hildman: Tragik und Warnsignal für die vegane Bewegung

Attila Hildman: Tragik und Warnsignal für die vegane Bewegung

Attila Hildman fiel in der veganen Bewegung schon früh auf wegen seiner Tendenz zur Selbstdarstellung, seiner Fixierung auf Muskeln, Körperlichkeit und materielle Statussymbole. Jetzt aber hat er sich durch Zuwendung zu kruden Verschwörungstheorien und Gewaltnähe im Rahmen der Coronavirus-Epidemie nicht nur aus der veganen Bewegung, sondern auch aus seiner Mainstream-Promirolle wohl endgültig verabschiedet.

Was bleibt ist die Frage, was die vegane Bewegung hieraus lernen kann?

Entfremdet von der veganen Bewegung

Attila entfremdete sich mit seinem aufsteigenden Stern schnell von der veganen Bewegung. Er bemerkte es wohl selbst als erster, dass seine Art zu der veganen Bewegung nicht wirklich passte. Im Gegenzug begann er, sich seinerseits vom Veganismus zu distanzieren.

Damals war er in den Medien noch gern gesehen und nutzte sie geschickt, um diejenigen, die tatsächlich für eine vegane Lebensweise einstehen, als kompromisslose oder kleinkarierte Radikale darzustellen.

Er verspottete die vegane Kritik gegen seine Lederschuhe mit Worten, wie:

  • "Die Kritik der letzten Wochen ging mir wirklich sehr nahe und ich habe meinen Konsum überdacht. Ab sofort lebe ich mit anderen wahren konsequenten Veganern nackt im Wald. Die Sneakers-Frage stellt sich nicht mehr, denn wir laufen entweder barfuß oder haben selbstgemachte Kork-Schuhe. Es macht wirklich Spaß hier und wir sammeln den ganzen Tag lustige Pilze und sehen den Rehen und Füchsen beim lustigen Spiel zu. Wir haben noch ein paar Plätze in unseren Höhlen frei und ich würde mich freuen, wenn ihr euch bewerbt. Die vegane Revolution beginnt im Wald!"

Attila postulierte dabei inhaltlich einen weich gespülten "Veganismus", bei dem man vegan kochen und gleichzeitig Lederschuhe tragen konnte. Damit kam er in der nicht-veganen Gesellschaft bestens an. Schließlich ist man hier damit zufrieden, ab und zu vegan zu essen und wendet sich ansonsten lieber anderen Themen zu. Echte Veganer gelten da als Spaßbremsen, Attila war hier die bessere Wahl.

So manche feierten ihn dafür.

  • So konnten sich auch dezidierte Vegan-Gegner ohne weiteres mit Attila verbrüdern, wie geschehen in einem Meinungsartikel in der WELT, wo der Kommunikationsberater Mike Kleiß Warnungen vor einer veganen Ernährung aussprach und gleichzeitig bekannt gab, die Meinung von Attila zu teilen, bei dem er sich herzlich für den Support bedankte. Attila vertrete, so Mike Kleiß,  die Meinung, dass schon ein großer Schritt getan sei, wenn wir nur ab und an, vielleicht nur einen Tag oder eine Mahlzeit am Tag, vegan gestalteten.

In der Folgezeit fiel Attila weniger dadurch auf, dass er sich für Tierschutz engagiert hätte, sondern er fiel auf durch exessiver werdende Selbstdarstellung und Angeberei mit seinem Porsche sowie Abgleiten in ordinären Sexismus im Rahmen seines Vegansta-Projektes.

Da war es nicht verwunderlich, dass er ebenfalls in den fremdenfeindlichen Chor einstimmte. Zu dem Zeitpunkt, wo Kriegsflüchtlinge und andere Geflüchtete unserer Hilfe am dringensten benötigten, meinte er, es werde an den Grenzen nicht ausreichend kontrolliert. Man brauche in Deutschland einen Schein fürs Angeln, aber keinen Pass für die Einreise. Deutsche Staatsbürger würden wegen Flüchtlingen aus ihren Wohnungen geschmissen. Er sehe Deutschland nicht als den Retter der ganzen Welt! Unsere politische Elite habe vergessen, wer sie in den Bundestag gewählt hat und gehöre in seinen Augen abgesetzt und vor ein Gericht gestellt, wenn ihre Entscheidungen der Verfassung widersprächen..!

Kurzzeitig schien sich Attila etwas zu besinnen, widmete sich jedenfalls auf Facebook nunmehr doch mehr Tierschutzthemen und schien sich ebenfalls von seinem Lederfetischismus loszusagen.

Immer allerdings blieben seine Botschaften plakativ, waren mehr Schein als Sein – womit er weiterhin in den Medien präsent blieb und auch wirtschaftlich offenbar erfolgreich war.

Corona führt zur Eskalation

Mit der weltweiten Corona-Epidemie sieht Attila nun jedoch sich selbst und uns alle zu weitergehenderen Taten aufgerufen. Attila ruft zum Kampf gegen eine vermeintliche Weltverschwörung mit Bill Gates an der Spitze auf, die uns durch Impfungen chippen lassen und unsere Freiheit mithilfe von Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Epidemie zerstören wolle. Hierfür sei er sogar bereit, in den bewaffneten Kampf zu ziehen und für sein deutsches Vaterland zu sterben. „Gehe ich im Kampf für unsere Freiheit drauf, dann nur mit Waffe in der Hand und erhobenen Hauptes!“  Im zweiten Weltkrieg sei sein Onkel bei der Wehrmacht gewesen und er sei bereit, für dieses Land zu sterben.

Womöglich deshalb lässt er sich auch gerne mit Schuss- und Stichwaffen ablichten?

Über seine Telegramm-Gruppe fordert Attila Unterstützer zu Demonstrationen auf und trat dabei gemeinsam mit Reichsbürgern und gröhlenden männlichen Personen vom Strukturniveau von Pegida-Anhängern in der Öffentlichkeit auf. Diese schrieen: "Wir sind das Volk“.

Die Gesichtsmaske ist für Attila das neue Hakenkreuz, wobei er in bekannter Querfrontart nicht merkt, dass er selbst sich in die Nähe dieses historisch fürchterlichen Symbols bewegt, während die Gesichtsmaske für Rücksicht und Lebensschutz steht.

Man mag sich versucht sehen, zur Tagesordnung überzugehen nach dem Motto „Irre gibt es überall“.

Doch eine solche erste Reaktion wäre nach meiner Einschätzung fehlgeleitet. Denn hinter dem Fall Attila verbirgt sich eine persönliche Tragik, eine kritikwürdige Gesellschaft und gleichzeitig ein Warnsignal für die vegane Bewegung und uns alle.

Individuelle und gesellschaftliche Aspekte

Attila ist Täter und Opfer zugleich:

  • als Täter begibt er sich in eine Anführerposition für eine irrwitzige und in ihren Konsequenzen menschenverachtend agierende Verschwörungstheorie
  • als Opfer haben ihn Medien und Gesellschaft jahrelang in seiner Selbstdarstellung weiter angetrieben, so dass er sich wohl immer mehr als unverwundbar und unfehlbar erlebte

In der veganen Bewegung war Attila immer ein Außerseiter und ist seit Jahren isoliert, erst Mainstream-Medien und Gesellschaft haben ihn zum Star gemacht und tragen damit die Mitverantwortung für seine seitherige Entwicklung, auch wenn sie ihn jetzt fraglos fallenlassen werden.

Attila als Täter

Täter ist Attila, weil er aktiv dazu beiträgt, die Bevölkerung von den wirklichen zentralen Themen (Veganismus, Eindämmung der Coronavirus-Epidemie im weltweiten Interesse) abzulenken und sie in eine Scheinauseinandersetzung mit nichtexistenten Verschwörungen zu treiben. Es freuen sich die Betreiber der Schlachtanlagen.

Aus veganer Sichtweise kann und muss die Epidemie aufgegriffen werden, um sich im Sinne der den Lebenswert in den Vordergrund stellenden Philosophie des Veganismus für ihre Eindämmung und die notwendige Konsequenz des weltweiten Wechsel zur veganen Lebensweise als wirksamsten Schutz gegen erneute Epidemien einzusetzen.

Attila aber leugnet die Epidemie bzw. deren Ausmaß und stellt sich damit an die Seite der Tierausbeuter und Schlachtanlagen-Betreiber, sowie der Trumps und Bolsonaros, die derzeit in den USA und in Brasilien eine Katastrophe verursachen.

Attila vertritt eine nicht mehr an der Realität orientierte Weltbetrachtung, deren Verschwörungstheorien sich jeder Nachprüfbarkeit entziehen. Er postet bei Facebook laufend Scheinbeweise, wobei die geposteten Informationen sich nicht zu einem stringenden Bild ergeben, sondern von ihm in offensichtlich assoziativer Art verschwörungstheoretisch vernetzt werden.

Gleichzeitig verbündet er sich mit menschenverachtenden Kräften, die Nationalismus, Reichsbürgerideologie und Fremdenfeindlichkeit predigen.

Er vertritt hier eine Einheit von links und rechts, was einer klassischen Querfrontstrategie entspricht. Unter dem Nationalsozialismus war es die Losung der Arbeiter der Stirn und der Faust, die tatsächlich bestehende gesellschaftliche Widersprüche verdecken sollte. Allerdings ist Attila nicht zu unterstellen, dass er sich hiermit auseinander gesetzt und diese historisch-ideologischen Bezüge reflektiert hat.

Sachlage ist, dass Attila - wenn auch unberechtigt - in der öffentlichen Meinung mit dem Begriff vegan und dem Veganismus eng assoziiert ist. Die Mehrheit der Öffentlichkeit weiß vermutlich nicht einmal, dass Attila innerhalb der veganen Bewegung isoliert ist und gerade in der veganen Bewegung von vornherein seine Tendenzen zu übermäßiger Selbstdarstellung, Konsumorientiertheit, Angeberei, Macho-Gehabe, Fremdenfeindlichkeit und unreflektiertem Denken abgelehnt und kritisiert worden waren.

Der veganen Bewegung fügt Attila als Täter jetzt schweren Schaden zu, indem er sie mit rechtspopulistischen und wirren Verschwörungstheorien und mit Gewalttätigkeit assoziiert.

Treu geblieben sind Attila im Rahmen seiner jahrelangen eskalierenden und andere abschreckenden Selbstdarstellung wohl vorwiegend diejenigen, denen es an Halt im Leben, Informationen, kritischem Geist, Auseinandersetzungs- und Reflexionfähigkeit fehlt.

Diese Menschen versammelt er auch in seiner Telegramm-Gruppe und auf Facebook. Er sendet ihnen wirre Informationen und Forderungen, die diese, die selbst offenbar verwirrte Geister sind, als solche nicht erkennen können. Stattdessen bedanken sie sich und feuern ihren Held an wegen seines vermeintlichen Mutes.

Indem er eine Führerrolle über eine verwirrte Herde einnimmt, wird Attila zum Täter und trägt die Verantwortung für die Folgen, die er bei einzelnen auslösen könnte.

Wer wirklich glaubt, wir müssten uns gegen eine weltweite Chipverschwörung wehren, die sonst alles zu vernichten drohte was wir als Freiheit und Menschenwürde bezeichnen, mag die Aufforderungen von Attila und anderen, zu kämpfen, wörtlich nehmen.

Sollte jemand aus dieser Gruppe sich einmal nicht nur mit Stich- oder Schusswaffen abbildern lassen, sondern diese gebrauchen, könnte sich Attila nicht von Verantwortung freisprechen. Er ist als selbsterklärter Anführer nicht nur für sich selbst, sondern ebenso für seine Anhänger verantwortlich.

Gleichzeitig macht Attila mit seinem nunmehr von niemanden (abgesehen von seinen Anhängern ) mehr übersehbaren Schwenk zu irrationalen Verschwörungstheorien bis hin zu seiner Fantasterei über einen bewaffneten Kampf endgültig und unleugbar klar, dass es ihm nicht um den Veganismus und nicht um eine mitmenschliche, solidarische, tierisches- und menschliches Leben achtende Gesellschaft geht.

Denn hätte Attila nur ansatzweise das unendliche milliardenfache Elend verstanden, welches den Tieren durch die Fleischgesellschaft zugefügt wird, würde er seinen sogenannten Kampf nicht plötzlich auf ganz andere Themen lenken.

Nicht im Traum hatte Attila jedenfalls (seine öffentlichen Aussagen zugrundegelegt) jemals daran gedacht, radikal gegen eine tierausbeutende Gesellschaft zu kämpfen - lieber verkaufte er seine Bücher und Produkte, trug Lederschuhe und schaffte sich einen Porsche an.

Wenn es aber darum geht, mit Gesichtsmasken andere und sich selbst zu schützen, erwacht plötzlich ein zuvor unbekannter Kampfgeist in ihm. Dies sagt viel über seine Prioritätensetzung.

Dieser neue Kampfgeist von Attila richtet sich jedenfalls nicht gegen Menschen-und Tierausbeuter, nicht gegen Massentierhaltung und Schlachtanlagen, sondern er richtet sich gegen die Pflicht, andere und sich selbst vor der Coronavirus-Infektion zu schützen. Dieser Kampf richtet sich dagegen, dass alles, was möglich ist, getan werden muss, um die Schwächeren - Alte und Kranke - zu schützen, ihnen Leid zu ersparen und ihr Leben zu bewahren.

Der Kampf Attilas ist also ein Kampf für die gesellschaftliche Verantwortungslosigkeit, die verkennt, dass Freiheit nicht die Freiheit bedeutet, anderen zu schaden. Den gleichen Fehler begehen Fleischesser, wenn sie sich auf Konsum- und Geschmacksfreiheit berufen. Mit seinem neuen Kampf lässt Attila die Tiere und die Anliegen des Veganismus links liegen.

Attila als Opfer

Vergessen wir nicht, dass die Verhältnisse den Menschen machen.

  • Wir brauchen nur an unseren eigenen Fleischkonsum der Vergangenheit zu denken, um zu verstehen, wie tief greifend wir als Menschen von den gesellschaftlichen Verhältnissen, die über unsere Sozialisation in Kindheit und Jugend vermittelt werden, beeinflusst werden

Die Gesellschaft – wohlgemerkt nicht die vegane Bewegung, aber die Medien - hat Attila jahrelang hochgejubelt. Sie hat ihm dabei einen Diskussionsstil durchgehen lassen, bei dem reine Behauptungen an die Stelle überprüfbarer Fakten und Reflexion traten.

Hochgejubelt wurde Attila nicht, weil er gut kochen konnte (was er wirklich kann), sondern weil er einem weitverbreiteten Bild von Attraktivität entsprach, flotte Sprüche in den Mund nahm, sich gut darstellen konnte und alles so vereinfachte, dass jeder es scheinbar verstand, obwohl in Wirklichkeit niemand mehr etwas verstand. Er selbst auch nicht, wie sollte sonst erklärbar sein, dass er vegan leben mit im Wald leben verwechselte?

  • Vegan ist das neue Viagra“, dies ist nur einer der Sprüche, dem es übrigens an jeder empirischen Faktengrundlage mangelt.

Natürlich ist es richtig, dass eine geplante vegane Ernährung eine besonders gesunde Form der Ernährung ist und zahlreiche Krankheiten verhindern kann. Ebenso ist es richtig, dass wir mit einer veganen Ernährung ohne weiteres sportlich aktiv sein und sogar sportliche Spitzenleistungen erbringen können.

Unrichtig ist es jedoch, dass die vegane Ernährung an sich die Lösung aller gesundheitlichen Probleme darstellt, zu körperlicher Fitness und erektiler Potenz führt.

Wir brauchen nicht vegan werden, um ein Bodybuilder werden zu wollen. Auch für den Vollzug des Geschlechtsverkehrs ist eine vegane Ernährung nicht erforderlich.

Wird Veganismus allein auf Themen von Fitness, Potenz und Gesundheit bezogen, wird die ethische Basis, die für die Förderung, die Absicherung und den Ausbau der veganen Lebensweise erforderlich ist, verfehlt.

Es entsteht ein Körperlichkeits-Fetischismus, der es als völlig normal erscheinen lässt, vegan zu kochen und gleichzeitig Tierhäute zu tragen.

  • Indem Medien und Gesellschaft Attila seine Oberflächlichkeit und mangelnde Reflexion nicht nur durchgehen ließen, sondern sie geradezu feierten, wirkten sie als Brandverstärker für die Inszenierung seines narzisstisches Selbstdarstellungsbedürfnis, seine mangelnde Auseinandersetzung mit Fakten, seine oberflächliche Orientierung an wirtschaftlichem Gewinn und Statussymbolen.

Als man selbst bei seinem Sexismus bei seinem Vegansta-Projektes letztlich beide Augen zudrückte, mag bei Attila der Eindruck entstanden sein, er sei unverwundbar und unfehlbar.

Mit ihren Berichten trieben die Medien Attila über Jahre Anhänger zu, die sich offenbar immer weiter von dem veganen Thema entfernten.

Übrig geblieben ist eine Gemeinde aus Verschwörungsgläubigen, Impfgegnern, Reichsbürgern und Corona-Leugnern:

  • die gleiche Mischung, die wir bei den Trump-Anhängern in den USA und den Bolsonaro-Anhängern in Brasilien beobachten können

Ein Teufelskreis der sich selbstaufrechterhaltenden Verstärkung und Bestätigung ist entstanden:

  • Attila und seine Anhänger verstärken sich gegenseitig und treiben sich so immer weiter voran bis zum kompletten Wahnsinn

In diesem Sinne ist Attila ein Opfer dieser menschen- und tierverachtenden Gesellschaft geworden:

  • Medien und Gesellschaft haben mit dazu beigetragen, Attila an genau die Stelle zu treiben, an der er nun ist - und an der sie ihn nunmehr endgültig fallen lassen und bildlich gesprochen hinrichten werden. Auf der subjektiven Verarbeitungsebene von Attila und seinen Anhängern wird dies freilich nur bestätigen, dass sie Recht haben.

Was die vegane Bewegung aus dem Fall Attila lernen kann

Auseinandersetzung zu defensiv

Auch wenn die vegane Bewegung zu den ersten gehörte, die sich von Attila distanzierte, kann dennoch nicht geleugnet werden, dass man sich allgemein doch immer wieder mit seinem Namen schmückte.

Irgendwie wollten wir von dem Erfolg von Attila als vegane Bewegung doch mit profitieren. Endlich war vegan in den Medien und hierzu trug Attila mit bei. Seine Kochbücher waren populär, der Begriff vegan wurde immer akzeptierter.

Schließlich können wir nichts erreichen, wenn wir die Menschen nicht erreichen, so oder ähnlich redeten wir es uns schön und nutzten den Charme von Attila, wenn wir dachten, er könnte hilfreich sein.

Dies gibt auch mir Anlass zur Selbstkritik:

  • Ich erinnere mich, dass Attila einmal unser damals von uns in Hannover betriebenes veganes Restaurant Gleichklang besuchte und wir dies auf unserer Facebook Seite posteten. Damit haben wir ihn genauso genutzt und instrumentalisiert, wie dies auch andere jahrelang taten und genau damit haben wir eben nicht zur Ausbreitung eines menschen- und tierwürdigen, in ethische Reflexion eingebetteten Veganismus beigetragen

Ich habe mir auch noch einmal Erwähnungen von Attila auf unseren von mir über die Jahre geschriebenen Seiten bei vegan.eu  angeschaut und festgestellt, dass ich kaum jemals über ihn geschrieben habe.

In einem Artikel gab ich meiner Hoffnung Ausdruck, Attila werde nunmehr  tatsächlich vegan werden. In einem weiteren Artikel verteidigte ich ihn gegen Behauptungen, sein Laden habe nach Fritteuse gerochen, die Brötchen seien labberig gewesen und die Gerichte hätten eine Gummikonsistenz aufgewiesen.

In einem dritten Artikel beschäftigte ich mich damit, wie mit dem Klischee umzugehen sei, dass vegane Männer "unmännlich" seien. Hier verwies ich auch auf den Ansatz von Attila:

  • "Ein Ansatz wird von Attila Hildmann vertreten, der mit einem Youtube-Auftritt unter der Bezeichnung Vegangster versucht, die vegane Ernährung mit einem „hypermaskulinen“ Gangsterimage zu verbinden, von dem er offenbar meint, dass es gesellschaftlich als cool und anziehend wahrgenommen werde. Der Ansatz ist mit der Erwartung verbunden, die Attraktivität der veganen Ernährung und auch von Attilla ließe sich durch ihre dezidierte Assoziation mit dem Bild des männlichen Gangsters steigern, wobei ein maßgeblicher Erwartungsfaktor sicherlich der Aufmerksamkeitsgewinn ist. Allerdings erhält Attila hierfür wenig Unterstützung in der veganen Community, die sich im Gegenteil über den Versuch, eine „hypermaskuline“ und sexistisch verzerrte Version der veganen Lebensweise zu präsentieren (berechtigt) empört. Außerdem sind für Hildmann eher geringe Klickraten auf den Youtube-Videos zu verzeichnen. Selbst im Aufmerksamkeitsbereich scheint der Vegangsta-Versuch zu scheitern."

Inhaltlich muss ich mir keine Vorwürfe machen, denn ich habe den Ansatz klar zurückgewiesen:

  • „Aufgrund ihres emanzipatorischen Charakters, der Vorurteile in Frage stellt und sich gegen alle Unterdrückungsformen wendet, ist es nach unserer Einschätzung mit dem Veganismus unvereinbar, dem omnivoren Bild des wenig "maskulinen" Veganers durch die Postulierung des Gegenteils entgegenwirken zu wollen. Vielmehr kann es aus veganer Sichtweise nur darum gehen, Geschlechts-Steretypien durch den Fokus auf das Individuum und seine Entfaltungsrechte zu korrigieren und sich für die Befreiung aller Menschen von einer primitiven, geschlechtsbezogenen Assoziation mit Fleischkonsum oder anderen Äußerlichkeiten und Merkmalen einzusetzen. Insgesamt nehmen rigide Geschlechtsrollen-Erwartungen ab und es entwickeln sich zunehmend individualisierte Lebensformen. Die Assoziation der veganen Ernährung mit reduzierter "Maskulinität" kann insofern positiv aufgegriffen werden“

Heute denke ich jedoch, die Auseinandersetzung mit Attila hätte weitaus offensiver geführt werden müssen.

Alle Warnsignale waren längst vorhanden und im Rückblick erscheint das jetzige Abgleiten von Attila in menschenverachtende Verschwörungstheorien nicht erstaunlich.

Ethische Basis in den Vordergrund stellen

Nach meiner Einschätzung kann die vegane Bewegung aus dem Fall Attila lernen, dass der Fokus immer auf der ethischen Basis des Veganismus liegen muss.

Gesundheit, Fitness und andere Aspekte können selbstverständlich thematisiert werden und können zu einem positiven Image des Veganismus in der Gesellschaft beitragen. Sie dürfen jedoch nicht im Zentrum stehen, da ansonsten erreichte Fortschritte zu fragil sind und jederzeit zusammenbrechen können.

Wem es an der ethischen Basis fehlt, der kann jederzeit in ähnlicher Art und Weise abgleiten wie aktuell Attila Hildmann. Wenn wir Menschen mit der Methode von Attila Hildman für die vegane Ernährung gewinnen, erzeugen wir letztlich nur Ex-Veganer, die der veganen Bewegung mehr schaden als nutzen.

Auch wenn es weniger Medien-Hype erzeugt als die früheren Auftritte von Attila Hildman, sollte die Strategie zur Ausbreitung des Veganismus darauf ausgerichtet sein und bleiben, auf das unermessliche Leid der Tiere und die Zerstörung der natürlichen Grundlagen unseres Planeten hinzuweisen und im Rahmen dieser Argumentation an Mitgefühl und individuelles Verantwortungsbewusstsein zu appellieren. Ebenso sollten sich Veganer überall und immer für die Schwachen und Entrechteten engagieren, ob Menschen oder Tiere.

Natürlich ist es in diesem Kontext berechtigt und auch wichtig (um Ängste zu mindern) darzustellen, dass die vegane Ernährung eine gesunde und zudem einfach zu praktizierende Ernährung ist, mit der keine Angst vor Nährstoffdefiziten verbunden sein zu braucht. Es sollte aber ein Zusatzargument und nicht das Kernargument sein.

Aus dem Fall Attila sehen wir letztlich, dass es dem Veganismus nicht weiterhilft, sich an die oberflächliche Konsumgesellschaft mit ihren verkürzenden Parolen anzubiedern. Dadurch wird keine tragfähige Basis geschaffen, die Menschen dauerhaft darauf ausrichtet, vegan zu denken und zu handeln und für eine menschen- und tierwürdige vegane Gesellschaft einzutreten.

Bestes Beispiel hierfür ist Attila selbst, dem es trotz jahrelanger parolenartiger Propagierung gesunder und leckerer veganer Kost nicht gelungen ist, zum Veganismus zu finden und dessen ethische Verankerung erkennen und annehmen zu können. Stattdessen ist er zum Opfer seiner eigenen Selbstüberschätzung geworden, der ihn jahrelang antreibenden Medien und einer komplett unkritischen Anhängerschaft, was ihn zur Zeit offenbar geradezu unkorrigierbar abgleiten lässt in ebenso wahnwitzige wie menschenverachtende Verschwörungstheorien, die weltweit vorwiegend von solchen Gruppen und Personen vertreten werden, die der veganen Sache gegenüber indifferent oder feindlich gesinnt sind.

Jetzt biedert sich Attila Hildman nicht mehr dem Mainstream an - wie früher mit seiner Kritik an der veganen Bewegung. Aber nach wie vor mangelt es ihm an ethischem Bewusstsein und so wird er zu einem destruktivem Outlaw, der für keinen positiven Zweck einsteht. Die Abwendung vom geselschaftichen Mainstream ist insofern nicht Ausdruck einer positiven Entwicklung.

Es bleibt festzuhalten, dass Attila kein Unterstützer oder gar Protagonist des Veganismus ist, sondern ein Gegner der veganen Bewegung, der ihr gegenwärtig schweren Schaden zufügt.

Vegan setzt auf Veränderung

Menschen können sich ändern, dies ist geradezu eine Kernbotschaft des Veganismus.

Es ist eine Kernbotschaft, weil fast alle vegan lebenden Menschen in der Vergangenheit Fleisch aßen und viele oft jahrelang Vegetarier waren, bevor sie zur veganen Lebensweise wechselten.

Diese Veränderungsmöglichkeit sollten wir allen Menschen und natürlich auch Attila Hildman zugestehen.

Attila präsentiert sich dieser Tage im Bild mit Schuss- und Stichwaffen, martialisch wirkender Kleidung und Blick. Wir sollten dies jedoch nicht mit seinem tatsächlichen Wesen verwechseln, welches durch jahrelange Selbstdarstellung und Inszenierung verdeckt und womöglich sogar ihm selbst unbekannt sein mag.

Ich selbst habe Attila nur einmal gesehen als ich zusammen mit Seksan in seinem Restaurant in Berlin gegessen habe. Es gab keine wesentliche Kommunikation zwischen uns, aber in der Beobachtung wirkte Attila freundlich und zurückhaltend, alles andere als rabiat oder martialisch, wie er sich so gerne darstellt.

Hinter narzisstischen Streben nach Aufmerksamkeit und Bewunderung, hinter scheinbar unschlagbaren Selbstbewusstsein, Überheblichkeit und Arroganz steht in der Regel ein fragiler und schwacher Selbstwert.

Ich glaube, dies ist auch bei Attila so und sein martialisches Auftreten, sein Angeber- und Statusgehabe sind eine Kompensation.

Ich selbst wünsche Attila Hildman, dass es ihm gelingt, sich mit sich selbst auseinanderzusetzen, sich aus der Verblendung zu lösen und doch noch zum Veganismus zu finden.

Gelänge dies könnte Attila womöglich später einmal authentische Auskunft darüber geben, wie sein Abgleiten geschehen konnte und wie er es damals selbst verarbeitete und erlebte, als er die Wirklichkeit ebenso wie die ethische Priorität der veganen Lebensweise in einem derartigen Ausmaß verkannte.

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