Steigender Fleischkonsum in Entwicklungs- und Schwellenländern – was tun?

Steigender Fleischkonsum in Entwicklungs- und Schwellenländern – was tun?

Der Fleischkonsum in Entwicklungs- und Schwellenländern ist bei weitem geringer als in den Industrieländern. Würden die Menschen in Entwicklungs- und Schwellenländern ebenso so viel Fleisch konsumieren wie die Menschen in den Industrieländern, würde die Anzahl der getöteten Tiere sich vervielfachen und die Auswirkungen auf die Umwelt wären katastrophal. Vermutlich gäbe es keine Fläche naturbelassenen Bodens mehr, wenn alle Menschen so viel Fleisch äßen, wie es sich die Menschen in den Industrieländern angewöhnt haben. Der leicht wachsende Anteil an vegan lebenden Menschen in den Industrieländern hat an diesem Sachverhalt bisher nichts entscheidendes ändern können.

Fleisch ist mit Wohlstand assoziiert. Je wohlhabender ein Land ist, desto mehr Fleisch wird dort pro Kopf verzehrt. Dieser Zusammenhang zeigt sich auch im Fleischkonsum der Entwicklungs- und Schwellenländer. Je stärker es gelingt, Armut zu reduzieren und desto mehr Menschen dem Mittelstand zugehörig werden, desto mehr steigt auch der Fleischkonsum. Tatsächlich ist in nahezu allen Entwicklungs- und Schwellenländern eine Zunahme des Fleischkonsums zu verzeichnen. Dies betrifft ebenfalls China als Land mit der weltweit größten Einwohnerzahl. Auch wenn dort derzeit noch erheblich weniger Fleisch gegessen wird als in den Industrieländern, nimmt der durchschnittliche pro-Kopf-Fleischkonsum doch jährlich zu.

Der Fleischkonsum in den Industrieländern scheint in den letzten Jahren zu stagnieren oder sogar leicht abzunehmen. Anlass zum Jubel ist dies nicht, denn der Konsum findet auf extrem hohen Niveau statt. Weltweit ist die stagnierende oder minimal rückläufige Entwicklung des Fleischkonsums in den Industrieländern nahezu irrelevant, weil sie mehr als ausgeglichen wird durch die Zunahme des Fleischkonsums in den Schwellen- und Entwicklungsländern. Die Bilanz der Fleischreduktion ist also negativ, wenn die weltweiten Verhältnisse berücksichtigt werden.

Fraglos muss der Wohlstand in den Schwellen- und Entwicklungsländern dringend wachsen. Was kann aber gegen den wachsenden Fleischkonsum unternommen werden?

Aus veganer Perspektive werden drei Strategien sichtbar:

  • Es ist kein Naturgesetz, dass der Fleischkonsum mit dem Wohlstand zunehmen muss, sondern dieser Trend entspricht lediglich der gegenwärtigen Situation. Er folgt daraus, dass die politisch Verantwortlichen und die Bevölkerung in den betreffenden Ländern (irrtümlicherweise) davon ausgehen, dass Fleischkonsum gut sei. Hierzu beitragen tut sicherlich auch die Nutztierhaltungsindustrie, die die Schwellen- und Entwicklungsländer als Markt für eine weitere Expansion entdeckt hat. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müsste die herrschende Ideologie, dass Fleischkonsum zu Recht mit Wohlstand verbunden ist, verändert werden. Die Bevölkerung in den meisten Schwellen- und Entwicklungsländern ist über die vegane Alternative nicht informiert. Ihr wird eingeredet, dass Fleischkonsum und weitere Tierprodukte, wie Milch, gesund und notwendig seien. Ebenso wenig sind die politisch Verantwortlichen über die vegane Alternative zur Nutztierhaltungsgesellschaft informiert. Dabei zeigen wissenschaftliche Studien, dass eine vegane Ernährung gesund ist, Umweltschäden reduziert und die Ernährungssicherheit verbessern kann. Gerade für Schwellen- und Entwicklungsländer böte daher die vegane Ernährung eine besondere Chance, mit begrenzten Mitteln die Ernährungssicherheit der Gesamtbevölkerung besser absichern und dadurch gleichzeitig Umweltschäden reduzieren und die allgemeine Gesundheit fördern zu können. Veganer sollten sich daher nicht ausschließlich auf Industrieländer fokussieren, sondern weitaus größere Anstrengungen zur Internationalisierung der veganen Idee und Lebensweise wären wünschenswert. Aufklärungsarbeit ist nicht nur in den Industrieländern, sondern gerade auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern notwendig und sollte sich sowohl an die Allgemeinbevölkerung als auch an die politisch Verantwortlichen richten.

  • Solidarität muss mehr als Aufklärungsarbeit sein. Praktische und konkrete Hilfeleistung für die Herstellung und Bereitstellung veganer Lebensmittel sind von großer Bedeutsamkeit, wobei hierzu auch die konsequente Verbreitung von mit Vitamin B12 angereicherter Pflanzenmilchprodukte gehören könnte und sollte. Die Milchindustrie unternimmt alles, um den regelmäßigen Konsum von Milchprodukten bei den Menschen in den Schwellen- und Entwicklungsländern zu verankern. Sie hat hierbei leider große Fortschritte erzielt. Umso wichtiger ist es, nicht nur in den Industrieländern, sondern gerade auch in den Schwellen- und Entwicklungsländern mit einem breiten veganen Sortiment gegenzusteuern. Neben wirtschaftlichen Aktivitäten, sollten Veganer sich vermehrt für Hilfsprojekte engagieren, die mit der Bereitstellung pflanzlicher Lebensmittel verbunden sind. Derzeit ist dieser Bereich weitgehendes Brachland.

  • In der Aufklärungsarbeit sollten die Traditionen der jeweiligen Länder mit berücksichtigt werden, um an diese soweit als möglich anknüpfen zu können. Ein solcher Ansatz ist bei weitem wirksamer als reine Belehrung, die ausgerechnet durch Vertreter von Ländern stattfände, die sich durch einen besonders hohen Fleischkonsum kennzeichnen und in entsprechend besonders hohem Ausmaß an der Ausbeutung von Tier, Mensch und Umwelt partizipieren. Westliche Arroganz ist in der Tat das letzte, was für die weitere Verbreitung des Veganismus nützlich sein dürfte. Im subsaharischen Afrika war die Ernährung traditionell „semi-vegan“, was bedeutet, dass nur äußerst geringe Mengen an Tierprodukten gegessen wurden. In Süd-Ost-Asien war Milchkonsum traditionell unbekannt und es ist erst ein neues Phänomen, dass nun auch hier Milchkonsum als gesund und für die Entwicklung von Kindern geradezu unerlässlich propagiert wird. An solche Traditionen kann angeknüpft werden, wenn Ländern und Gesellschaften die Idee und Praxis der pflanzenbasierten veganen Ernährung nahegebracht werden soll. Auch gibt es beispielsweise im Hinduismus oder im Buddhismus eine bedeutsame Tradition, die zum Schutz tierischen Lebens aufruft. Auch wenn dies viele der Gläubigen nicht hindert, Fleisch zu essen, kann und sollte dennoch hieran ebenfalls angeknüpft werden, um in den entsprechenden Gesellschaften für die vegane Lebensweise zu werben.

Gegenwärtig konzentriert sich die vegane Bewegung vorwiegend auf Industrieländer. So notwendig auch Veränderungen in den sich durch extremen Fleischkonsum auszeichnenden Industrieländern sind, so wäre es denoch schädlich, wenn weiterhin die Schwellen- und Entwicklungsländer nicht hinreichend berücksichtigt werden würden. Denn in den Schwellen- und Entwicklungsländern wird sich maßgeblich entscheiden, wie sich der Fleischkonsum in den nächsten Jahren und Jahrzehnten entwickeln wird. Gleichzeitig werden in diesen Ländern jetzt bahnende Entscheidungen getroffen, deren Auswirkungen noch lange Zeit erkennbar sein werden. Umso wichtiger ist es, die Aktivitäten für die Ausbreitung der veganen Lebensweise stärker auf Schwellen- und Entwicklungsländer zu beziehen, die von der Annahme einer vegan ausgerichteten Ernährungsweise im Übrigen in hohem Ausmaß profitieren könnten. Der Einsatz für die Verbreitung der veganen Lebensweise in den Schwellen- und Entwicklungsländern ist ein Ausdruck internationaler Solidarität, die derzeit noch viel zu kurz kommt.

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