Im Interview: Tanja Matzku, Autorin von “Die Küche der Zukunft”

Im Interview: Tanja Matzku, Autorin von “Die Küche der Zukunft”

Die "Küche der Zukunft" von Tanja Matzku ist ein Kochbuch, welches eine Vielzahl von bodenständigen und ohne hohen Aufwand zu zubereitenden Rezepten enthält.

Nicht zu kurz kommt die Information über Nährwerte und die Darlegung von Gründen für die vegane Lebensweise.

Die Autorin weist dabei dem Leid der Tiere, welches abzuschaffen ist, und der Zerstörung der Umwelt, welche zu überwinden ist, argumentative Priorität zu. Denn keine andere Lebensweise ist so nachhaltig auf die Minderung von Leid und den Schutz unserer Umwelt ausgerichtet wie der Veganismus.

So optimistisch der Titel "Küche der Zukunft" auch ist, so zweifelt die Autorin im Interview mit Vegan.eu daran, dass eine komplett vegane Gesellschaft entstehen wird. Dennoch vertritt sie für sich selbst einen konsequenten Veganismus, wobei sie den Vegetarismus zwar für einen Fortschritt, nicht aber für ausreichend hält.

Tanja Matzku plädiert aus tierrechtlicher und ökologischer Sichtweise für eine weitere Ausbreitung der veganen Lebensweise. Dabei tritt sie für einen pragmatischen Weg ein, um die vegane Lebensweise zu verbreiten, selbst wenn dabei auf weniger reflektierte Argumente und Methoden zurück gegriffen wird, die die vegane Lebensweise als schick oder "sexy" erscheinen lassen.

Zweifelsohne ist die Betrachtung von Tanja Matzku kurzfristig und mittelfristig realistisch. Sicherlich wird eine komplett vegane Gesellschaft nicht in derzeit vorhersehbarer Zeit entstehen. Entsprechend wird es auch nicht möglich sein, die negativen Folgen des Fleisch- und Tierproduktekonsumes sofort, kurzfristig oder auch nur mittelfristig zu beseitigen.

Langfristig mag aber die Sichtweise von Tanja Matzku durchaus als zu pessimistisch betrachtet werden. Die Vision einer veganen Gesellschaft erscheint uns nicht unrealistisch, wenn wir sie in einen langfristigen Entwicklungskontext setzen.

Die menschliche Gesellschaft hat bereits dramatische Wandlungen erfahren. Warum sollte es da außerhalb des Möglichen liegen, dass eine künftige Gesellschaft von der ebenso unnötigen wie grausamen und unsere Umwelt zerstörenden Nutztierhaltung auch in Gänze absieht?

Dies ist jedoch in keiner Weise ein fundamentaler Dissenz, sondern lediglich eine Fragestellung subjektiver Wahrscheinlichkeitseinschätzungen. Beides, stärker optimistische und stärker pessimistische Sichtweisen, sind berechtigt und können mit jeweils guten Argumenten vertreten werden. Einigkeit besteht aber wiederum dahingehend, dass mindestens eine bedeutsame Ausdehnung der veganen Lebensweise und eine entsprechend bedeutsameMinderung des Leides der betroffenen Tiere möglich ist.

Diskussionen über den besten Weg zur Ausbreitung der veganen Lebensweise sind als Diskussionen über rein strategisch-taktische Erwägungen zu bewerten und beruhen keineswegs auf einer grundsätzlichen Unvereinbarkeit oder Gegnerschaft der verschiedenen möglichen Standpunkte. Sie stellen daher auch keinen Grund für Streit und Entzweiung innerhalb der veganen Bewegung dar.

Dies wird allerdings aus unserer Sichtweise von solchen Vertretern der veganen Lebensweise verkannt, die ultimativ fordern, in der öffentlichen Diskussion sich gerade auch auf eine Verurteilung von Vegetariern zu fokussieren (Motto: "Vegetarier sind Mörder"). Aus unserer Sichtweise ist auch der Vegetarismus - trotz seiner Inkonsequenz - bereits als ein erster Schritt zu bewerten, an den als Ressource für die Weiterentwicklung zum Veganismus angeknüpft werden kann (siehe auch hier). Hier stimmen wir insofern Tanja Matzku zu.

Aber lest selbst, was Tanja uns zu sagen hat:

Interview mit Tanja Matzku, Autorin von "Die Küche der Zukunft"

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Kannst du den Leserinnen und Lesern von vegan.eu bitte kurz dich selbst und das von dir verfasste Kochbuch vorstellen?

Ich lebe seit 11 Jahren in Berlin und bin Hundetrainerin. Meine Ernährung war mitunter auch ein Grund, warum ich damals von Bayern nach Berlin gezogen bin. Vielfalt. Ich weiß, wie schwer die Umstellung sein kann, wie schwer es ist den Versuchungen in unserer aggressiv beworbenen Überflussgesellschaft zu widerstehen Daher habe ich mir überlegt ein Buch zu schreiben, dass vor allem den Übergang erleichtern soll.

Im ersten Teil stehen uns Veganern bekannte Hintergrundinformationen, das "Warum eigentlich?", dazu Nährwerttabellen und Infos, die jeder Einsteiger, aber auch Alteingesessene ganz gut gebrauchen kann. Ein kompaktes Nachschlagewerk mit allem Drum und Dran. Dann folgen über 170 Rezepte mit (so hoffe ich) appetitanregenden Farbfotos. Das Buch soll durchaus die Dringlichkeit vermitteln, vor allem aber auch Spaß machen. Es ist wirklich für jeden Geschmack etwas dabei.

"Die Küche der Zukunft" - Warum hast du diesen Titel gewählt?

Ehrlich gesagt hatte ich noch keinen Titel, als mein ehemaliger Partner diesen Vorschlag machte. Ich fand die Idee sehr passend. Denn genau das ist der Inhalt. Es ist unumgänglich, dass wir von unserem haltlosen Konsumverhalten irgendwann Abschied nehmen. In allen Lebensbereichen, aber für uns Tier- und Umweltschützer heißt das vor allem: Weg vom Konsum anderer Lebewesen. Die Zukunft bedeutet für mich, dass Menschen reflektieren, wieder fähig zum Verzicht werden und umdenken. Das Buch soll ihnen dabei, auf dem Weg in die Zukunft, helfen.

Der Titel wirkt optimistisch. Glaubst du, dass sich in der Zukunft eine vegane Ernährung durchsetzen wird?

Nein. Ich kann mir auch gut vorstellen, dass es Menschen gibt, für die eine rein vegane Ernährung nicht optimal ist, auch wenn das sicher Ausnahmen sind. Ein realistisches Ziel wäre aber für mich, wenn Menschen sich ganz automatisch den Großteil der Woche pflanzlich ernähren lernen und dann zu besonderen Gelegenheiten auf Tierisches zurückgreifen. Wenn das für alle Normalität würde und nur wenig vom Tier konsumiert würde, diese Tiere wie Könige behandelt würden, das könnte ich mir als realistische Zukunftversion vorstellen. Und das wäre schon ein riesengroßer Schritt in die richtige Richtung.

Gibt es Unterschiede zwischen "Die Küche der Zukunft" und den anderen veganen Kochbüchern, die in den letzten Jahren veröffentlicht wurden?

Das ist eine gute Frage. Als ich anfing das Buch zu schreiben, war der Markt viel viel kleiner. Das ist schon ein paar Jahre her, das Projekt hat sich etwas gezogen, da ich komplett alles selbst gemacht habe. Ich bin sehr stolz auf die unglaublich vielen bebilderten Rezepte. Das Buch ist sehr bodenständig, es ist kein "Life-Style"-Buch und soll vor allem auch Menschen ansprechen, die sich mit dem Themenkomplex bisher wenig oder gar nicht beschäftigt haben. Es ist finde ich so umfassend geworden, dass es auch keine Fortsetzung geben kann, höchstens ein paar neue Rezepte.

Ist das Buch überall im Buchhandel erhältlich oder wie kann es am besten bezogen werden?

Ja, es ist im Buchhandel erhältlich. Leider wird es bisher nur als "Book on Demand" verkauft. Ich konnte bisher keinen mutigen, idealistischen Verlag finden. Daher gibt es drei Versionen. Diedurch die vielen Farbfotos sehr preisintensive Vollfarbversion, eine Teilfarbversion mit schwarz-weiß Bildern und eine sehr günstige PDF Version für alle, die ihren Rechner sowieso meist laufen haben.

Buchversion:

http://www.mv-buchshop.de/catalog/ (und überall sonst im Buchhandel zu bestellen)

In digitaler Version auf:

http://shop.readbox.net/

Wie bist du selbst zum Kochen gekommen? Gibt es in deinem Kochbuch ein Lieblingsrezept?

Ich habe zu Beginn meiner Zeit als Tierschützer versucht, Leute zu missionieren. Das war sehr anstrengend, hatte so gut wie nie Erfolg und ich habe natürlich mit viel Abwehrverhalten und Anfeindungen kämpfen müssen. Eines Tages hatte ich auf einer Reise die Idee zu dem Kochbuch. Ich wollte nicht aufhören für eine gewaltfreiere Welt zu kämpfen aber einen anderen Weg finden. Dann fuhr ich aus der Wüste nach Hause und stellte mich erst mal ein ganzes Jahr in die Küche.

Ich habe natürlich fast nur Gerichte in dem Buch, die ich selbst sehr gerne mag. Da ich ein einfach gestrickter, bodenständiger Mensch bin, mag ich vor allem die Pastagerichte, allen voran meine Lasagne. Die ist unschlagbar. Wenn ich mal Gäste habe und mir mehr Zeit nehme, dann liebe ich auch zwei verschiedene Sorten Knödel mit zwei Sorten "Bratensauce" zur Wahl, dazu selbstgemachtes Blaukraut und Salat.

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Wie alt bist du und seit wann lebst du vegan? Was waren damals deine Gründe für den Umstieg auf vegan. Sind die Gründe gleich geblieben oder ist etwas dazu gekommen?

Ich bin 38 Jahre alt, lebe seit meinem 14ten Lebensjahr vegetarisch und seit ca. 8 Jahren vegan. Die Gründe stehen alle im Buch ;-).

Ich habe, wie viele, den Gedanken des Vegetarismus einfach einmal zu Ende gedacht. Wie geht es der Milchkuh, ihren Kälbern, Hühnern, etc. Nur kein Fleisch zu essen, reicht nicht. Das Leid bleibt sonst. Hinzu kamen die Argumente, die den Naturschutz, die Gesundheit und auch die Ernährungssituation von Menschen in anderen Ländern betreffen. Es begann mit dem Mitgefühl für Tiere und je größer das Wissen wurde, desto dringlicher war Handeln angesagt. Umstellung. Nicht mehr mitmachen.

Wie erlebst du die Akzeptanz der veganen Lebensweise in der Gesellschaft? Hast du positive oder negative Erfahrungen gemacht?

Nun gut, ich lebe in Berlin und der Veganismus boomt hier gerade. Das ist schön und angenehm. Nach all den Jahren. Man hat sich oft gefühlt, als hätte man eine Krankheit oder wäre nicht normal im Kopf. Menschen ändern sich nicht gerne und wenn man sie, selbst ohne etwas zu sagen, durch seine bloße Existenz, darauf aufmerksam macht, dass sie gewalttätig sind, das kommt nie gut an.

Auf Familienfesten haben sich ganze Horden von Verwandten gegen mich gestellt. Gegen einen Menschen, der nur gegen Grausamkeit kämpfen will, mehr nicht. Ich denke, das ist immer so. Frauenrechtlerinnen in den 50er Jahren hatten sicher auch keinen Spaß. Der Mensch ist langsam in der Anpassung und erst schlägt er mal wild um sich. Und verteidigt auch erst mal Gewalt, mit allen Rechtfertigungen, die ihm zur Verfügung stehen.

Positive Erfahrungen gibt es auch. Es gibt Menschen, die können ihren eigenen Egoismus sehen und zugeben und Dinge sagen wie: "Du hast Recht, diese Zustände sind der Horror aber ich fühle mich so schwach, ich kann nicht widerstehen Ich muss mehr darauf achten." Das werte ich als positiv. Hier erkennt jemand seine Schwäche und das ist doch der erste Schritt. Ich bin auch schwach. Wir sind ja alle nur Menschen. Mein Vater, dem auch das Buch gewidmet ist, hat sich immer wieder in die Küche gestellt, und versucht, vegetarische Gerichte für mich zu kochen. Vor zwei Jahren hat er ein fast ausschließlich veganes Weihnachtsfest ausgerichtet und der Mann ist über 70. Das ist sehr positiv.

Die vegane Lebensweise wird erst dann nachhaltigen Einfluss ausüben können, wenn sie sich weiter verbreitet. Was ist deiner Meinung nach der beste Weg, um die Ausbreitung der veganen Lebensweise zu fördern?

Informieren, überall in den Medien vertreten sein, ständig. Es vor allem entspannt und selbstverständlich vorleben. Ja, ich denke, das sind alles gute Wege. Missionieren nicht so sehr, wie ich aus eigener Erfahrung lernen durfte.

Leider leben wir in einer Spaßgesellschaft und so kommt man auch nicht drum herum, Veganismus als angesagt und sexy zu verkaufen. Die Einstellung, die dahinter steht, verkauft sich nicht so gut.

Die meisten Deutschen sind keine Tierfreunde. Sie mögen ihren Hund und ihre Katze und das war's. Alle anderen Tier haben da ganz extrem schlechte Karten. Das muss man irgendwie gut verkaufen. Idealismus allein verkauft sich nicht.

Im Übrigen ist auch Hundehaltung, und vor allem deren Fütterung, aus ethischer Sicht durchaus kritisch zu betrachten. Und das sage ich obwohl, oder gerade weil ich als Hundetrainerin arbeite. Man muss es also irgendwie gut verkaufen. Für Idealismus allein hat die Welt keine Zeit mehr.

Was glaubst du ist das häufigste Hindernis, warum Menschen sich nicht vegan ernähren?

Faulheit. Egoismus. Selbstgerechtigkeit. (die ich alle nur zu gut selber kenne....)

Wie ist deine Einstellung zu Vegetariern, die noch Milch und Eier essen? Ist der Vegetarismus bereits ein Fortschritt oder sollten wir die vegetarische Ernährung ebenso kritisch betrachten wie den Fleischkonsum?

Jeder Schritt ist ein Fortschritt. Aber es ist ja keine Frage, dass Vegetarier im großen Stil weiterhin Massentierhaltung fördern. Es sei denn, sie ernähren sich ausschließlich aus dem Bioladen. Damit unterstützen sie aber immer noch Tierhaltung und Tötung. Es gibt viele Übergangsstufen. Man kann ja immer mal dezent zum weiteren Nachdenken und damit zum nächsten folgerichtigen Schritt anregen.

Hast du weitere Pläne für die Zukunft, die du uns bereits wissen lassen kannst?

Na klar, Weltfrieden. 🙂

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