Öko-Test „Veganer Fleischersatz“: Runter mit den Mineralölbestandteilen!

Öko-Test „Veganer Fleischersatz“: Runter mit den Mineralölbestandteilen!

Ökotest hat 22 Fleischalternativen getestet. Der Test hat eine breite Medienresonanz gefunden. Die Grundstimmung lautet: Vegan ist ungesund! Beispielhaft sei hierfür ein Bericht im Stern verlinkt. Eine Durchsicht der Testergebnisse zeigt jedoch, dass die Medienberichterstattung mit dieser Generalisierung in die Irre führt.

 

Mineralölbelastung ist der Knackpunkt

 

Eine Durchsicht der Testbefunde zeigt, dass der einzige tatsächlich bedenkliche Befund darin besteht, dass 16 der getesteten 22 Produkte deutlich bis sehr stark mit Mineralölen belastet sind, von denen letztlich nicht ausgeschlossen werden kann, dass ihr Verzehr gesundheitsschädlich ist.

 

Genau diese Mineralölbelastung hat allerdings nichts mit der veganen oder fleischfreien Natur der untersuchten Produkte zu tun, wie wir auf vegan.eu bereits in einem vorherigen Artikel zu einem Öko-Testbericht mit wesentlich positiveren Ergebnissen zu veganen Produkten festhielten.

 

Die Mineralölbelastung fleischfreier und veganer Produkte ergibt sich nicht durch das Fehlen von Fleisch und anderen Tierbestandteilen, sondern resultiert aller Wahrscheinlichkeit nach durch eine Freisetzung von Mineralölen aus der Verpackung. Es handelt sich hierbei um ein allgemeines Problem verpackter Lebensmittel (siehe foodwatch-Bericht), welches nicht mit der veganen oder vegetarischen Ernährung verbunden ist und einen Großteil verpackter Lebensmittel betrifft. Dies betrifft Bio-Produkte ebenso wie konventionelle Produkte, wobei beispielsweise die Verwendung von aus ökologischen Gründen eigentlich vorteilhaften Recyclingpapier das Problem verstärken kann.

 

In der Medienberichterstattung ist die Sachlage nicht ausreichend berücksichtigt worden, dass der allergrößte Anteil der durch Ökotest durchgeführten Produkt-Abwertungen sich auf die Mineralölrückstände in den Lebensmitteln bezog, so dass ein unmittelbarer Bezug zur veganen Ernährung an sich nicht besteht.

 

Dies ändert wiederum fraglos nichts an der Sachlage, dass es sich um einen Missstand handelt, wenn veganer und vegetarischer Fleischersatz in teilweise erheblichem Ausmaß durch Mineralöle verunreinigt ist. Diese Missstand muss schnell und dringend abgestellt werden, im Interesse der Verbraucher wie auch darüber hinausgehend im allgemeinen Interesse der veganen Sache, die durch solche Befunde in Misskredit gebracht wird. Denn die Medien verbinden die tatsächlich nicht vegan-spezifischen Mineralölrückstände mit einem allgemeinen Frontalangriff auf die vegane Ernährung, gemäß derer ganz nach der Logik von Sarah Wiener vegane Produkte unnatürlich und ungesund wären. Eben hierfür ergeben sich jedoch bei Lektüre des Ökotest-Berichts keinerlei Anhaltspunkte.

 

Die Firma Topas,deren Schnitzel nach den Ökotest-Bericht eine erhebliche Mineralölverunreinigung aufweist, hat zugesagt, ihre Produktionskette zu überprüfen und die Verunreinigungen künftig ausschließen zu wollen. Es ist zu hoffen, dass dies umgesetzt wird und dass sämtliche anderen Hersteller veganer Produkte nachziehen.

 

Die Elimination von Mineralölrückständen aus veganen Lebensmittel ist nach den Ergebnissen der Ökotest-Untersuchung eine der wichtigsten Herausforderungen, die vegane Hersteller annehmen und meistern sollten, auch um vegane Produkte nicht in Verruf zu bringen und dadurch der veganen Sache nicht zu schaden.

 

Bei vegan.eu werden wir diese Angelegenheit im Auge behalten und in einem Jahr bei allen relevanten Herstellern nachfragen, inwiefern sie gewährleisten können, dass Verunreinigungen ausgeschlossen oder minimiert werden.

 

Andere Bedenken wenig überzeugend

 

Abgesehen von der Mineralölbelastung werden durch Ökotest weitere Bedenken gegen einzelne Produkte erhoben, die aber mehrheitlich wenig überzeugend sind:

 

- Bei sieben Produkten merkt Ökotest die Verwendung von Hefeextrakt kritisch an, wobei durch Ökotest Hefeextrakt analog zu isolierten Glutamaten, die als Geschmacksverstärker dienen, behandelt wird. Dies ist aber eine fragwürdige Einordnung. Hefeextrakt, welches auch in Bio-Produkten erlaubt ist und in Bio-Qualität hergestellt werden kann, enthält zwar Glutamat, aber nicht mehr als andere natürliche Lebensmittel, wie Tomaten, und deutlich weniger als das traditionsreiche Würzmittel Sojasauce. Es gibt keinerlei wissenschaftlichen Beleg oder auch nur Hinweis dafür, dass Hefeextrakt zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen würde. Ein Unterschied zur Sojasauce, deren Verwendung Ökotest berechtigterweise nicht als Abwertungskriterium heranzieht, besteht nicht.

 

Tatsächlich ist Hefeextrakt in Großbritannien längstein ähnlich traditionelles Lebensmittel geworden wie Sojasauce in Asien. In Großbritannien wird Marmite (Hefeextrakt) sehr gerne auf Brot geschmiert gegessen. Über bundesrepublikanische Bedenken, dass vegane Produkte Hefextrakt enthalten, würden Menschen aus Großbritannien wohl nur lachen können.

 

Kurzum:

 

Die Verwendung von Hefeextrakt ist in keiner Weise mit der Verwendung isolierter Glutamate vergleichbar, sondern völlig unproblematisch. Es gibt daher keinen rationalen Grund – es sei denn, es geht um die Vermeidung eines unberechtigten Imageschadens - warum vegane Produkte auf die Verwendung von Hefeextrakt verzichten sollten.

 

- Außerdem wirft Ökotest insgesamt 12 der 22 Produkte einen zu hohen Salzgehalt vor. Für unbedenklich hält Ökotest 2 Gramm Salz auf 100 Gramm. Bei sechs der monierten 10 Produkte wurde dieser Gehalt um lediglich 0,1 oder maximal 0,2 Gramm Salz überschritten, was gesundheitlich sicherlich kaum eine Rolle spielen dürfte.

 

Dies gilt umso mehr, als dass veganer Fleischersatz eben nicht in rauen Mengen, sondern sparsam als eine Zutat zu einem Gericht aus Gemüse oder als Aufschnitt zu Brot gegessen werden sollte. Tatsächlich hat eine Umfrage von vegan.eu gezeigt, dass Veganer veganen Fleischersatz nur selten konsumieren. Minimale Überschreitungen der von Öko-Test zugrunde gelegten Salzobergrenzen von zwei Gramm pro 100 Gramm dürften insofern typischerweise vernachlässigbar sein.

 

Vor allem aber enthalten verarbeitete Fleischprodukte in der Regel deutlich mehr Salz als die kritisierten veganen Produkte. So werden auf der Internetseite der NRW Verbraucherzentrale für deutsche Salami pro 100 Gramm 5,4 Gramm Salz, für Putensalami 3,2 Gramm, für Fleischwurst2,5, für Bierschinken 2,8, für Putenbrust 3,1 und für Lachsschinken 6,1 Gramm Salz angegeben.

 

Es wäre wünschenswert gewesen und hätte der Versachlichung der Diskussion gedient, wenn Ökotest im Text auf diesen Vergleich hingewiesen hätte. Dessen ungeachtet seien aber die Hersteller aufgefordert, die Salzgehalte zu reduzieren und sämtlich unter die Obergrenze von zwei Gramm pro 100 Gramm zu bringen. Wir werden auch bezüglich des Salzgehalts in einem Jahr bei allen relevanten Herstellern nachfragen, was sich getan hat und wie der Stand ist.

 

-Bei drei Produkten wurden Spuren gentechnisch veränderter Sojabohnen gefunden, was ebenfalls zu einer Abwertung führte. Die Spuren ergaben sich nicht, weil die Hersteller gentechnisch veränderte Sojabohnen eingekauft hätten, sondern sie ergaben sich als Verunreinigungen. Sojabohnen werden aktuell zwecks Tierfütterung in riesigen Mengen weltweit gentechnisch verändert angebaut. Je stärker aber gentechnisch veränderte Pflanzen angebaut werden, desto weniger lässt sich die Ausbreitung ihres Genmaterials ausschließen. Mit zunehmendem Anbau gentechnisch veränderter Pflanzen werden künftig vermutlich beispielsweise gar keine Sojabohnen oder auch Maiskörner mehr identifizierbar sein, die nicht Spuren gentechnischer Veränderungen enthalten würden.

 

Die Abwertung der Produkte ist daher nachvollziehbar, aber doch nicht sachgerecht, weil ein gesellschaftliches Problem, welches maßgeblich gerade durch die Nutztierhaltung entsteht, hier an den Herstellern veganer Produkte ausagiert wird. Ein gesundheitlicher Schaden ist dabei nach allen verfügbaren Informationen durch die Spuren gentechnisch veränderter Sojabohnen, die sich in den Produkten fanden, nicht zu erwarten.

 

Positive Aspekte

 

Die Ökotest-Untersuchung hat mögliche gesundheitliche Vorteile durch Inhaltsstoffe fleischfreier Produkte im Vergleich zu Fleischprodukten nicht systematisch analysiert. Allerdings zeigt die Durchsicht der Fettgehalte, dass diese bei den meisten Produkten geringer sind als bei analogen Fleischprodukten, was im Testbericht auch erwähnt wird. Zudem ist das Fettprofil der allermeisten Produkte mit im Regelfall erheblich weniger gesättigten Fetten deutlich günstiger als bei Fleischprodukten. Positiv ist auch, dass Ökotest mit der Ausnahme eines Produktes, welches mit Eisen angereichert war, in den Produkten keine bedenklichen Zusatzstoffe fand. Dies steht ganz im Gegensatz zu den Annahmen vieler Vegankritiker, die den fehlerhaften Eindruck verbreiten, vegane Produkten seien mehr Chemie als Natur.

 

Resümee

 

Der Ökotest-Bericht hat eine vegan-negative Berichterstattungslawine in den Medien losgetreten. Dabei haben die Medien aber den Hauptbefund verpasst, nämlich dass die erhöhten Mineralölbestandteile ein allgemeines Problem verpackter Lebensmittel sind, die nichts mit der veganen Lebensweise oder veganen Produkten an sich zu tun haben.

 

Wird von diesem dringend abzustellenden Problem abgesehen, ergeben sich aus dem Ökotest-Bericht keine ernsthaften Bedenken gegen vegane Produkte.

 

Ratsam mag es aber sein, die salzärmeren Alternativen zu wählen. Auf Herstellerseite ist eine weitere Reduktion des Salzgehaltes wünschenswert, selbst wenn dieser bei vergleichbaren Tierprodukten höher ausfällt.

 

Spuren gentechnisch veränderten Soja sollten möglichst vermieden werden, wobei diese Forderung aber langfristig nur aufrechtzuerhalten sein dürfe, wenn die Gesellschaft sich weltweit gegen die Nutzung gentechnisch veränderter Ackerpflanzen entscheiden sollte. Dies ist unwahrscheinlich, zumal der weltweit weiterhin zunehmende Fleischkonsum nach wie vor ein wesentlicher Mitantreiber der Verwendung gentechnisch veränderter Soja- und Maispflanzen ist. Verbraucher, die nicht-vegane Produkte kaufen oder in Restaurants verzehren tragen zu diesem Problem letztlich bei.

 

Die Fettgehalte und Fettprofile veganer Produkte sind insgesamt erheblich günstiger als bei Fleischprodukten.

 

An der Verwendung von Hefeextrakt kann schließlich ebenso bedenkenlos festgehalten werden, wie die Menschen in Großbritannien auch künftig Marmite weiterhin bedenkenlos auf ihre Brote streichen können und werden!

 

Unverändert gilt natürlich nach wie vor der folgende Hinweis:

 

Eine gesunde vegane Ernährung stützt sich vorwiegend auf den Konsum von möglichst naturbelassenem Gemüse, Obst, Getreideprodukten, Tofu und Sojamilch, stärker verarbeitete vegane Fleischersatzprodukte können und sollen höchstens eine Ergänzung zu einer entsprechend vollwertigen Ernährung darstellen, sie sind in Maßen und sicherlich nicht im Übermaß zu verzehren.

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