Flüchtlinge: Wir verlieren unser Gewissen

Flüchtlinge: Wir verlieren unser Gewissen

Kommentar von Guido F. Gebauer

Die Bilder der im Mittelmeer täglich ertrinkenden Frauen, Männer und Kinder erzeugen in Deutschland und den anderen Staaten der europäischen Union kaum noch Mitgefühl. Während die Menschen unter Satellitenbeobachtung sterben, dreht sich die Diskussion hierzu Lande nicht um ihre Rettung, sondern darum, ob wir künftig an den Grenzen direkt auf Flüchtlinge schießen sollten.

Den Flüchtlinge aus Syrien, Irak, Afghanistan und Eritrea geschieht das, was sonst vorallem Tieren vorenthalten ist: sie werden nicht als Mitwesen, sondern als Plage wahrgenommen (siehe auch die Artikel des Verfassers zur Thematik auf Menschenrechte.eu hier, hier und hier).

Immer wieder begegnen mir auf Facebook Seiten mit rührenden Tierbildern, die zur Rettung von Hunden in Rumänien aufrufen, während sie gleichzeitig Hass gegen Flüchtlinge verbreiten. Selbst im Bekanntenkreis sind mir Menschen begegnet, die sich für die vegane Lebensweise und gegen Flüchtlinge aussprechen. Gemeinsam ist ihnen, dass ihnen jeglicher direkte Kontakt zu den Flüchtlingen und jegliche Kenntnis über die Zustände in den Herkunfts- und Transitländern fehlen. In einer nur noch als wahnhaft zu bezeichnender Verkennung sehen sie nicht die Flüchtlinge durch Krieg, Abschottung und Naturgewalten, sondern sich selbst durch die Flüchtlinge bedroht.

Wer aber glaubt, er könne einen nationalen Veganismus in einer Welt der Menschen- und Tierverachtung aufbauen, irrt gewaltig und fürchterlich:

So wie die Brutalität, die wir Tieren entgegenbringen, auf unseren Umgang miteinander generalisiert - sadistische Mörder, die mit Tierquälerei begannen, sind hierfür ein Beispiel - so generalisiert auch die Brutalität, die wir Menschen entgegenbringen, auf unseren Umgang mit Tieren.

Gegenwärtig machen wir unsere Grenzen dicht gegenüber unermesslichem Leid und Elend. Wir lassen abertausende Menschen lieber einen qualvollen Tod sterben, als dass wir für ihre Aufnahme sorgen würden. Wir bezahlen andere Länder, damit sie die Drecksarbeit für uns erledigen und verzweifelte Menschen, die nichts als ihr Leben retten konnten, zurück in den Krieg schieben. Wir finden es normal, dass uns und unseren Kindern Wohlstand, Sicherheit, Ernährung und gesundheitliche Versorgung vorbehalten sind, während wir Menschen anderer Völker und ihren Kindern das Recht auf Sicherheit und Leben verweigern. Wir erklären Verfolgerstaaten zu sicheren Herkunftsländern und werfen eine Abschiebemaschinerie an, die zum Verlust von Menschenleben führt. Nun diskutieren wir über Schusswaffeneinsatz an der Grenze, wobei sich zahlreiche Heuchler empören, die Menschen ertrinken lassen, aber selbst den Abzug der Waffe nicht drücken wollen.

Nur wer abstumpft, kann glücklich leben, während ringsum ihn herum Menschen hilflos sterben. Nur wer sich seiner empathischen Gefühlsregungen entledigt, diskutiert über Schusswaffengebrauch statt Rettungsringe, wenn Kinder in den Fluten ertrinken.

Fahren wir fort auf dem mörderischen Kurs, wird die Brutalität, die wir jetzt den Flüchtlingen entgegenbringen, uns selbst, Europa, unseren Umgang miteinander, aber auch unseren Umgang mit den Tieren prägen. Wenn bereits 29% der Bevölkerung sich in einer Umfrage für den Einsatz von Schusswaffen gegen unbewaffnete Flüchtlnge aussprechen, kann und wird dies nicht spurlos an unserer Gesellschaft vorbei gehen. Der massenmörderische Akt durch Unterlassen und Abschottung lässt sich nur fortsetzen, wenn wir kollektiv unser Gewissen außer Kraft setzen. Wer kein Gewissen mehr hat oder wahrnimmt, wer ungerührt bleibt angesichts unermesslichen menschlichen Leides, dessen Gewissensregungen werden auch gegenüber Tieren verdorren. Jeder Tag, an dem wir unseren menschenunwürdigen Umgang mit den Flüchtlingen fortsetzen, entfernt uns so gleichzeitig in orbitanter Geschwindigkeit von einer Gesellschaft, die aufhört, für ihr scheinbares Wohlergehen Milliarden Tiere zu opfern.

Der Platz vegan lebender Menschen ist nicht an der Seite der Fremdenfeinde und Abschotter, sondern an der Seite der Flüchtlinge, die vor unserer aller Augen Opfer eines Verbrechens gegen alle Menschlichkeit werden.

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