Bio-Sneaker „vegan, bio und fair“ – Interview mit Marc Solterbeck von der Fair Deal Trading GmbH

Bio-Sneaker „vegan, bio und fair“ – Interview mit Marc Solterbeck von der Fair Deal Trading GmbH

Vegane Schuhe sind heute bei weitem leichter zu erhalten, als dies früher einmal der Fall war. Über den veganen Versandhandel sind vegane Schuhe tatsächlich in allen Formen und Qualitäten verfügbar.

Selten aber genügen alle Materialien veganer Schuhe den Anforderungen der Bio-Qualität und ebenso selten werden die Kriterien des Fair Trade erfüllt. Noch seltener gilt alles Drei.

Dies ist bedauerlich, weil die vegane Lebensweise nicht nur Tiere nicht verzehren und ausbeuten möchte, sondern natürlich ebenso für den Schutz von Menschen einsteht und zudem die Erhaltung der natürlichen Lebensgrundlagen unseres Planetens anstrebt.

Tatsächlich kennzeichnen sich selbst konventionelle vegane Produkte - im Vergleich zu nicht veganen konventionellen oder Bio Produkten - bereits jetzt durch eine weitaus bessere Öko-Bilanz. Außerdem ist die vegane Lebensweise geeigneter als eine Lebensweise mit (Aus)Nutzung von Tieren, um die menschliche Ernährungssicherheit weltweit gewährleisten zu können. Das Optimum ist aber die Kombination von vegan mit bio und fair Trade, um die vegane Zielstellung der Abschaffung vermeidbaren Leidensvon Mensch und Tier zu erreichen.

Mit den "Bio Sneakers" der Fair Deal GmbH, genannt EHTLETIC, gibt es jetzt in diesem Bereich einen Schuh, der nicht nur komplett vegan ist, sondern ebenfalls die Voraussetzungen von Bio-Qualität und fair Trade erfüllt.

Interview mit Marc Solterbeck, Geschäftsführer der Fair Deal Trading GmbH

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Wer seid ihr und was tut die Firma Fair Deal Trading?

Die Firma Fair Deal Trading wurde 2004 von dem Deutschen Dr. Martin Kunz und dem Engländer James Loyd in London gegründet. Die Unternehmensidee war der Handel mit Fair gehandelten Fußbällen aus Pakistan. Schnell gesellten sich weitere Produkte zu den Fußbällen, deren Rohstoffe (wie Gummi und Baumwolle) aus den gleichen Fairtrade-Lieferketten bezogen wurden. Darunter auch die ersten Sneaker .

2007 haben Martin Kunz und Jamie Lloyd beschlossen, ihr kleines Unternehmen an die Firma Comunity Foods (engl. Handelsunternehmen für fair gehandeltes Trockenobst) zu verkaufen. 2011 beschloss die Geschäftsführung von Community Foods den Betriebsteil „Fair Deal Trading“ wegen wirtschaftlicher Defizite wieder zu schließen bzw. abzutreten.

Auf Bitten von Martin Kunz arbeitete der heutige Geschäftsführer der Fair Deal Trading GmbH (Marc Solterbeck) eine Übernahmemöglichkeit aus und überführte die damalige Business Unit Fair Deal Trading in die heute in Deutschland ansässige Fair Deal Trading GmbH mit Sitz in Lübeck.

Fair Deal Trading ist heute ein kleines internationales Handelsunternehmen, dass ausschließlich mit Produkten und Rohstoffen handelt, die aus durchgängigen fairen Lieferketten stammen.

Fair Deal Trading arbeitet zurzeit mit drei festangestellten Mitarbeitern in Deutschland so wie mit einem internationalen Netzwerk von FairTrade Händlern in Europa wie zum Beispiel Helvetas (Schweiz), The Fair Cooperation (Großbritannien) oder Fair Unlimeted (Schweden). Fair Deal Trading ist FLO- und FSC-zertifiziert (GOTS Zertifizierung findet im August statt), betreibt aber auch eigene Fair Trade Projekte wie bei den Gummizapfern in Sri Lanka oder bei den Produzenten von Sportbällen und Schuhen in Pakistan, wo die betrieblichen Wellfare Societies über von Fair Deal Trading bezahlte Fair Trade Prämien unterstützt werden .

Was ist das Besondere an ETHLETIC?

Das gute Gefühl! Und das aus zwei Gründen: Jeder Schuh besteht ausschließlich aus nachhaltigen Rohstoffen (FLO-zertifizierte Bio-Baumwolle, FSC-zertifizierter Naturkautschuk). Und jeder Schuh kommt aus ausschließlich fair gehandelten Lieferketten. Die Schuhe sind stylish und ethisch korrekt, daraus ergibt sich auch unser Slogan: Have a good Feeling!

Was bedeutet der Begriff "Fair" eigentlich ganz konkret im Hinblick auf die Arbeits- und Lebensbedingungen der Menschen, die sie herstellen?

„Fair“ bedeutet, dass wir den Kleinbauern und Arbeitern in Indien, Sri Lanka und Pakistan, wo die Rohstoffe herstammen und die Schuhe produziert werden, Löhne gewährleisten, die über den gesetzlichen Mindestlöhnen der jeweiligen Länder liegen. Und wir setzen uns für Arbeitsbedingungen ein, die sozial und ethisch korrekt sind. Wir ermöglichen außerdem, dass die Mitarbeitervereinigungen dort mit den zusätzlichen Fair-Trade-Prämien in Eigenverantwortung bestimmen, für welche sozialen Projekte sie das Geld investieren wollen.

Habt ihr euch vor Ort ein Bild gemacht? Könnt ihr darüber bitte etwas erzählen?

Ja. Wir reisen regelmäßig zu den Produzenten und auf die Farmen, um uns ein Bild von der Arbeit vor Ort zu machen. Viele Kleinbauern und Familien kennen wir persönlich, die Nähe zu ihnen und ein regelmäßiger Austausch mit der Unternehmensführung gehört zu unserer Philosophie. Gerade erst waren wir für zwei Wochen auf einer ganz besonderen Tour: Der Berliner Architekt Van Bo Le Mentzel hat über ein Crowd-Funding-Projekt eine limitierte Edition von „Karma-Chakhs“ ins Leben gerufen und hat uns begleitet, um die Lieferketten für die Käufer transparent zu machen. Deshalb sind wir von Indien, wo die Bio-Baumwolle herkommt, nach Sri Lanka, wo der Naturkautschuk geerntet wird, bis nach Pakistan, wo die Schuhe gefertigt werden. Dieses fand u.a. unter Begleitung eines Fernsehteams von Galllileo (Pro 7 Sat 1 ) statt.

Die "Bio-Sneaker" sind auch vegan. Ist dies ein Zufall oder wie kam es dazu?

Man kann von einem „absichtlichen Zufall“ sprechen. Unser Schwerpunkt liegt auf dem Fairem Handel und der Nachhaltigkeit unserer Rohstoffe und Lieferketten . Als wir jedoch die Produktionskette analysiert haben, haben wir gesehen, dass es nur einen geringen zusätzlichen Aufwand bedurfte, um unsere Produkte auch vegan herzustellen. Darauf hin haben wir beschlossen, vegane Herstellung von Produkten zu einem dritten nachhaltigen Kriterium in unserer Produktphilosophie zu verankern, indem wir gewährleisten, das auf Materialien wie zum Beispiel Öle, Fette, Farben und Kleber und Zusatzstoffe mit tierischem Ursprung bei der Herstellung unserer von Ethletic Produkten verzichtet wird.

Wo können unsere Leserinnen und Leser die "Bio-Sneaker" erwerben?r

Leider ist unser Händlernetz noch sehr dünn, aber flächendeckend sind wir in den meisten Weltläden dieser Republik vertreten. Am einfachsten ist es jedoch, Ethletic-Produkte online zu erwerben. Eine kleine Auswahl von Händlern findet man auf unserer Ethletic Homepage www.ethletic.com Am aktuellsten ist derzeit unser Shop auf der Facebookseite „ETHLETIC - The Ethical Alternative“ wo wir uns auch über ein Like freuen würden .

Wie teuer sind sie denn?

Je nach Modell von Sneakern zwischen 64,90 und 69,90 Euro. Strandlatschen wie unsere Fair Flips und Kung-Fu Schuhe wie unsere Fair Fighter gibt es bereits ab 27,90 Euro. Für den Einsteiger wir auch bunte Schnürsenkel aus Fair gehandelter Biobaumwolle für 3,80 € an .

Lebt ihr vegan?

Wir sind ganz normale Leute, die sich dazu entschlossen haben Ihren Lebensunterhalt damit zu verdienen, indem wir einer Arbeit nachgehen, an der auch andere partizipieren können (siehe Fairtrade Projekte). Einige von uns leben vegan, andere ernähren sich „nur“ vegetarisch. Die Meisten von uns leben jedoch tolerant und normal. Wir wollen nicht missionieren sondern gemeinsam Spaß an der guten Sache haben.

Wie ist eure Einstellung zur veganen Lebensweise?

Wir unterstützen die vegane Lebensweise, weil Veganer Ihren Teil dazu beitragen, das Leben auf diesem Planeten zu verbessern. Toleranz und Solidarität sind unsere Maxime. Ein moralischer Zeigefinger jedoch ist bei uns verpönt. Wir freuen uns über jeden, der einer veganen Lebensweise nachgeht und unterstützen die Idee.

Jedoch wäre es schön, wenn Veganer auch dafür Verständnis haben, dass es Menschen gibt, die Ihre Prioritäten zur Verbesserung von Lebensbedingungen woanders setzen.

Könnt ihr uns etwas über die Entstehung und Umsetzung der Idee sagen?

Ethletic ist eine Marke der Firma Fair Deal Trading GmbH und wurde im Jahre 2011 von der Englischen Firma Community Foods im Zuge einer sanierenden Übertragung mit übernommen. Bedingt durch die vorhandenen Lieferketten und der Bereitschaft der Rohstoffproduzenten die Fortführung und den Ausbau der Marke Ethletic zu unterstützen, hat die Geschäftsführung von Fair Deal Trading sich entschlossen, Ethletic nicht sterben zu lassen sondern unter Mithilfe von vielen Helfern wie Lieferanten, Kunden, Mitarbeitern, Freiwilligen und Freunden von Ethletic als Projekt weiterzuführen.

Wie entwickelt sich die Unternehmens-Marke ?

Nach der Überwindung der üblichen anfänglichen Schwierigkeiten wie Finanzierung, Lieferfähigkeit und Rückgewinnung des Vertrauens von Händlern und Lieferanten, stellte sich schnell heraus, dass sich die Ethletic-Sneaker bei einigen Kunden einer großen Beliebtheit erfreuen und sich so etwas wie eine kleine Fangemeinde gebildet hat, diese gibt uns das Selbstvertrauen, weiterzumachen .

Welche Erfolge gibt es?

Von der Fangemeinde ermutigt, wurde das Produktportfolio für die Saison 2013 um drei weitere Schuhmodelle Modelle erweitert. Darunter auch der einzigartige Fair Flip (ein trendiger Badelatschen), der ausschließlich aus Naturstoffen wie Baumwolle (Sohlenkern ) Bio-Baumwolle (Außenbezug), und Naturkautschuk (Sohle) besteht und eine tolle Alternative zu den herkömmlichen Flip Flops aus Kunststoff bietet. Dieses Produkt hat in diesem Jahr sämtliche Erwartungen übertroffen und gibt uns Mut für die nächsten Produktentwicklungen. Aber auch die klassischen Sneaker mit ihren neuen Farben haben sich in diesem Jahr besser verkauft als erwartet.

Was sind die Komplikationen?

Unsere Hauptschwierigkeiten liegen weiterhin in der Zuverlässigkeit der Vorhersage von Abnahmemengen, weil die Bereitstellung von Bio- und Fair gehandelten Materialien über längere Zeiträume geplant werden muss, und es nur ganz wenige zertifizierte Hersteller dieser Rohstoffe gibt . Weiterhin ist es schwer für uns, das richtige Design für die nächste Saison vorherzusagen, da keiner von uns aus der Modebranche kommt und die Erlöse noch nicht dafür ausreichen, eine(n) eigene(n) Designer(in) zu beschäftigen . (Es wäre toll wenn sich der eine oder Andere aus der Community dazu bereiterklären würde, mit uns an den nächsten Kollektionen zu arbeiten .

Wie soll es weiter gehen?

Der nächste Schritt soll sich darauf konzentrieren, noch mehr auf unsere Marke in der Öffentlichkeit aufmerksam zu machen und unsere Kommunikationstools wie Homepage (Blog) und Facebook professionell zu gestalten und interaktiv zu betreiben. Wir wollen über Tätigkeiten und Aktivitäten öffentlich berichten. Auch wollen wir die Meinungen unserer Kunden und Fans in die Entwicklung der Marke Ethletic aktiv einfließen lassen, was bedeutet, dass zukünftige Modelle und einzusetzende Materialien von den Kunden und Freunden der Marke gestaltet werden. Wir sehen den Kunden nicht nur als Konsumenten sondern quasi als gestaltendes Mitglied der unseres Brands .

Gibt es weitere Projekte?

Wir bereiten für das nächste Jahr eine Kollektion für Freizeitkleidung ausschließlich auf der Basis von fair-gehandelter Bio-Baumwolle vor, die nach GOTS und FLO durchgängig zertifiziert sind. Das ist auf dem Textilmarkt zum jetzigen Zeitpunkt einmalig ,da man sich in der Regel entweder für Fair oder für Bio entscheiden muss.

Weiterhin werden wir einen eigenen Fair Trade Musiksong veröffentlichen der für uns vom großartigen Songwriter „Ole Feddersen“ geschrieben und komponiert wurde. Aus den Erlösen des Verkaufs werden wir weitere Fair Trade Projekte unterstützen und Ethletic Kunden den kostenlosen Download ermöglichen .Ansonsten arbeiten wir weiter daran weitere Händler zu gewinnen, die unsere Ethletic-Produkte in Ihr Verkaufssortiment aufnehmen .

By the way … Ethletic Produkte werden am meisten verkauft in der Schweiz, Großbritanien und Schweden. Deutschland steht bisher noch an vierter Stelle. Das wollen wir noch verbessern.

Nachbemerk
ngen vom Vegan.eu Team:

ETHLETIC ist nach unserer Überzeugung eine echte Bereicherung für den veganen Schuhmarkt. Ebenfalls ist es sehr zu begrüßen, wenn fair Trade Firmen nicht nur auf sozial angemessene Bedingungen bei der Herstellung ihrer Produkte achten, sondern vegan produzieren und damit zur Minderung von Tierleid, Umweltzerstörung und mittelbar menschlichem Leid beitragen.

Wir wünschen den neuen Bio-Sneakern und Fair Deal Trading viel Erfolg, auch wenn wir nicht mit allen im Interview geäußerten Einschätzungen übereinstimmen:

So halten wir die Wahl einer veganen Lebensweise für eine ethisch verantwortbare Lebensweise für letztlich unverzichtbar, weil alles andere - objektiv betrachtet - Tieren Leid zufügt und zudem in der Gesamtbewertung notwendigerweise eine schlechtere Öko-Bilanz aufweist als die vegane Alternative. Dies heißt nicht, dass der Einsatz nicht vegan lebender Menschen für fair Trade und ökologischem Landbau nicht zu würdigen wäre. Es bedeutet aber, dass aus unserer veganen Sichtweise solche Bemühungen solange unvollständig bleiben bis die vegane Komponente hinzukommt.

Diese Position sehen wir nicht als Ausdruck mangelnder Toleranz an, sondern alskonsequente Umsetzung der lebensfreundlichen Grundorientierung des Veganismus.

Diese Nachbemerkungen sollen aber nicht von dem Interview mit Marc Solterbeck ablenken und sie ändern zudem nichts an unserer Freude darüber, dass die vegane Community und auch (noch) Nicht-Veganere nunmehr für ihre Füße auf dieses vegane, faire und ökologisch in besonders hohem Ausmaß verträgliche Produkt zurückgreifen können.

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